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Mietkauf - Vermietung eines EFH

| 24. August 2008 13:18 |
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Mietrecht, Wohnungseigentum


Beantwortet von

Rechtsanwalt Wolfram Geyer

Guten Tag,

ich habe vor einem Jahr das Haus meines Vaters als Alleinerbe geerbt.
Meine Großmutter (88) hat dort das Wohnrecht. Sie ist allerdings im Altersheim und hat einen gerichtlich festegelegten Vormund (erster Sohn, mein Onkel).

Das Haus (seit 1954 in Privatbesitz, keine Schulden) steht nun leer und ich möchte es gerne verkaufen, bzw. vermieten.
Laut Vormundschaftsgericht müsste ich um es zu verkaufen, c. 8.000 Euro zur Löschungs des Leibgedings, sowie 20% der Verkaufssumme (ca. 130.000 Euro Wert), was testamentarisch aufgenommen wurde, an den Vormund meiner Großmutter bezahlen, wenn der Verkauf zu Lebzeiten stattfindet. Es handelt sich hier um ca. 32.000 Euro Gesamtsumme.

Natürlich möchte ich diese hohe Gesamtsumme nicht bezahlen. Daher kommt ein Verkauf nur nach Ihren Tod in Betracht.
Da das Haus ca. 200 Euro pro Monat an Unterhaltungskosten verschlingt, möchte ich dies gerne (befristet) vermieten (voraussichtliche Miete 400-600 Euro pro Monat) und nach dem Tod meiner Großmutter verkaufen.

Jetzt kam die Frage auf, ob ich auf das Angebot eines Mietkaufs bzw. befristeten Mietvertrag (auf z.B. 2 Jahre) eingehe. Da diese aber zwei für mich rechtlich undruchschaubare Optionen sind, so habe ich einige Fragen hierzu:



1. Ist ein Mietkauf mit der Option 50% der monatlichen Miete als Anzahlung für den Kauf zu verrechen möglich?
2. Kann die obenstehende Option als „Kauf“ schon in Betracht gezogen werden und somit die testamentarisch festgelegten 20% zur Zahlung an den Vormund auslösen?
3. Falls ich 100% der Miete (wie in einem klassischen Mietkauf üblich) für den späteren Verkauf anrechne, ist dies schon als Verkauf zum jetzigen Zeitpunkt zu werten und werden so folglich die 20% sofort zur Zahlung fällig?
4. Falls diese Option des Mietkaufs durch sofortige Fälligkeit der 20% für mich entfällt, welche Risiken entstehen bei einem auf 2-3 Jahre befristeten Mietvertrag für mich? (Hier möchte ich gerne wissen, ob ich die Mieter nach 2-3 Jahren ohne Probleme aus dem Haus bekomme, falls diese die Miete nicht bezahlen, bzw. das Haus nicht kaufen möchten.)
5. Wie sieht das mit einer möglichen Insolvenz der Mieter /zukünftigen Käufer aus: Ist dies Haus dann schon bei der Mietung in deren Besitz und kann verpfändet werden?
6. Wie hoch ist der jährliche Freibetrag für die Miete, die ich versteuern muss und kann ich dem Mieter diese Steuerkosten in irgendeiner Art in Rechnung stellen?


Ich bitte um eine ausführliche Beantwortung der Fragen. Dafür auch der hohe Obulus.
Falls die Option des Mietkaufs zutreffend ist, so wäre ich auch gerne bereit über einen Anwalt in Südbayern (bestenfalls Großraum München-Rosenheim-Augsburg) den Vertrag des Mietkaufs aufsetzen zu lassen.

Vielen Dank


Sehr geehrter Ratsuchender,

1.
Ein Mietkauf ist nichts anderes als eine Kombination aus einem normalen Mietvertrag und einem Kaufoptionsvertrag. Der Mieter ist dann berechtigt und bei entsprechender Vertragsgestaltung gegebenenfalls auch verpflichtet, innerhalb einer bestimmten Frist das Mietobjekt zu einem bestimmten Preis zu kaufen. Mietrecht und Kaufrecht sind für jeden Teil des Vertrages getrennt anzuwenden.

