Sehr geehrter Ratsuchender,
vielen Dank für die ONLINE - Anfrage(n). Auf Grundlage Ihrer Angaben beantworte ich die Frage wie folgt:
Wer psychisch krank ist und dadurch in erheblichem Maß die öffentliche Sicherheit oder Ordnung gefährdet, kann gegen oder ohne seinen Willen in einem psychiatrischen Krankenhaus oder sonst in geeigneter Weise untergebracht werden. Die Unterbringung ist auch dann zulässig, wenn jemand sein Leben oder in erheblichem Maß seine Gesundheit gefährdet. Die Unterbringung kann nur angeordnet werden, wenn die Gefährdung nicht durch andere Hilfen abgewendet werden kann. Für die Anordnung von Unterbringungen psychisch kranker Personen ist grundsätzlich das Vormundschaftsgericht (Amtsgericht) zuständig.
Auf Grund des von Ihnen in diesem Forum beschriebenen Sachverhaltes ist NICHT davon auszugehen, dass der Hintergrund der jetzt erfolgten Anordnung zur psychologischen Begutachtung eine grundsätzlich in Betracht kommende Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus ist. Dies begründe ich wie folgt. Die Anordnung erfolgte "nur" weil gegen Sie zwei Verfahren wegen Nötigung laufen.
Im Zusammenhang mit den Nötigungsvorwürfen ist mit einer Anklage vor dem Strafgericht zu rechnen. Das Gericht hat die Anfertigung des Gutachtens angeordnet, um die begründeten Zweifel an Ihrer Schuldfähigkeit zu klären. Wenn Sie schuldunfähig bzw. eingeschränkt schuldfähig wären, so gilt nämlich hinsichtlich des/der anstehenden Strafverfahren(s) die folgende gesetzliche Regelung:
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§ 20 StGB
Schuldunfähigkeit wegen seelischer Störungen
Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewusstseinsstörung oder wegen Schwachsinns oder einer schweren anderen seelischen Abartigkeit unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.
§ 21 StGB
Verminderte Schuldfähigkeit
Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 StGB
bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 StGB
gemildert werden.
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Auch wenn die Anordnung damit wohl eher etwas "gutes" hinsichtlich einer leider anstehenden Hauptverhandlung ist, so sollten Sie sich dennoch im eigenen Interesse weiter um einen geeigneten Therapieplatz kümmern.
Wegen einer grundsätzlich in Betracht kommenden zwangsweisen Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus müssen Sie sich jedoch keine Sorge machen, da die Anordnung des Gutachtens im Zusammenhang mit dem Strafverfahren und der anstehenden Hauptverhandlung zu sehen ist.
Sofern Sie eine abschließende Beurteilung des Sachverhaltes wünschen, empfehle ich, einen Rechtsanwalt vor Ort zu kontaktieren und diesen mit der Verteidigung im Strafverfahren zu beauftragen. Dieser wird zunächst in die Gerichtsakten Einsicht nehmen und Sie an Hand der genommenen Akteneinsicht weiter beraten können und mit Ihnen zusammen eine geeignete Verteidigungsstrategie ausarbeiten.
Bei Unklarheiten benutzen Sie bitte die kostenfreie Nachfragefunktion, um an mich eine kostenfreie Nachfrage zu richten. Ich hoffe, Ihnen eine erste hilfreiche Orientierung ermöglicht zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Hallo lieber Anwalt,
vielen Dank für Ihre Antwort, diese war für mich schonmal gut hilfreich und gut beantwortet!
Nur nochmal des besseren Verständniss willen:
- Wenn der Gutachter feststellt, dass ich voll schuldfähig war, bekome ich 100% des Strafmaßes.
- Wenn der Gutachter feststellt, dass ich teil-schuldfähig war, bekomme ich nur ein Teil des eigentlichen Strafmaßes.
- Wenn der Gutachter feststellt, dass ich voll schuldunfähig war, bekomme ich gar keine Strafe???
Sehr geehrter Ratsuchender,
vielen Dank für die Nachfrage, die ich wie folgt beantworte:
Alles in allem ist Ihre erste Einschätzung wohl richtig!
Allerdings könnte der Gutachter auch zu dem Ergebnis gelangen, dass Sie psychisch krank und (eingeschränkt) schuld(un)fähig sind.
Dann würden Sie zwar im Falle der Schuldunfähigkeit straffrei aus dem Strafverfahren gehen.
Wenn der Gutachter allerdings zudem zu dem Ergebnis käme, dass Sie auf Grund Ihrer Erkrankung in erheblichem Maß die öffentliche Sicherheit oder Ordnung gefährden, so müssten Sie dann allerdings mit der zwangsweisen Einweisung in ein psychiatrisches Krankenhaus rechen.
Folglich ist es wohl ratsam, anwaltliche und ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Nochmals zur Klarstellung:
Auch weil die Staatsanwaltschaft Ihnen gegenüber bereits signalisiert hat, dass sie im Falle einer freiwilligen Therapie zur Einstellung des Strafverfahrens bereit wäre sollten Sie sich weiter freiwillig um einen Therapieplatz bemühen.
Ich hoffe Ihnen weiter geholfen zu haben.
Mit freundlichen Gründen
Michael Kohberger
Rechtsanwalt
Ob ein Patient mit der zwangsweisen Einweisung in eine psychiatrische Klinik rechnen muss hängt letzlich davon ab, ob er auf Grund seiner Erkrankung in erheblichem Maß die öffentliche Sicherheit oder Ordnung gefährdet.
Mit einer erheblichen Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ist in Ihrem Fall nicht zu rechnen, zumal die Staatsanwaltschaft bereits die Einstellung der Strafverfahren angedacht hat.
Dannoch wäre wohl anwaltliche und ärztliche Hilfe hilfreich!