Sehr geehrte Ratsuchende,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich auf Grundlage Ihrer Angaben wie folgt beantworte:
Soweit der GU die gesetzte Frist nicht einhält, sollten Sie am 05.12.2008 den Bauvertrag fristlos kündigen. Ratsam wäre es im Vorfeld noch mal den Bauvertrag auf mögliche Formerfordernisse für eine solche Kündigung zu prüfen. Soweit hier keine Besonderheiten vorliegen, kündigen Sie den Bauvertrag schriftlich und faxen die Kündigung an den GU und lassen zusätzlich die Kündigung durch einen Boten bei dem GU in den Briefkasten einwerfen.
Die Herausgabe des Versicherungszertifikat wir daran scheitert, dass die Gewerke nicht fertiggestellt sind und eine Hausübergabe durch den GU nicht erfolgen kann. Trotzdem sollten Sie bei der betreffenden Versicherung anfragen, ob überhaupt ein entsprechender Versicherungsschutz beantragt wurde. Sollte dies nicht der Fall sein, sollten Sie durch einen Kollegen die Möglichkeit der Strafanzeige wegen Betruges prüfen lassen.
Ihre Schadensersatzforderungen sollten Sie zunächst dokumentieren und auch Nachweise hierzu sammeln. Hinsichtlich der Mietkosten können Sie diese nach meinem Verständnis erst ab dem 11.01.2009 bzw. 31.01.2009 ansetzen, da zu diesem Zeitpunkt erst ein Bezug des Hauses möglich gewesen wäre. Für die Fahrtkosten sollten der Grund der Fahrt notiert werden. Bereitstellungszinsen sind insoweit nicht ersatzfähig, da Sie bei ordnungsgemäßer Fertigstellung auch früher hätten zahlen müssen und Vertragszinsen hätten leisten müssen. Der Schaden besteht hierbei in der Mietzahlung. Die Kosten für die Kinderbetreuung und ein 2. Auto werden hierbei nur schwerlich als Schaden bezifferbar sein und geltend gemacht werden können.
Den Schadensersatz sollten Sie nach der Kündigung geltend machen. Soweit der GU Insolvenz beantragt und das Verfahren eröffnet wird, sollten Sie Ihre Forderung zur Insolvenztabelle anmelden. Hierfür erhalten Sie von dem Insolvenzverwalter entsprechende Vordrucke. Hierbei müssen Sie Ihre Forderungen ggfs. durch Nachweise belegen.
Aufgrund der Kündigung können Kosten dadurch entstehen, dass die Gewerke bei anderen Anbietern teurer sind. Soweit der GU auf Ihre Fristsetzung nicht reagiert und die Fertigstellung durch die Bonität des GU in weite Ferne gerückt ist, sollten Sie nach Ablauf der gesetzten Frist die Kündigung aussprechen.
Aufgrund der zu beachtenden Formalien empfehle ich für die weitere Vorgehensweise einen Kollegen einzuschalten.
Ich hoffe Ihnen einen ersten Überblick verschafft zu haben.
Mit besten Grüßen
Antwort
vonRechtsanwalt Marcus Schröter, MBA
Hochwaldstraße 16
61231 Bad Nauheim
Tel: 06032/5074509
Web: https://www.rechtsanwalt-schroeter.de
E-Mail:
Rechtsanwalt Marcus Schröter, MBA
Vielen Dank für Ihre schnelle Antwort.
Einige Sachen sind uns dennoch nicht ganz klar geworden:
- Haben wir uns bis jetzt korrekt verhalten?
- Was ist, wenn der GU die Frist einhält?
- Haben wir uns bezüglich der Mahnungen richitg verhalten?
- Mit "entstehen uns weitere Kosten" und "haben wir uns bis jetzt korrekt verhalten" meinten wir vor allem folgendes:
Wie oben beschrieben, werden die Kosten für die Gewerke bis zur ordunungsgemäßen Fertigstellung nach Kalkulation unseres Bauleiters höher ausfallen als der Restbetrag der uns noch zur Verfügung steht. Dies resultiert daraus, das wir 54% der Herstellungskosten nach Zahlungsplan schon gezahlt haben. Darin enthalten sind anteilmäßig, nach Aussage des GU, auch schon Gelder für die Erdwärmeheizung und die Gewährleistungsversicherung. Dafür haben wir bis jetzt keine Gegenleistung erhalten. Wenn wir auch die kommenden Raten für die Putzarbeiten nicht zahlen würden, hätten wir diese bereits geleisteten Zahlungen in etwa wieder drin. Steht uns diese Handlungsweise zu oder sind wir an den Zahlungsplan gebunden?
