Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen wie folgt beantworten:
1. Kündigungsfrist
Beim Erwerb einer Immobilie im Wege der Zwangsversteigerung ist der Ersteher besonders schutzwürdig, weil er oft keine Möglichkeit hat, sich vor dem Erwerb Kenntnis von den Bedingungen des Mietvertrages zu verschaffen, in den er eintritt. Aus diesem Grund gesteht das Gesetz dem Erwerber gem. § 57a ZVG
ein Sonderkündigungsrecht zu.
Gem. § 57a S.1 ZVG
ist der Ersteher berechtigt, das Mietverhältnis unter Einhaltung der gesetzlichen Frist zu kündigen. Die Kündigung ist jedoch gem. § 57a S.2 ZVG
ausgeschlossen, wenn sie nicht für den ersten Termin erfolgt, für den sie zulässig ist. Erster Termin bedeutet hier zum 1. Möglichen Kündigungstermin, ansonsten verfällt das Recht. Bspw. Zuschlag am 01.02. Erster Termin 3. Werktag, wäre (ohne Berücksichtigung von Wochenende oder Feiertagen hier im Beispiel) dann spätestens der 03.02. Für den dann das Sonderkündigungsrecht gilt.
Die Erleichterung, die das Sonderkündigungsrecht für den Erwerber mit sich bringt, besteht je nach Fallgestaltung darin, dass das Mietverhältnis gem. § 573d Abs. 2 S. 1 BGB
bzw. § 575a Abs. 3 S. 1 BGB stets mit einer dreimonatigen Kündigungsfristgekündigt werden kann, und zwar auch dann, wenn diese gem. § 573c Abs. 1 S. 2 BGB
an sich sechs oder neun Monate betrüge oder die Parteien eine längere Kündigungsfrist vereinbart haben,ein befristetes Mietverhältnis vor Ablauf der Befristung gekündigt werden kann und die Kündigung trotz eines für den bisherigen Vermieter geltenden Kündigungsverzichts möglich ist.
2. Mietkaution
Auf den Ersteher eines vermieteten Grundstücks geht die Verpflichtung zur Rückzahlung der Mietsicherheit an den Mieter kraft Gesetzes auch dann über, wenn der insolvent gewordene Voreigentümer die vom Mieter erhaltene Mietsicherheit nicht getrennt von seinem sonstigen Vermögen angelegt hatte.
3. Mietaufhebungsvertrag
In einem solchen Vertrag sollte neben dem Beendigungszeitpunkt auch geregelt werde, was mit der Kaution, den Nebenkosten, den Renovierungsverpflichtungen geschieht und soweit vereinbart ob auch eine Abfindung/Umzugshilfe zu zahlen ist (als Anreiz zur Vermeidung einer gerichtlichen Auseinandersetzung).
4. Formfehler
Naturgemäß sollten Sie alle nur tatsächlich denkbaren Gründe die für ihre persönliche Entscheidung des Eigenbedarf maßgeblich sind aufführen. Dies können berufliche als auch familiäre Gründe sein z.B. größerer Wohnbedarf. Diese sollten möglichst detailliert und begründet sein, auch mit Blick auf den Verkauf Ihrer derzeitigen Immobilie. Auch die Umwidmung des Mehrfamilienhauses in ein Einfamilienhaus sollte dargelegt werden.
Es gibt auch gute Analoga/Muster im Internet zum Thema zu finden, welche Ihnen bei der Formulierung helfen können.
