Sehr geehrter Ratsuchender,
vielen Dank für Ihre online-Anfrage, zu der ich wie folgt Stellung nehmen möchte:
Für die Erfolgsaussichten der Räumungsklage wird es zunächst darauf ankommen, ob die behauptete Eigenbedarfslage besteht. Der bloße Wunsch in den eigenen vier Wänden zu wohnen reicht grundsätzlich nicht aus, andererseits ist es nicht erforderlich, dass für den Vermieter eine akute Wohnungsnot besteht. Geht es dem Vermieter - wie in Ihrem Fall – darum die Wohnverhältnisse zu verbessern, dann muss der Kündigungsgrund von einiger Erheblichkeit sein. Nachdem Ihr Vermieter für seine dreiköpfige Familie künftig Wohnraum von 240 qm beansprucht, spricht dies für einen überhöhten Wohnbedarf und daher für eine rechtsmissbräuchliche Eigenbedarfskündigung. Andererseits wird der Kinderwunsch, auch wenn zum Zeitpunkt der Räumungsklage noch keine Schwangerschaft besteht, nach der Rechtsprechung als vernünftiger und nachvollziehbarer Grund für eine Eigenbedarfslage anerkannt. Da es auf die konkreten Umstände des Einzelfalls ankommt, kann ich mangels näherer Informationen an dieser Stelle keine abschließende Beurteilung abgeben.
Soweit Sie die Eigenbedarfslage im Prozess bestreiten, muss Ihr Vermieter die Gründe für die Eigenbedarfskündigung beweisen. Hier wird das Gericht ggf. in einer Beweisaufnahme die Gründe im Detail prüfen und feststellen müssen.
Ist der Eigenbedarf berechtigt, aber für Sie als Mieter eine unzumutbare Härte, so kann trotz der Kündigung keine Räumung begehrt werden. Fehlender angemessener Ersatzwohnraum zu zumutbaren Bedingungen ist ein anerkannter Härtegrund (§ 574 Abs. 2 BGB
). Hierbei wird Ihnen eine höhere Miete bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete zugemutet werden können. Grundsätzlich darf die Wohnungssuche nicht nur auf das bisherige Wohngebiet beschränkt werden.
Da der Schulwechsel grundsätzlich nicht unzumutbar ist, wird einem Kindergartenkind ein Einrichtungswechsel zugemutet werden können, es sei denn dieser Wechsel wäre nachweislich mit erheblichen psychischen Störungen für das Kind verbunden. Wenn weiterhin der Ortswechsel in noch vertretbarer Nähe zu Ihrem Arbeitsplatz liegen wird, werden Sie Ihre Wohnungssuche nicht ausschließlich auf Ihren Wohnort beschränken dürfen. Im Übrigen empfehle ich Ihnen, sämtliche Wohnungsadressen zu sammeln, um die Erfolglosigkeit Ihrer Suche im Prozess darlegen zu können.
Bei dem Fehlen von Ersatzwohnraum als ausschließlichem Härtegrund wird das Gericht das Mietverhältnis über die Kündigungsfrist hinaus auf bestimmte Zeit verlängern. Eine Mindestzeit ist gesetzlich nicht vorgesehen, in der Regel gewähren die Gerichte eine Verlängerung um rund 6 Monate. Je nach Wohnungsmarktlage kann ein längerer Zeitraum in Betracht kommen. Sollten Sie auch nach Ablauf des Verlängerungszeitraumes keinen Ersatzwohnraum gefunden haben, könnten Sie einen Antrag auf Verlängerung der Räumungsfrist nach § 721 ZPO
stellen.
Ich hoffe, Ihnen eine hilfreiche erste Orientierung gegeben zu haben und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Jutta Petry-Berger
Rechtsanwältin
Antwort
vonRechtsanwältin Jutta Petry-Berger
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Web: https://www.frag-einen-anwalt.de/anwalt/Rechtsanwaeltin-Jutta-Petry-Berger-__l102476.html
E-Mail:
Ich habe Erfahren das mein Vermieter sich in einer Klinik für Künstlicher Befruchtung angemeldet hat, und das sein Vater in diesem Jahr einen Schlaganfall erlitten hat.
Es wird ein leichts sein für ihn das zu beweisen, auch schriftlich.
Sind nun die Gründe meines Vermieters schwerwiegender als meine, und habe ich dann überhaupt eine Chance zu gewinnen?
Sehr geehrter Ratsuchender,
zu Ihrer Nachfrage teile ich Ihnen mit, dass das Gericht zunächst nicht zu prüfen hat, welche Interessen schwerer wiegen. Vielmehr muss als erstes untersucht werden, ob Eigenbedarf anzunehmen ist. Hierbei erfolgt keine Abwägung gegen Ihre Belange. Nach Ihren Informationen wird Ihr Vermieter den geplanten Nachwuchs beweisen können und nunmehr ggf. auch vortragen, dass er seinen pflegebedürftigen Vater zu sich zu nehmen möchte. Die beanspruchte Wohnfläche von 240 qm für zukünftig 5 Personen ist zwar hoch, seine Gründe hierfür werden jedoch nicht als absolut unvernünftig und nicht nachvollziehbar angesehen werden können. Die Chancen, dass bereits die Eigenbedarfslage nicht angenommen werden wird, dürften nach meiner ersten Einschätzung eher als gering zu bewertet sein.
Unabhängig hiervon besteht jedoch die Chance, dass das Mietverhältnis gem. § 574 a BGB
aufgrund Ihres Widerspruchs - insbesondere im Hinblick auf den fehlenden Eratzwohnraum - für einen bestimmten Zeitraum fortgesetzt wird. Denn solange die Ehefrau Ihres Vermieters nicht einmal schwanger ist, wird Ihr Interesse an der Fortsetzung des Mietverhältnisses höher zu bewerten sein.
Mit freundlichen Grüßen
Petry-Berger
Rechtsanwältin