Im Rahmen der Vertragsfreiheit ist es zulässig (vgl. BGH WM 1985, 634 ; BGH WM 1990, 1307 ) und nicht unüblich, dem Mieter nur teilweise anzubieten, die bis zur Ausübung der Option gezahlte Miete auf den Kaufpreis anrechnen zu können. Ob sich der Mieter auf eine Anrechnung nur in Höhe von 50% einlässt, ist Verhandlungssache, begründet werden kann dies z.B. mit der am Anfang höheren Abnützung bei einer neu renovierten Immobilie, und ist ansonsten durch die Gestaltung des Kaufpreises beeinflussbar.
Solange sich eben diese Preisgestaltung nicht im Bereich des Wuchers nach § 138 Abs. 2 BGB bewegt, ist diese Art der Vertragsgestaltung gegenüber dem Mieter und künftigen Käufer rechtlich unbedenklich. Ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung wäre anzunehmen, wenn der Kaufpreis unter Abzug der voraussichtlich anzurechnenden Mietzahlungen gegenüber dem Marktpreis um mindestens ca. 100% höher liegt (grundlegend hierzu BGH NJW-RR 1989, 1068 ). Bezüglich des Mietvertrages ist allerdings die Grenze des Wuchers nach der Rechtsprechung bereits bei einer Überschreitung der angemessenen Miete um 50% erreicht (BGH NJW 1997, 1846).

Im Übrigen unterliegt der Abschluss des mit dem Kaufoptionsvertrag verbundenen Mietvertrages wegen § 311b Abs. 1 Satz 1 BGB bereits der notariellen Beurkundungspflicht (BGH NJW 1987, 1069 ).

2.
Soweit Ihre Angaben zur Beurteilung ausreichen, wird der Abschluss des Mietvertrages mit Kaufoption nicht automatisch dazu führen, dass Sie 20% des vereinbarten Kaufpreises an den Vormund der Großmutter bezahlen müssen.
Denn diese Zahlungspflicht wird nur ausgelöst, wenn der Verkauf zu Lebzeiten stattfindet. Etwas anderes müsste dann schon ausdrücklich in dem Testament geregelt sein.

Der Kaufvertrag kommt aber frühestens mit der Ausübung der Kaufoption zustande - anders als z.B. bei einem Ratanzahlungskaufvertrag - und dies auch nur, wenn die Vertragsbedingungen im Einzelnen schon festgelegt wurden. Ansonsten muss nochmals ein notarieller Vertrag abgeschlossen werden, im Übrigen wird der Kaufvertrag gemäß § 311b Abs. 1 Satz 2 BGB erst wirksam, wenn die Auflassung und die Eintragung in das Grundbuch erfolgt sind.

Deshalb wird es zur Vermeidung des Zahlungsrisikos darauf ankommen, in dem Optionsvertrag festzulegen, dass der Kaufvertrag frühestens mit dem Ableben der Inhaberin des Wohnrechts abgeschlossen oder schon die Kaufoption erst zu diesem Zeitpunkt ausgeübt werden kann.

3.
Auch bei vollständiger Anrechnungspflicht der Mietzahlungen ist der Abschluss des Mietkaufvertrages nicht bereits als Verkauf im Sinne der testamentarischen Bestimmung zu sehen, soweit mir diese bekannt ist. Denn eine Anrechnung kann erst nach der Beendigung des Mietverhältnisses durch die Ausübung der Kaufoption erfolgen.

4.
Wenn Sie einen befristeten Mietvertrag abschließen wollen, müssten Sie hierzu einen Befristungsgrund nach § 575 Abs. 1 BGB vorweisen können.

Andernfalls bleibt die Möglichkeit, einen unbefristeten Vertrag abzuschließen und die ordentliche Kündigung für einen bestimmten Zeitraum einvernehmlich auszuschließen. Nach BGH, WuM 2005, 346 kann in vorformulierten Verträgen ein Kündigungsausschluss von maximal vier Jahren vereinbart werden, aber auch bei individuell vereinbarten Mietverträgen empfiehlt es sich, diese Obergrenze einzuhalten.

In beiden Fällen können Sie auch vor Ablauf der (Mindest-)Mietzeit eine Kündigung erklären, wenn ein wichtiger Grund vorliegt, z.B. Zahlungsverzug mit mehr als zwei Monatsmieten (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 .a BGB).

Wenn die Mieter das Haus nicht kaufen wollen, stellt dies dagegen an sich keinen Kündigungsgrund dar. Denn auch wenn Sie die Mieter zum Kauf innerhalb eines bestimmten Zeitraums verpflichten und dieser Zeitraum einmal abgelaufen ist, liegt darin zwar eine Vertragsverletzung, aber keine Verletzung mietvertraglicher Haupt- oder Nebenpflichten. Gleichwohl ist eine fristlose Kündigung denkbar, wenn Ihnen aufgrund des Verhaltens der Mieter eine Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann, siehe § 543 Abs. 1 BGB .