5. Mehrere Mieter
Kündigt der Vermieter mehrere Wohnungen, weil er diese zu einer einzigen Wohnung umbauen und anschließend selbst nutzen will, so setzt die Verwirklichung des Nutzungswunsches voraus, dass alle Kündigungen wirksam sind und die hieraus folgenden Räumungsansprüche durchgesetzt werden können. Scheitert der Vermieter mit einer Kündigung, so hat dies die Unwirksamkeit aller Kündigungen zur Folge. Die Gerichte müssen diesem Umstand durch eine entsprechende Verfahrensgestaltung Rechnung tragen, etwa durch eine gleichzeitige Verhandlung und Entscheidung oder durch eine Verbindung aller Räumungsprozesse. Dem Vermieter ist zu raten, in Fällen dieser Art die mehreren Räumungsansprüche in einer einzigen Räumungsklage anhängig zu machen.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
RA Sascha Lembcke
Antwort
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Rechtsanwalt Sascha Lembcke
Sehr geehrter Herr Lembke,
vielen Dank für Ihre sehr hilfreichen Erläuterungen.Ich bitte noch eine Nachfrage zu beantworten und eine nur generisch beantworte Frage zu auf Basis meiner Argumentation zu konkretisieren
Frage zu dem erläuterten Sonderkündigungsrecht gem. § 57a ZVG
:
Soweit wir termingerecht für den ersten Termin kündigen, jedoch nicht die kürzeste Frist beanspruchen und beispielsweise mit einer Frist von 6 Monaten kündigen, gibt es hier ein Problem sich auf das Sonderkündigungsrecht zu nutzen? (Hintergrund: wir müssen das aktuell genutzte Haus noch verkaufen)
Und vielleicht erlauben Sie mir noch die Konkretisierung aus meiner zweiten Frage zur Begründung des Eigenbedarfs, die Sie nur generisch beantworten konnten:
Ich würde gemäß Ihrer Ausführung natürlich auf den tatsächlichen Eigenbedarf abheben:
• Wir sind eine Familie, mit zwei Kindern im Alter von 5 und 7 Jahren.
• Unser derzeitiges Haus hat nur kleine Kinderzimmer. Als Schulkinder sollen beide nun über ein Zimmer mit mehr Platz verfügen.
• Das neue Haus soll auch engen Verwandten, u.a. ….. Besuch mit Übernachtungsmöglichkeit bieten. Das bisherige Haus verfügt über kein geeignetes Gästezimmer (benennen der Verwandten mit Namen erforderlich ?)
• Weiterhin hat das derzeitige Reihenhaus nur einen sehr kleinen Garten, der sowohl unseren Kindern nur sehr eingeschränkten Raum für das Spielen als auch uns zu wenig Platz bietet.
• Die eng zusammenliegenden Gärten des aktuell bewohnten Reihenhauses schränken die Privatsphäre ein.
• Perspektivisch bietet das neue Haus den älter werdenden Kindern Raum für eigenständiges Wohnen in der Ausbildung.
• Dieser Bedarf lässt sich im neuen Haus nur verwirklichen, wenn alle Etagen und Keller von uns genutzt werden. Eine nur teilweise Nutzung würde uns seitens des Raumangebotes und der Privatsphäre zu sehr einschränken.
Passt das so, oder sehen Sie bei solchen Argumenten Fallstricke?
Vielen Dank für Ihre Mühe und viele Grüße!
Ihre Nachfrage möchte ich gerne beantworten.
1. Frage
Hinsichtlich des Sonderkündigungsrechtes können Sie auch eine längere Kündigungsfrist nehmen. Insoweit heißt es auch unter Abs. 1 "Der Ersteher ist berechtigt, das Miet- oder Pachtverhältnis unter Einhaltung der gesetzlichen Frist zu kündigen."
Wichtig ist nur dabei, dass das Sonderkündigungsrecht rechtzeitig zum ersten Termin ausgeübt wird. Ob Sie dann eine 3-monatige oder 6-monatige Frist nehmen ist dabei nicht relevant und kommt dann auch den Mietern zu Gute.
2. Frage
Die von Ihnen aufgeführten Begründungen für den Eigenbedarf sind insoweit ausreichend und sollten vielleicht nur noch detaillierter erfolgen. Wichtig ist vielleicht noch zu erwähnen, dass Sie das Haus eventuell eben auch umbauen wollen zu einem Einfamilienhaus, da ansonsten das Einfamilienhauskonzept nicht ganz passt, da 5-7 jährige Kinder ja keine eigene Wohnung benötigen, mit Küche und Bad.
Ansonsten sind Ihre Ausführungen ausreichend, da Sie ja tatsächlichen Eigenbedarf, sprich eigenen Eigenbedarf anmelden und nicht für Angehörige, für welche der Aufwand der Begründung etwas umfangreicher ist.
MfG
RA Lembcke