Sehr geehrter Fragesteller,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich gern wie folgt beantworten möchte:
Rechtlich ist die Situation so zu bewerten, dass nach § 536 BGB eine Mietminderung grundsätzlich möglich ist, wenn ein Mangel der Mietsache vorliegt. Lärmbelästigungen können einen solchen Mangel darstellen, sofern sie das übliche Maß überschreiten und die Gebrauchstauglichkeit der Wohnung beeinträchtigen. Für eine wirksame Mietminderung müssen Sie allerdings den Mangel nachweisen können. In Ihrem Fall liegen mit dem Lärmprotokoll und den WhatsApp-Nachrichten wichtige Beweismittel vor, wobei insbesondere die Nachrichten des Nachbarn als indirektes Schuldeingeständnis gelten und daher unbedingt gesichert werden sollten.
Was die Höhe der Mietminderung betrifft, so wird bei erheblichen nächtlichen Ruhestörungen in der Rechtsprechung eine Minderung von 10 bis 15 Prozent als angemessen angesehen. Das Amtsgericht Braunschweig hat beispielsweise in einem vergleichbaren Fall eine solche Minderungshöhe bestätigt. Ihre gewählte Minderung von 20 Prozent ist bei besonders gravierenden Störungen zwar nicht ausgeschlossen, sollte aber gut begründet werden.
Um Ihre Position zu stärken, empfiehlt es sich, weiterhin ein detailliertes Lärmprotokoll mit genauen Zeitangaben, Dauer und Art des Lärms zu führen und, wenn möglich, Zeugen – etwa Besucher – zu benennen. Sämtliche Kommunikation mit dem Nachbarn, insbesondere die WhatsApp-Nachrichten, sollten Sie sorgfältig sichern. In der Kommunikation mit der Hausverwaltung sollten Sie einen förmlichen Brief verfassen, in dem Sie sich auf die Pflicht des Vermieters nach § 535 BGB berufen, die Mietsache in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu erhalten. Fordern Sie den Vermieter unter Fristsetzung auf, die Lärmbelästigungen abzustellen, und weisen Sie auf Ihre Beweismittel hin. Teilen Sie auch mit, dass Sie bei weiteren Störungen die Miete mindern werden.
Gleichzeitig sollten Sie sich der Risiken einer einseitigen Mietminderung bewusst sein. Im Streitfall müssen Sie den Mangel nachweisen können, und eine zu hohe Minderung kann dazu führen, dass Mietrückstände entstehen, die schlimmstenfalls eine Kündigung rechtfertigen könnten. Es kann daher sinnvoll sein, die Miete zunächst unter Vorbehalt vollständig zu zahlen und die zu viel gezahlte Miete später zurückzufordern, falls der Mangel nicht behoben wird.
Als weitere Maßnahmen könnten Sie die Einschaltung eines Schlichters oder Mediators in Erwägung ziehen oder das örtliche Ordnungsamt wegen Ruhestörung kontaktieren. Bei akuten nächtlichen Störungen ist auch das Hinzuziehen der Polizei möglich, die dann den Lärm objektiv feststellen kann.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Ihre WhatsApp-Nachrichten ein wichtiges Beweismittel darstellen. Dennoch sollten Sie weitere Beweise sammeln und den Vermieter förmlich zur Abhilfe auffordern. Eine Mietminderung von 20 Prozent erscheint bei erheblichen nächtlichen Ruhestörungen nicht unangemessen, birgt jedoch das Risiko einer Kündigung, falls sie gerichtlich nicht anerkannt wird. Daher ist es ratsam, zunächst die volle Miete unter Vorbehalt zu zahlen und den Vermieter mit Fristsetzung zur Beseitigung der Störungen aufzufordern. Sollte keine Abhilfe erfolgen, bleibt Ihnen die Möglichkeit, die Miete durch rückwirkende Aufrechnung mit der Miete „nachträglich" zu mindern (dann natürlich wieder mit dem Risiko einer Kündigung) oder die zu viel gezahlte Miete im Rahmen eines Prozesses zurückzufordern.
Ich hoffe, dass Sie durch meine Antwort einen ersten Überblick gewonnen haben. Sollten Sie noch eine Ergänzungs- oder Verständnisfrage haben, können Sie diese über die kostenlose Nachfragefunktion stellen.
