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Nach privatem Fahrzeugverkauf Nachforderung des Käufers

24. September 2022 18:25 |
Preis: 70,00 € |

Kaufrecht


Beantwortet von

Rechtsanwalt C. Norbert Neumann

Zusammenfassung

Ob der Re-Import eines Fahrzeugs aus dem EU-Ausland einen Sachmangel darstellt, dessen Verschweigen durch den Verkäufer den Käufer zur Anfechtung des Kaufvertrages wegen arglistiger Täuschung berechtigt, ist in der Rechtsprechung umstritten.

Hallo,

ich habe vor 4 Wochen das Fahrzeug meiner Freundin verkauft - an einen Händler. Mit diesem hatte ich auch Kontakt und habe jede seiner Fragen und Bitten nach Bildern beantwortet.

In dem Whatsapp Verlauf ist auch klar erkenntlich, dass das Fahrzeug im Innenraum ein paar Schäden aufweist (Kratzer) - dies hat mir der Verkäufer auch mit "Das Auto hat leider einige Macken die man so denke ich mit Aufbereiten nicht wegbekommt" bestätigt.

Vereinbart war, dass er einen Spediteur beauftragt, der das Fahrzeug gegen Barzahlung abholt.

Jetzt habe ich ein Schreiben seines Anwalts erhalten, in dem er folgendes schildert:

1. Das Fahrzeug hat auf dem Fahrersitz ein Brandloch - war mir persönlich nicht groß aufgefallen und auf einem Bild im Inserat wäre das ersichtlich gewesen.
2. Das Ganze war ein Mobile.de Musterkaufvertrag und ich hatte dummerweise unter dem Feld "Nach meiner Kenntnis .... - Das Fahrzeug ist kein Reimport" angegeben. Jetzt stellt sich heraus, dass das Fahrzeug vorher Buchbinder gehörte und in Slowenien zugelassen wurde. Gekauft wurde es von uns bei einem Deutschen Händler, ich bin davon ausgegangen, dass diese Klausel mich betrifft - sprich habe ich (oder meine Freundin) dieses Fahrzeug importiert - Nein.

Der Vertrag schließt eine Gewährleistung aus.

Jetzt fordert der Käufer einen Nachlass in Höhe von 1000€ - da ich diese Dinge ja verheimlicht habe.

Folgenden Wortlaut schreibt die Kanzlei:

--------------------------

Sehr geehrter Herr W.

... Meine Mandantschaft hat das Fahrzeug privat für seine Ehefrau erworben.
Im Kaufvertrag befindet sich folgender Passus:

"Der Verkäufer erklärt Folgendes:

Nach meiner Kenntnis:

Das Fahrzeug wurde gewerblich genutzt: Nein
Das Fahrzeug ist ein Re-/Importfahrzeug: Nein"

Sie haben das Fahrzeug im Internet angepriesen. Meine Mandantschaft hat das Fahrzeug vor Übergabe nicht inspiziert, geschweige denn gesehen.

Voreigentümer war - meine Freundin, hier Frau F.; Frau F. hat das Fahrzeug am 10.02.2019 von der Fa. G. erworben. Dort wurde das Fahrzeug deutlich als EG-Import angepriesen.

Am 12.07.2017 wurde das Fahrzeug ferner auf die Charterline Fuhrpark Service GmbH angemeldet. Die Angabe, dass das Fahrzeug kein gewerblich genutztes Fahrzeug gewesen sei, kann daher stark bezweifelt werden.

Der Umstand, dass das Fahrzeug ein EG Import Fahrzeug war, war Ihnen positiv bewusst. Zumindest haben Sie Angaben ins Blaue hinein getroffen. Arglistig handelt bereits derjenige, der Fragen, die für den anderen Teil von Bedeutung für den Kaufvertragsabschluss sind, ohne tatsächliche Tatsachengrundlage beantwortet, vlt. BGHZ 63, 382 (388). [2] BGH WM 86, 360 (361). [3] OLG Hamm, OLGZ 91, 99 (100). [4] BGH, BB 80, 1010. [5] OLG Hamm, NJW-RR 01, 564.

Die Frage, ob das streitgegenständliche Fahrzeug ein EG Import Fahrzeug ist, ist ein wesentlicher Umstand für meinen Mandanten gewesen. Sie haben hier zumindest eventualvorsätzliche unrichtige Angaben gemacht (Angaben ins Blaue hinein). Dies begründet Ihre Haftung.

Ferner hat das streitgegenständliche Fahrzeug ein Brandloch im Fahrersitz, bei der Rückbank ist das Polster aufgerissen und in der Windschutzscheibe befindet sich ein Steinschlag. Auch diese Umstände hätten Sie ungefragt offenlegen müssen, was jedoch nicht geschehen ist.

Sie können sich nicht auf den Gewährleistungsausschluss berufen. Gem. §444 BGB gilt:

Auf eine Vereinbarung, durch welche die Rechte des Käufers wegen eines Mangels ausgeschlossen oder beschränkt werden, kann sich der Verkäufer nicht berufen, soweit er den Mangel arglistig verschwiegen oder eine Garantie für die Beschaffenheit der Sache übernommen hat.

Der Mangel "Importfahrzeug" ist nicht behebbar.

Meine Mandantschaft begehrt hier Kaufpreisminderung. Wir fordern Sie zur Zahlung in Höhe von 1000€ binnen Wochenfrist auf.