Laut Bauleiter haben wir nach BGB das Recht bei genanntem Bauverzug 10 % der Bausumme wegen nicht fristgerechter und ordnungsgemäßer Vertragserfüllung einzubehalten und das 3-fache der zur Mängelbeseitigung nötigen Ausgaben. Stimmt das?
- Wenn wir Ihre Antwort richtig verstanden haben können wir ab dem 06.12.08 also Schadensersatz für die Miete und Fahrtkosten geltend machen. Einen Bauverzug von ca.15 Wochen vorausgesetzt, wären das also 4 x die Miete, 4 x die monatlichen Fahrtkosten meines Mannes zur Arbeit, da er ab Einzug mit der Bahn fahren wird und die Kosten dafür zu 100 % vom Arbeitgeber übernommen werden, und 4 x die monatlichen Fahrtkosten meiner Kinder zum Kindergarten, da diese mittlerweile am neuen Wohnort zum KIGA gehen. Ist das richtig so? Eine Fertigstellung nach vertraglichem Termin ist auf gar keinen Fall mehr möglich. Sollte der GU Insolvenz anmelden werden wir wohl nichts mehr bekommen und müssen vor allem die Doppelbelastung Miete / Darlehen weitere 3-4 Monate tragen. Das ist nicht zu schaffen!
Besteht die reelle Möglichkeit, das Geld noch vor Insolvenz einzufordern oder ist möglich dies mit den bisherigen Zahlungen / Leistungen gegenzurechnen?
- Bei der Versicherung haben wir schon nachgefragt. Diese will oder darf laut einem Mitarbeiter keine Auskunft geben.
Ihren Rat befolgend, werden wir uns Anfang kommender Woche mit einem Anwalt hier vor Ort zusammensetzten und die Sache angehen. Bis dahin wäre es für uns sehr hilfreich, wenn Sie uns die offenen Punkte noch kurz erläutern könnten, damit wir, falls der GU das Gespräch mit uns vorher sucht, entsprechend argumentieren können.
Vielen Dank für Ihre Bemühungen! Dank Ihrer Antwort haben wir vergangene Nacht schon wieder etwas besser schlafen können.
Mit freundlichem Gruß
resi150703
Sehr geehrte Ratsuchende,
angesichts Ihrer Ausführungen dürften Sie noch keine Fehler begangen haben. Auch die Mahnung ist korrekt, wobei Sie den Bauvertrag vorbehaltlich der genauen vertraglichen Vereinbarung jederzeit kündigen können.
Aufgrund der Zeitverzögerung und der drohenden Insolvenz sollten Sie zunächst die Zahlungen für die Putzarbeiten einbehalten. Aufgrund der Verzögerung und nach erfolgter Kündigung sind Sie nicht mehr an den Zahlungsplan gebunden.
Die Minderung der vereinbarten Zahlung ergibt sich aus § 638 Abs. 3 BGB
. Darin heißt es:
(3) Bei der Minderung ist die Vergütung in dem Verhältnis herabzusetzen, in welchem zur Zeit des Vertragsschlusses der Wert des Werkes in mangelfreiem Zustand zu dem wirklichen Wert gestanden haben würde. Die Minderung ist, soweit erforderlich, durch Schätzung zu ermitteln.
Möglicherweise ergibt sich aus dem Bauvertrag etwas anderes.
Schadensersatz für die Miete wäre erst ab dem 10.01.2009 ansetzbar, bzw. erst nach dem 31.01.2009, da erst ab diesem Zeitpunkt bei fristgerechter Fertigstellung des Hauses die Miete nicht mehr angefallen wäre. Die zusätzlichen Fahrt- und Telefonkosten können Sie früher geltend, müssen aber hier entsprechende nachweise erbringen.
Hinsichtlich der Geltendmachung von Überzahlungen sollten Sie dies mit dem Kollegen erörtern. In jedem Falle sollten Sie bis zu dem Termin mit dem Kollegen keine Zahlungen an den GU mehr leisten.
Auch die Versicherung sollten Sie von dem Kollegen anschreiben lassen.
Wichtig ist für Sie jetzt den eigenen Schaden zu minimieren, falls von dem GU keine Bauleistungen und Rückzahlungen zu erwarten sind. Insoweit sollte der Bauvertrag nach Ablauf der gesetzten Frist hilfsweise gekündigt werden. Bereits vor dem Termin mit dem Kollegen sollten Sie sich nach alternativen Handwerker/Bauunternehmen umsehen, um kurzfristig mit dem Bau fortfahren zu können.
Mit besten Grüßen
Marcus Schröter
Rechtsanwalt