Eine Erweiterung der besonderen Kündigungsgründe durch Vertrag wäre im Übrigen gemäß § 569 Abs. 5 BGB nicht zulässig.

Liegt sonst kein wichtiger Kündigungsgrund vor, können Sie die Mieter nur ordentlich kündigen, wenn Sie hierzu ein berechtigtes Interesse im Sinne des § 573 Abs. 1, Abs. 2 BGB haben, also bei schweren Vertragsverletzungen durch die Mieter, bei Eigenbedarf oder wegen Hinderung an einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung. Auf Letzteres könnten Sie sich notfalls berufen, da Sie die Wohnung ja verkaufen wollen, wobei die Voraussetzungen im Einzelnen allerdings nicht unumstritten sind, jedenfalls müssen Ihnen auch erhebliche wirtschaftliche Nachteile drohen.

Bei alledem ist zu bedenken, dass sich die Mieter außer im Falle einer berechtigten außerordentlichen Kündigung - mit dem Sozialwiderspruch gemäß § 574 BGB gegen die ordentliche Kündigung zur Wehr setzen kann, wenn diese eine auch unter Berücksichtigung Ihrer Interessen nicht zu rechtfertigende Härte darstellen würde, also z.B. wegen Alter und Gebrechlichkeit. Insofern sollten die Mieter sorgfältig ausgesucht werden, ein Risiko verbleibt jedoch aufgrund der Mieterschutzvorschriften immer.

5.
Etwaige Insolvenzgläubiger der Mieter können nicht auf den Grundbesitz zugreifen, solange Sie Eigentümer sind, da den Mietern noch kein dingliches Recht an dem Grundstück zusteht (außer etwa bei Eintragung einer Vormerkung). Der Besitz unterfällt nicht den pfändbaren grundstücksgleichen Rechten im Sinne des §§ 864 Abs. 1 , 870 ZPO .

Pfändbar ist allerdings der Auflassungsanspruch aus der Kaufoption, da auch künftige Forderungen der Zwangsvollstreckung unterliegen, wie die Anwartschaft auf unbewegliches Vermögen, siehe § 848 ZPO .

6.
In der maßgeblichen Vorschrift des § 21 EStG ist kein gesonderter Freibetrag für positive Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung vorgesehen, der Überschuss wird dem sonstigen Einkommen hinzugerechnet. Der jährliche Grundfreibetrag bei der Besteuerung des gesamten Einkommens liegt derzeit bei € 7.664, siehe § 32a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG .

Die zu entrichtende Steuer können Sie dem Käufer nicht in Rechnung stellen, sondern müssen diese bei der Preisgestaltung mit berücksichtigen.

Ich hoffe, ich konnte Ihre Rechtsfragen in dem gewünschten Umfang beantworten. Für Rückfragen stehe ich gerne zur Verfügung.

Die oben genannten Vorschriften finden Sie unter den nachfolgend benannten Links:

http://bundesrecht.juris.de/bgb/index.html
http://bundesrecht.juris.de/zpo/index.html
http://bundesrecht.juris.de/estg/index.html

Mit freundlichen Grüßen

Wolfram Geyer
Rechtsanwalt

Rückfrage vom Fragesteller 24. August 2008 | 20:19

Vielen Dank für die ausführliche Antwort.

Ist es für eine Vermietung (bei Mietkauf) erforderlich das Leibgeding, (lebenslanges Wohnrecht) meiner im Altersheim sitzenden Großmutter, für die ich monatlich 150 € Unterhaltskosten bezahle, jetzt schon löschen zu lassen?

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 24. August 2008 | 20:35

Sehr geehrter Ratsuchender,

nein, eine Löschung der Belastung muss bei Vermietung mit Kaufoption, bzw. mit Kaufverpflichtung noch nicht veranlasst werden. Allerdings wird sich der Mieter auf einen späteren Kauf nur einlassen, wenn Sie ihm die lastenfreie Überschreibung des Grundstücks nach Ausübung der Kaufoption zusichern.

Mit freundlichen Grüßen

Wolfram Geyer
Rechtsanwalt

Ergänzung vom Anwalt 24. August 2008 | 20:38

genauer gesagt: ...wenn Sie zusichern, ihm das Grundstück nach Ausübung der Kaufoption lastenfrei zu überschreiben.

Mit freundlichen Grüßen

Wolfram Geyer
Rechtsanwalt

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