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Dazu noch Folgendes:

1. Bei dem Herren handelt es sich um einen gewerblichen Händler - auch wenn er das Fahrzeug privat kauft, kann ich doch davon ausgehen, dass er sowas vorher mit der FIN nachprüft?
2. Der Spediteur war beauftragt das Fahrzeug zu begutachten und auf Grund dessen Telefonats vor Ort mit dem Verkäufer wurde der Kauf abgewickelt. Dieser hatte nichts von den angeblich arlistig verschwiegenen Schäden weitergegeben.

Jetzt die Frage - billiger einfach nachzugeben?
oder
Anwalt einschalten und auf Rechtsstreit eingehen - da der Käufer gewerblich handelt, wird er deutlich mehr Erfahrung mitbringen.
oder
Besteht die Möglichkeit, zu sagen man nimmt das Fahrzeug für den Kaufpreis einfach wieder zurück?

Vielen Dank!!

Mit Besten Grüßen

Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:

1.

Der Verkäufer muss nur solche Mängel beim Verkauf ungefragt offenlegen, die ihm positiv bekannt sind. Im Gegensatz zu gewerblichen Händlern bejaht die Rechtsprechung bei privaten Verkäufern keine Pflöicht zur Überprüfung des Fahrzeugs vor dem Verkauf.

Wenn Ihnen die behaupteten Sachmängel beim Verkauf nicht vbekannt waren, hatten Sie auch keine Offenbarungspflicht. Ein arglisitiges Verschweigen von Mängeln liegt insoweit nicht vor, und der Käufer kann deshalb nicht den Kaufpreis mindern, nachdem ein Gewährleistuzngsausschluss im Vertrag vereinbart war.

2.

Im Jahr 2005 entschied das OLG Naumburg, dass ein aus dem EU-Auskland re-importiertes Fahrzeug (noch) einen Mangel darstelle, da solche Fahrzeuge im Inland einen 10% niedrigeren Kaufpreis erzielten (Urteil vom 07.12.2005 – 6 U 24/05). Der Verkäufer müsse den Käufer deshalb darüber aufklären, dass er einen „Reimport" erwirbt. Verschweige der Verkäufer dies, sei der Käufer zur Anfechtung wegen arglistiger Täuschung (§ 123 Absatz 1 BGB) berechtigt.

(Dem Anwalt des Käufers ist zuzugeben, dass es auch eine arglisitge Täuschung darstellt, wenn der Verkäufer einen Umstand "ins Blaue hinein" behauptet, dessen Vorliegen er nicht weiß.)

Demgegenüber hat das OLG Köln im Jahr 2014 folgendes entschieden (Beschluss vom 15.05.2014 – 19 U 3/14):

Zitat:
Das von dem Kläger erworbene Fahrzeug ist nicht mangelhaft. Denn in dem Umstand, dass der Wagen ursprünglich für Belgien produziert und von dort aus nach Deutschland reimportiert worden ist, liegt keine Beschaffenheit, die dem Fahrzeug selbst unmittelbar anhaftet.

Nach § 434 BGB ist eine Kaufsache mangelhaft, wenn sie bei Gefahrübergang nicht die vereinbarte Beschaffenheit hat. Soweit von den Vertragsparteien eine Beschaffenheit nicht vereinbart worden ist, ist die Sache mit Mängeln behaftet, wenn sie sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung oder für die gewöhnliche Verwendung nicht eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art nicht üblich ist. Die Beschaffenheit einer Kaufsache ist dabei mit ihrem tatsächlichen Zustand gleichzusetzen, der die ihr anhaftenden Eigenschaften umfasst. Sie ist nicht auf die faktischen Merkmale beschränkt, sodass auch äußere Umstände, denen die Sache zwangsläufig unterliegt, als Beschaffenheit angesehen werden. Das bedeutet, dass zur Beschaffenheit einer Kaufsache auch diejenigen tatsächlichen, wirtschaftlichen oder rechtlichen Bezüge gehören, die im tatsächlichen Zustand der Sache selbst wurzeln und die ihr unmittelbar physisch auf eine gewisse Dauer anhaften.

Vor diesem Hintergrund wirkt sich auf seine Beschaffenheit nicht unmittelbar aus, ob die erste Auslieferung eines Fahrzeugs innerhalb des nationalen Händlernetzes oder über das Ausland erfolgt ist. Dies hat – für sich gesehen – keinerlei Auswirkungen auf den physischen Zustand der Sache. Der Import eines Fahrzeugs ist daher allein keine ihm anhaftende Beschaffenheit und damit auch kein Sachmangel (vgl. dazu KG, Beschl. v. 29.08.2011 – 20 U 130/11, juris; OLG Jena, Urt. v. 23.10.2008 – 1 U 118/08, juris; OLG Hamm, Urt. v. 13.05.2003 – 28 U 150/02, NJW-RR 2003, 1360).

Wenn sich der Käufer auf die Rechtsprechung des OLG Naumburg berufen sollte, dann müsste er gutachterlich nachweisen, dass Re-Importfahrzeuge auch gegenwärtig noch einen niedrigeren Kaufpreis im Inland erzielen, der vorliegend eine Minderung des Fahrzeugpreises um 1.000,00€ rechtfertigt.

3.

Vorliegend ficht der Käufer den Vertrag nicht wegen arglistiger Täuschung an, und er erklärt auch nicht den Rücktritt vom Kaufverftrag. Vielmehr begehrt er Minderung des Kaufpreises und will im Übrigen am Vertrag festhalten.

Eine Rückabwicklung des Vertrages - Rückerstattung des Kaufpreises gegen Rückgabe des Fahrzeugs - ist daher nur durch einen Aufhebungsvertrag möglich, dem der Käufer zustimmen müsste. Sie können ihm dies anbieten, aber er ist nicht verpflichtet, auf Ihr Angebot einzugehen.

Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen

FRAGESTELLER 29. September 2025 /5,0
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