Sehr geehrte Fragestellerin,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich anhand des geschilderten Sachverhalts wie folgt beantworte:
Schließt ein Minderjähriger einen Vertrag, durch den er nicht lediglich einen rechtlichen Vorteil hat, so bedarf er dazu gem. § 107 BGB
die (vorherige) Einwilligung des gesetzlichen Vertreters. Lag diese Einwilligung bei Vertragsschluss nicht vor, ist der Vertrag, den der Minderjährige geschlossen hat, schwebend unwirksam. Das bedeutet, die Wirksamkeit des Vertrages hängt gem. § 108 I BGB
von der (nachträglichen) Genehmigung des gesetzlichen Vertreters ab. Wird diese Genehmigung erteilt, ist der Vertrag von Anfang an wirksam, wird die Genehmigung nicht erteilt, ist der Vertrag von Anfang an unwirksam.
Für Sie heißt das, Ihre Tochter hat keinen wirksamen Vertrag abgeschlossen, da Sie weder vorher eingewilligt noch nachträglich genehmigt haben. Sie bzw. Ihre Tochter sind und waren daher auch nicht verpflichtet, irgendwelche Zahlungen zu leisten.
Eine Ausnahme von dieser Regelung könnte nur dann vorliegen, wenn Ihre Tochter die Pässe mit Mitteln bezahlt hätte bzw. bezahlen wollte, die ihr zu diesem Zweck oder zu freier Verfügung von Ihnen oder mit Ihrer Zustimmung von einem Dritten überlassen worden sind, sprich wenn die Pässe vom Taschengeld bezahlen worden wären. Sie schreiben nicht, was so ein Pass kostet, aber ich nehme an, etwa 2 EUR wie auch die kostenpflichtigen Zusatzfeatures in anderen Online-Spielen. Bei 191 Pässen wäre das also eine erhebliche Summe, die bei einer 12-Jährigen sicher nicht mehr unter den sogenannten Taschengeldparagraphen (§ 110 BGB
) fällt. Dass die Kosten für jede einzelne SMS gering sind und mühelos vom Taschengeld bestritten werden könnten, ändert hieran nichts.
Ggf. könnte man auch noch überprüfen, ob das Angebot evtl. absichtlich so aufgemacht ist, dass der Anschein erweckt wird, es handle sich um ein Geschenk. Dann käme es möglicherweise auf die obigen Ausführungen zum Vertragsschluss Minderjähriger gar nicht an und es wäre so oder so kein wirksamer Vertrag zustande gekommen oder man könnte den Vertrag zumindest anfechten. Dies ist an dieser Stelle aber leider nicht feststellbar, da ich ja nicht sehen kann, wie der Text der SMS, die Ihre Tochter bekam, genau lautete.
Insgesamt steht aber so oder so fest, dass sich hier etwas machen lässt. Nachdem das die einfachste Lösung wäre, sollten Sie sich zunächst schnellstmöglich an Ihren Mobilfunkanbieter wenden, die Sachlage erklären und versuchen, zu verhindern, dass der Betrag überhaupt bei Ihnen eingezogen wird. Sollte das möglich sein, müssten Sie selbstverständlich trotzdem den Anbieter in Frankreich kontaktieren und erklären, dass der Vertrag den Ihre minderjährige Tochter geschlossen hat, nicht wirksam ist.
Wenn es Ihnen nicht gelingen sollte, dies schon über den Mobilfunkanbieter zu lösen, was leider zu befürchten ist, können Sie die ohne Rechtsgrundlage bezahlten Beträge vom Anbieter des Spiels zurückverlangen. Das ist auch in Frankreich möglich und lässt sich von Deutschland aus mit Hilfe eines gerichtlichen Mahnverfahrens durchsetzen.
Dass Ihre Tochter bei der Regsitrierung eine falsche Email-Adresse angegeben hat, ändert an der Rechtslage nichts, ebensowenig wie der Haftungsausschluss des Anbieters. Denn hier geht es nicht um Haftung sondern um Grundlagen des Vertragsschlusses und die §§ 107 ff BGB
können durch AGB nicht ausgeschlossen werden.
Ich hoffe, Ihnen einen Überblick gegeben zu haben und stehe für eine weitergehende Beauftragung in dieser Angelegenheit gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Gabriele Koch
Rechtsanwältin
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Bitte beachten Sie, dass diese Antwort nur eine erste Einschätzung ist, die ausschließlich auf den von Ihnen gegebenen Informationen beruht und eine umfassende juristische Beratung nicht ersetzten kann. Jede noch so kleine Änderung des Sachverhalts kann zu einer vollkommen anderen rechtlichen Beurteilung führen.
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