Antwort
Ihre Frage betrifft die Auswirkungen von Inflation auf festgelegte Höchsterstattungsbeträge in privaten Krankenversicherungsverträgen und ob es eine gesetzliche Verpflichtung der Versicherung gibt, diese Beträge anzupassen. Ich werde die rechtlichen Grundlagen erläutern und aufzeigen, welche Möglichkeiten bestehen.
Vertragsrechtliche Grundlagen
Bindung an den Vertrag („Pacta sunt servanda")
Grundsätzlich gilt im deutschen Vertragsrecht der Grundsatz der Vertragstreue („pacta sunt servanda"). Das bedeutet, dass die Vertragsparteien an die einmal getroffenen Vereinbarungen gebunden sind. Wenn also in Ihrem Versicherungsvertrag feste Euro-Beträge als Höchsterstattungsgrenzen festgelegt wurden, gelten diese Beträge zunächst unabhängig von späteren Preisentwicklungen.
Inhalte des Versicherungsvertrags
Der Versicherungsvertrag und die dazugehörigen Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) regeln das Verhältnis zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer. Höchsterstattungsbeträge, Preis-Leistungsverzeichnisse oder andere Leistungsbegrenzungen sind Vertragsinhalte, die von beiden Parteien bei Vertragsabschluss akzeptiert wurden.
Gesetzliche Regelungen
Versicherungsvertragsgesetz (VVG)
Das Versicherungsvertragsgesetz (VVG) regelt die Rechte und Pflichten aus dem Versicherungsvertrag. Es enthält jedoch keine Bestimmungen, die Versicherer verpflichten würden, Höchstbeträge aufgrund von Inflation anzupassen. Die Versicherungsbedingungen unterliegen der Inhaltskontrolle, aber solange keine unangemessene Benachteiligung (§ 307 BGB) vorliegt, sind die Bedingungen wirksam.
Anpassung aufgrund von Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB)
In Ausnahmefällen kann eine Anpassung von Verträgen nach § 313 BGB („Störung der Geschäftsgrundlage") in Betracht kommen. Dies setzt voraus, dass sich wesentliche Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert haben und ein Festhalten am unveränderten Vertrag unzumutbar wäre.
Jedoch ist eine gewöhnliche Inflation, selbst wenn sie höher ausfällt als in den Vorjahren, in der Regel nicht ausreichend, um eine solche Anpassung zu rechtfertigen. Die Rechtsprechung setzt hier hohe Anforderungen an die Unzumutbarkeit und die Schwere der Veränderung.
Inflation und Versicherungsverträge
Risiko der Preissteigerung
In privaten Versicherungsverträgen tragen die Versicherungsnehmer grundsätzlich das Risiko von Preissteigerungen, wenn keine vertraglichen Anpassungsmechanismen vereinbart wurden. Es obliegt dem Versicherungsnehmer, bei Vertragsabschluss mögliche zukünftige Entwicklungen abzuschätzen.
Dynamische Verträge
Einige Versicherungsverträge enthalten sogenannte Dynamikklauseln, die regelmäßige Anpassungen der Versicherungssummen und Beiträge vorsehen. Solche Klauseln sollen der Entwertung durch Inflation entgegenwirken. Fehlen solche Klauseln, bleibt es bei den ursprünglich vereinbarten Beträgen.
Möglichkeiten für Versicherungsnehmer
Vertragsprüfung
Es sollte geprüft werden, ob der Versicherungsvertrag oder die AVB Klauseln enthalten, die eine Anpassung der Höchsterstattungsbeträge vorsehen. Eventuell gibt es Indizes oder Anpassungsmechanismen, die greifen könnten.
Verhandlung mit dem Versicherer
Auch wenn keine rechtliche Verpflichtung besteht, kann der Versicherungsnehmer das Gespräch mit dem Versicherer suchen. Manche Versicherer zeigen sich kulant und bieten individuelle Lösungen an, insbesondere wenn eine lange Vertragsbeziehung besteht.
Tarifwechsel
Ein Wechsel in einen aktuelleren Tarif kann höhere Erstattungsbeträge bieten. Dabei sind jedoch die Bedingungen und eventuelle Auswirkungen auf die Prämien sorgfältig zu prüfen.
Rechtliche Beratung
Im Einzelfall kann eine rechtliche Prüfung sinnvoll sein, um mögliche Ansprüche oder Wege aufzuzeigen. Insbesondere wenn es Anhaltspunkte für eine unangemessene Benachteiligung gibt.
Fazit
Es gibt keine gesetzliche Regelung, die Versicherer verpflichtet, festgelegte Höchsterstattungsbeträge aufgrund von Inflation anzupassen. Ohne vertragliche Anpassungsklauseln bleibt der Versicherungsnehmer an die ursprünglich vereinbarten Bedingungen gebunden. Es empfiehlt sich, den Vertrag genau zu prüfen und gegebenenfalls das Gespräch mit dem Versicherer zu suchen oder über einen Tarifwechsel nachzudenken.
Antwort
vonRechtsanwalt Mathias Schulze
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