Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
1.
Wenn der Auftrag nach dem 01.01.2018 von Ihnen per E-Mail bestätigt wurde, dann sind die neu ins Gesetz eingefügten
Vorschriften über den Verbraucherbauvertrag (§§ 650i - 650n BGB
) anwendbar.
Nach § 650i Absatz 1 BGB
liegt ein Verbraucherbauvertrag vor, wenn ein Unternehmer von einem Verbaucher zum Bau eines Gebäudes oder zu erheblichen Umbaumaßnahmen an einem bestehenden Gebäude verpflichtet wird.
Erhebliche Umbaumaßnahmen sind solche, die dem Bau eines neuen Gebäudes vergleichbar sind, z.B. Neubau hinter der Fassade. Maßgeblich sind Umfang und Komplexität des Eingriffs und das Ausmaß des Eingriffs in die bauliche Substanz. Der bloße Einbau einer Heizungsanlage oder neuer Fenster und Türen reicht hierzu nicht aus.
Wenn der Vertrag hiernach als Verbraucherbauvertrag anzusehen ist, dann haben Sie als Verbraucher ein 14-tägiges Widerrufsrecht des Vertrages, über das der Unternehmer den Verbraucher bei Vertragsschluss zu belehren hat (§ 650l BGB
). Hat er die Belehrung unterlassen, beginnt die 14-tägige Widerrufsfrist nicht zu laufen, so dass ein Widerruf noch bis ein Jahr und 14 Tage nach Vertragsschluss möglich ist (§ 356e BGB
).
Hier besteht allerdings die Unsicherheit, ob nach dem Vertrag wesentliche Umbaumaßnahmen im Sinne von § 650i Absatz 1 BGB
vereinbart wurden. Kommt ein Gericht in einem eventuellen späteren Rechtsstreit zu dem Ergebnis, dass dies nicht der Fall war, geht ein von Ihnen erklärter Widerspruch ins Leere und der Unternehmer kann von ihnen Erfüllung des Vertrages verlangen, oder seinerseits den Vertrag aus wichtigem Grund wegen Vertragsbruchs mit Ihnen kündigen und Schadenersatz verlangen.
2.
Nach § 648a Absatz 1 BGB
können beide Vertragsparteien einen Werkvertrag aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn der kündigenden Partei die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur Fertigstellung des Werks unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen nicht zugemutet werden kann.
Kündigt eine Vertragspartei aus wichtigem Grund, ist der Unternehmer nur berechtigt, die Vergütung zu verlangen, die auf den bis zur Kündigung erbrachten Teil des Werkes entfällt (§ 648a Absatz 3 BGB
).
Wichtige Kündigungsgründe sind erhebliche Vertragsverstöße des Unternehmers, dessen Insolvenz oder Geschäftseinstellung oder ein grober Vertrauensbruch. Bloße schlechte Bonität, die schon bei Vertragsschluss bestand, fällt nicht hierunter, solange der Unternehmer noch zur Erbringung des Werkes in der Lage ist. Der Unternehmer ist auch nicht verpflichtet, den Besteller vor Vertragsschluss über seine Bonität zu informieren, zumal es dem Besteller freisteht, von sich aus Auskünfte einzuholen.
Die Auskunft von Creditreform dürfte vorliegend nicht als wichtiger Kündigungsgrund ausreichen.
3.
Fehlt ein wichtiger Kündigungsgrund, kann der Besteller den Vertrag jederzeit auch ohne einen besonderen Grund kündigen (§ 648 BGB
). In diesem Fall bleibt jedoch dem Unternehmer grundsätzlich der volle vertragliche Vergütungsanspruch erhalten. Er muss sich seine ersparten Aufwendungen auf den Vergütungsanspruch anrechnen lassen (z.B. ersparte Material- und Subunternehmerkosten), so dass er im Ergebnis seinen kalkulierten Gewinn und Fixkosten als Vergütung verlangen kann. Der Unternehmer muss seine ersparten Aufwendungen nachvollziehbar darlegen und nachweisen. Kann oder tut er dies nicht, kann der Unternehmer 5% der Vergütung für den noch nicht erbrachten Teil des Werkes verlangen. Die Vergütung abzüglich ersparter Aufwendungen kann im Einzelfall auch erheblich höher als 5% sein und bei Bauwerkverträgen bis zu 20 - 25% der Auftragssumme umfassen.
Diese Regelung ist auf alle noch nicht erbrachten Vertragsleistungen anzuwenden. Bereits erbrachte Leistungen sind voll zu vergüten.
4.
Nach § 321 BGB
kann, wer aus einem gegenseitigen Vertrag vorzuleisten verpflichtet ist, die ihm obliegende Leistung verweigern, wenn nach Abschluss des Vertrags erkennbar wird, dass sein Anspruch auf die Gegenleistung durch mangelnde Leistungsfähigkeit des anderen Teils gefährdet wird. Hierunter fällt auch eine Verschlechterung der Vermögensverhältnisse. Wenn diese bereits bei Beginn des Vertragsverhältnisses vorlagen, sind sie nur zu berücksichtigen, wenn sie der Vorleistungspflichtige bei der gebotenen Überprüfung der Leistungsfähigkeit des anderen Teils nicht erkennen konnte. Eine Creditreform-Auskunft hätten Sie jedoch auch schon vorher einholen können.
Im Übrigen sind Sie als Besteller bei einem Werkvertrag nicht vorleistungspflichtig.
Der Unternehmer darf immer nur für bereits erbrachte (Teil)leistungen (Abschlags)zahlungen verlangen (§ 632a BGB
).
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Diese Antwort ist vom 27.01.2018 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
Jetzt eine neue Frage stellen
Antwort
vonRechtsanwalt C. Norbert Neumann
Taunustor 1
60310 Frankfurt am Main
Tel: 0695050604431
Tel: 035184221127
E-Mail:
Rechtsanwalt C. Norbert Neumann