Freundliche Grüße aus Hamburg
Antwort
vonRechtsanwalt Jörn Blank
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Rechtsanwalt Jörn Blank
Guten Tag, ich habe eine einmalige Rückfrage und bedanke mich für Ihre herzlich freundliche Antwort. Also meine Miete ist ca 700 kalt plus 300 sogar Nebenkosten ich habe jetzt eine mietnachzahlung bzw die Summe der Rückstände bezüglich meiner eigenen Mietminderung beläuft sich auf 450 Euro ca kann mir hier irgendwas passieren bzw kann mir hier einen Klage oder eine Kündigung drohen, weil ich habe gelesen es muss mindestens eine ganze Miete im Rückstand sein. Was würde passieren wenn ich mich jetzt sozusagen nicht daran halte den Rückstand zurückzuzahlen? Kann ich da einfach aus der Wohnung geworfen werden? Mir wird nämlich immer wieder aktuell mit einer Kündigung der Wohnung gedroht
Ich freue mich über Ihre Antwort. Ich fande ihre Informationen sehr hilfreich und werde eventuell gerne noch mal auf Sie zurückkommen sollte es hier zu weiteren Anfeindungen oder Klage bzw Kündigung kommen.
Vielen Dank für Ihre Rückfrage. Ich verstehe Ihre Sorge bezüglich möglicher Konsequenzen aufgrund der Mietrückstände von ca. 450 Euro bei einer Gesamtmiete von ca. 1.000 Euro (700 Euro kalt + 300 Euro Nebenkosten).
Sie haben richtig recherchiert: Für eine fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzugs müssen gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein:
1. Der Mieter muss für zwei aufeinanderfolgende Termine mit der Entrichtung der Miete oder eines nicht unerheblichen Teils der Miete in Verzug sein, oder
2. Der Mieter muss in einem Zeitraum, der sich über mehr als zwei Termine erstreckt, mit der Entrichtung der Miete in Höhe eines Betrages in Verzug sein, der die Miete für zwei Monate erreicht.
In Ihrem Fall beträgt der Rückstand ca. 450 Euro bei einer monatlichen Gesamtmiete von ca. 1.000 Euro. Dieser Betrag liegt unter der Schwelle von zwei Monatsmieten (2.000 Euro), die für eine fristlose Kündigung erforderlich wäre.
Allerdings kann der Vermieter unter Umständen auch eine ordentliche Kündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB aussprechen, wenn der Mieter seine vertraglichen Pflichten schuldhaft nicht unerheblich verletzt hat. Nach der Rechtsprechung kann bereits ein Zahlungsrückstand in Höhe einer Monatsmiete für eine ordentliche Kündigung ausreichen, wenn dieser über einen längeren Zeitraum besteht.
Zwangsräumung
Eine Zwangsräumung ("aus der Wohnung geworfen werden") ist ein komplexer und langwieriger Prozess:
- Der Vermieter müsste zunächst wirksam kündigen
- Dann eine Räumungsklage einreichen
- Ein Gericht müsste dieser stattgeben
- Der Vermieter müsste einen Räumungstitel erwirken
- Ein Gerichtsvollzieher müsste die Zwangsräumung durchführen
Dieser Prozess dauert in der Regel mehrere Monate bis über ein Jahr und gibt Ihnen Zeit, rechtliche Schritte einzuleiten oder eine Einigung zu erzielen.
Fazit
Bei einem Rückstand von 450 Euro bei einer Monatsmiete von 1.000 Euro besteht kein unmittelbares Risiko einer fristlosen Kündigung. Eine ordentliche Kündigung wäre theoretisch möglich, aber auch hier haben Sie gute Argumente, wenn Sie die Minderung aufgrund der nachgewiesenen Lärmbelästigung vorgenommen haben.
Wenn Sie auf der sicheren Seite sein wollen, empfehle ich Ihnen, den Rückstand unter Vorbehalt zu begleichen und gleichzeitig Ihre Rechtsposition bezüglich der Mietminderung zu wahren. Dies minimiert das Risiko einer Kündigung und gibt Ihnen Zeit, die Rechtmäßigkeit der Mietminderung gegebenenfalls gerichtlich klären zu lassen.
Gern können Sie in dieser Sache später jederzeit auf mich zurückkommen.