Sehr geehrte(r) Fragesteller(in),
vielen Dank für die Anfrage über das Online Portal frag-einen-anwalt.
Vorweg möchte ich Sie darauf aufmerksam machen, dass dieses Forum dafür angedacht ist, einen ersten Eindruck zu der Rechtslage zu vermitteln.
Durch Weglassen oder Hinzufügen von wesentlichen Tatsachen kann die Beurteilung Ihres Anliegens anders ausfallen.
Auf Grundlage Ihrer Angaben beantworte ich die Frage weiter wie folgt:
Bei objektiver Vertragsauslegung lässt sich nicht erschließen, was sich Ihr künftiger Vermieter bei der Ergänzung des Mietvertrages unter dem Punkt sonstige Vereinbarungen vorstellt.
Da jedoch die Rechtsprechung gerade unter dem Zusatzpunkt "sonstige Vereinbarungen" oftmals eine für den Mieter in jedem Fall rechtsverbindliche Individualvereinbarung vermutet, empfehle ich die Klausel einfach zu streichen und ersatzweise auf die gesetzlichen Vorgaben des § 554 BGB
Bezug zu nehmen.
So könnte wohl Ihren Interessen als Mieter als auch den Interessen des Vermieters gedient sein.
Bedenken Sie bitte, dass ich Ihnen hier im Rahmen einer Erstberatung ohne Kenntnis aller Umstände keinen abschließenden Rat geben kann.
Bei Unklarheiten benutzen Sie bitte einfach die kostenfreie Nachfragefunktion.
Ich hoffe, Ihnen eine erste hilfreiche Orientierung ermöglicht zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Vielen Dank fuer Ihre Antwort.
Kurze Nachfrage: eine solche Individualvereinbarung waere also rechstverbindlich und hatte u.U. Vorrang vor relevanten gesetzlichen Vorgaben (z.B. § 554 BGB
)?
Danke fuer Ihre Antwort.
Sehr geehrte(r) Fragesteller(in),
vielen Dank für die Nachfrage, die ich wie folgt beantworte:
1) Allgemeiner Hinweis
"Individualvereinbarung" ist ein Begriff aus dem deutschen Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen.
Eine Individualvereinbarung liegt vor, wenn beide Parteien eine Vereinbarung ausgehandelt haben. Solche Vereinbarungen werden dann gerne unter dem Punkt "Sonstiges" im Mietvertrag aufgenommen.
Nach § 305b BGB
geht eine Individualvereinbarung den allgemeinen Geschäftsbedingungen vor.
Der Haken für den Mieter ist dabei, dass die Gerichte solche Individualvereinbarungen regelmäßig NICHT überprüfen, ob sie "mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren sind" oder "wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränken, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist." (§ 307 BGB
).
2)Konkretes Frage - Modernisiertung
Hinsichtlich § 554 BGB
gilt jedoch die folgende gesetzliche Besonderheit, die den Mieter schützen soll:
Gemäß § 554 Abs. 5 BGB
DARF von der zwingenden gesetzlichen Bestimmung der Absätze 2 bis 4 NICHT zum Nachteil des Mieters abgewichen werden:
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§ 554 BGB
Duldung von Erhaltungs- und
Modernisierungsmaßnahmen
(1) Der Mieter hat Maßnahmen zu dulden, die zur Erhaltung der Mietsache erforderlich sind.
(2) Maßnahmen zur Verbesserung der Mietsache, zur Einsparung von Energie oder Wasser oder zur Schaffung neuen Wohnraums hat der Mieter zu dulden. Dies gilt nicht, wenn die Maßnahme für ihn, seine Familie oder einen anderen Angehörigen seines Haushalts eine HÄRTE bedeuten würde, die auch unter Würdigung der berechtigten Interessen des Vermieters und anderer Mieter in dem Gebäude nicht zu rechtfertigen ist. Dabei sind insbesondere die vorzunehmenden Arbeiten, die baulichen Folgen, vorausgegangene Aufwendungen des Mieters und die zu erwartende Mieterhöhung zu berücksichtigen. Die zu erwartende Mieterhöhung ist nicht als Härte anzusehen, wenn die Mietsache lediglich in einen Zustand versetzt wird, wie er allgemein üblich ist.
(3) Bei Maßnahmen nach Absatz 2 Satz 1 hat der Vermieter dem Mieter spätestens drei Monate vor Beginn der Maßnahme deren Art sowie voraussichtlichen Umfang und Beginn, voraussichtliche Dauer und die zu erwartende Mieterhöhung in Textform mitzuteilen. DER MIETER IST BERECHTIGT, BIS ZUM ABLAUF DES MONATS, DER AUF DEN ZUGAGNG DER MITTEILUNG FOLGT, AUßERORDENTLICH ZUM ABLAUF DES NÄCHSTEN MONATS ZU KÜNDIGEN. Diese Vorschriften gelten nicht bei Maßnahmen, die nur mit einer unerheblichen Einwirkung auf die vermieteten Räume verbunden sind und nur zu einer unerheblichen Mieterhöhung führen.
(4) AUFWENDUNGEN, die der Mieter infolge einer Maßnahme nach Absatz 1 oder 2 Satz 1 machen musste, hat der Vermieter in angemessenem Umfang zu ersetzen. Auf Verlangen hat er Vorschuss zu leisten.
(5) EINE ZUM NACHTEIL DES MIETERS VON DEN ABSÄTZEN 2 bis 4 ABWEICHENDE VEREINBARUNG IST UNWIRKSAM..
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Alles in allem können Sie den Vertrag also unterzeichnen, ohne befürchten zu müssen, dass Sie dann kein Sonderkündigungsrecht mehr haben.
Das Sonderkündigungsrecht bei Modernisierung kann nach § 554 Abs. 5 nicht vertraglich ausgeschlossen werden. Auch nicht per Individualvereinbarung - § 554 Abs. 3 Satz 2 BGB
in Verbindung mit § 554 Abs.5 BGB
.
Dennoch wäre es für Sie von Vorteil, die Passage einfach ganz zu streichen, zumal nicht ganz klar wird, was Ihr Vermieter damit überhaupt bezwecken will. Vielleicht will er Sie auch nur darüber aufklären, dass alsbald eine Modernisierung ansteht und dann die Mieter deutlich erhöht wird.
Ich wünsche einen guten Tag und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Michael Kohberger
Rechtsanwalt
§ 559 BGB
Mieterhöhung bei Modernisierung
(1) Hat der Vermieter bauliche Maßnahmen durchgeführt, die den Gebrauchswert der Mietsache nachhaltig erhöhen, die allgemeinen Wohnverhältnisse auf Dauer verbessern oder nachhaltig Einsparungen von Energie oder Wasser bewirken (Modernisierung), oder hat er andere bauliche Maßnahmen auf Grund von Umständen durchgeführt, die er nicht zu vertreten hat, so kann er die jährliche Miete um 11 vom Hundert der für die Wohnung aufgewendeten Kosten erhöhen.
(2) Sind die baulichen Maßnahmen für mehrere Wohnungen durchgeführt worden, so sind die Kosten angemessen auf die einzelnen Wohnungen aufzuteilen.
(3) Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist unwirksam.