Sehr geehrte(r) Ratsuchende(r),
Nachdem sich Ihr Vermieter nicht auf Ihr Angebot zur Herabsetzung der Miete eingelassen hat und auch keine Minderungsgründe erkennbar sind, mussten Sie weiterhin die vereinbarte Miete voll bezahlen. Somit lag zwischenzeitlich ein Zahlungsverzug in Höhe von mehr als zwei Monatsmieten vor.
Ihr Vermieter war also grundsätzlich zur fristlosen Kündigung berechtigt, siehe § 543 Abs. 2 Nr. 2b BGB
.
Andererseits besteht nach der Rechtsprechung eine Obliegenheit des Vermieters, sich gegen den Zahlungsverzug zu wehren.
In einem vergleichbaren vom OLG Karlsruhe entschiedenen Fall (Az. 17 U 97/92) verwirkte der Vermieter sein Kündigungsrecht wegen stillschweigender Duldung dieser Vertragsverletzung. Dort ging es um eine fristlose Kündigung wegen ständig unpünktlicher Mietzahlung.
Ob diese Wertung auch auf eine ordentliche Kündigung übertragbar ist, wird vom Einzelfall abhängen, eine entsprechende Gerichtsentscheidung habe ich in der kurzen zur Verfügung stehenden Zeit nicht gefunden. Insofern spricht allerdings der besonders lange Zeitablauf als Umstand zu Ihren Gunsten.
Ich halte die Kündigungen aber auch aus anderen Gründen für unwirksam:
Unzumutbarkeitsgründe sind nicht ersichtlich.
Der Wirksamkeit der fristlosen Kündigung wegen Zahlungsverzugs haben Sie durch rechtzeitige nachträgliche Zahlung des vollen Mietrückstandes die Grundlage entzogen, siehe § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB
.
Die (hilfsweise) erklärte ordentliche Kündigung wegen Zahlungsverzugs (§ 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB
) kann dagegen nicht durch die Begleichung der Schulden aus der Welt geschafft werden, sie bleibt grundsätzlich gültig (OLG Stuttgart, 8 ReMiet 2/91; AG Kassel, 451 C 6541/99
).
Jedoch fehlt es hier an einer vorhergehenden Abmahnung. Anders als bei der fristlosen Kündigung ist die Abmahnung hier nicht entbehrlich (vgl. § 543 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 BGB
).
Die erste Ihnen zugegangene Kündigung wird insoweit mangels Zahlungsaufforderung kaum als Abmahnung auszulegen sein, schon aufgrund des zu kurzen Zeitraums bis zur zweiten Kündigung. Denn Ihnen hätte konkret Gelegenheit und ausreichend Zeit gegeben werden müssen, um das vertragswidrige Verhalten zu beenden.
Darüber hinaus muss die ordentliche (im Gegensatz zur fristlosen) Kündigung im einzelnen darlegen, mit welchen Mietbeträgen und für welche Monate der Mieter in Rückstand ist. Ohne diese Angaben ist die Kündigung unwirksam (LG Berlin, Az. 61 S 267/93).
Ich hoffe, Ihnen mit meinen Auskünften weitergeholfen zu haben.
Gerne stehe ich Ihnen im Rahmen der Nachfragefunktion von „frag-einen-anwalt.de“ für Rückfragen zum inhaltlichen Verständnis meiner Antwort zur Verfügung, ebenso für eine weitergehende Interessenwahrnehmung.
Mit freundlichen Grüßen
Wolfram Geyer
Rechtsanwalt
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