Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Grundsätzlich sind Bezieher von Bürgergeld verpflichtet, alle verfügbaren Einkommens- und Vermögensquellen zu nutzen, um ihre Hilfebedürftigkeit zu verringern. Dazu zählt auch der Anspruch auf einen Pflichtteil nach dem Erbrecht. Das Bundessozialgericht (BSG) hat in seinem Urteil vom 6. Mai 2010 (Az. B 14 AS 2/09 R) entschieden, dass ein Pflichtteilsanspruch als verwertbares Vermögen gilt und daher geltend gemacht werden muss, sofern keine unzumutbare Härte für den Berechtigten oder den Erben entsteht. Das Urteil bezog sich zwar noch auf die Regelungen der alten Fassung des SGB II (Hartz 4), ist allerdings übertragbar, da sich der Wortlaut der Regelung des § 12 Abs. 1 SGB II nicht geändert hat.
Zum Vermögen des zählt auch der Pflichtteilsanspruch aus § 2303 Abs 1 BGB. Nach § 12 Abs. 1 Nr. 7 SGB II sind als Vermögen allerdings nicht zu berücksichtigen Sachen und Rechte, soweit ihre Verwertung offensichtlich unwirtschaftlich ist oder für den Betroffenen eine besondere Härte bedeuten würde.
Ist der Leistungsberechtigte in einem „Berliner Testament" als Schlusserbe eingesetzt, fragt sich, inwieweit die Geltendmachung des Pflichtteils anlässlich des ersten Erbfalls eine besondere Härte darstellt. Mit dem BSG ist davon auszugehen, dass die Geltendmachung des Pflichtteils bei bestehender Hilfebedürftigkeit des Berechtigten innerhalb eines intakten Familienverbandes nicht stets als Affront empfunden wird; dies gilt insbes. dann, wenn etwa ausreichend Barvermögen zur Auszahlung des Pflichtteilsanspruchs zur Verfügung steht. Anders kann es dagegen liegen, wenn auch die Angehörigen durch die Geltendmachung des Pflichtteils in besonderer Weise persönlich oder wirtschaftlich belastet werden, wobei als Orientierungspunkt für die Beurteilung der Zumutbarkeit einer wirtschaftlichen Belastung die Grenzen des § 9 Abs. 5 iVm §§ 1 Abs. 2, 7 Abs. 2 Bürgergeld-V herangezogen werden können (BSG 6.5.2010 – B 14 AS 2/09 R, SozR 4-4200 § 12 Nr. 15 = BeckRS 2010, 72315 mzustAnm Deinert SGb 2010, 58 ff.).
Es kommt also darauf an, ob Ihre Mutter besonders belastet wäre (beispielsweise durch den zwingenden Verkauf einer Immobilie), wenn Sie Ihren Pflichtteil geltend machen. Hat Ihre Mutter beispielsweise einen hohen Anteil an Barvermögen und Ihr Pflichtteil würde nicht erheblich ins Gewicht fallen, dann wären Sie verpflichtet, Ihren Pflichtteil geltend zu machen.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Antwort
vonRechtsanwalt Mohamed El-Zaatari
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