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Kündigung 1 Monat vor dem Ende der Probezeit - unmittelbar nach Meldung nach HinSchG

| 16. Mai 2024 15:57 |
Preis: 50,00 € |

Arbeitsrecht


Beantwortet von


20:13

Sehr geehrte Damen und Herren,

seit dem 15.01.2024 stehe ich als Reinigungskraft in den Diensten einer Hotel-Gruppe. Meine Probezeit endet nach Ablauf von 5 Monaten. Obwohl ich im Rahmen eines Probezeitgesprächs erst am 12.04.2024 auf dem Bewertungsbogen bescheinigt bekommen habe, dass ich "sehr gründlich arbeite, wenn ich wisse, was zu tun ist" und die Abteilungsleitung die Frage "Würden Sie aus aktueller Sicht den MA nach der Probezeit weiter beschäftigen" mit einem "JA" bestätigte, wurde mir gestern ordentlich im Rahmen der 2-wöchigen Kündigungsfrist zum 31.05.2024 gekündigt.

Ich selbst habe am 11.05.2024 über das im Hotel eingerichtete Whistleblowing-System eine Meldung nach HinSchG abgesandt. Der Eingang wurde mir von einer beauftragten RA-Kanzlei bestätigt. Es hieß, man habe 3 Monate Zeit, den Vorfall zu prüfen. Ist ok.

Gegenstand meiner Meldung nach HinSchG war der Umstand, dass mich ein männlicher Kollege z.B. als "Loverboy" während der Dienstzeit vor Dritten betitelte und auch sonst oftmals den Respekt vermissen ließ. Ferner habe ich deutlich gemacht, dass der Kollege oft vulgär ist und z.B. seine Hand beim Sprechen (vor Dritten) obszön bewege (vgl. Masturbation). Außerdem habe ich zur Anzeige gebracht, dass eine andere Mitarbeiterin, die ein wenig mehr Befugnisse als ich hatte, sich oft unmenschlich verhielt, u.a. hat sie sich darüber echauffiert, dass ich "nach fast 6 Monaten immer noch kein Deutsch spreche, und ich hier nicht Arbeiten könne". Ich habe im Rahmen meiner Bewerbung damals darauf hingewiesen, dass ich eine logopädische Einschränkung habe - im Rahmen meiner Meldung nach HinSchG habe ich verdeutlicht, dass eine (echte) sekundäre Lernbehinderung vorliegt und man mir aufgrund dessen ein Namensschild gab, dass keine Deutsche Flagge trug, sondern eine britische. Nur eine Kollegin mobbte mich und zwang mich immer wieder Deutsch zu sprechen, obwohl ich es nicht kann. Ich habe mich nie getraut, meine mit einem GdB von 30 anerkannte Behinderung öffentlich zu machen (Lesen, Sprechen, Hören) - so heisst es in meinem Arbeitsvertrag unter einem Punkt:

Der AN erklärt, nicht schwerbehindert zu sein. Aus meiner Sicht absolut unzulässig.

Unmittelbar nach Erhalt der Kündigung habe ich den Ombudsmann angerufen, der sichtlich erstaunt über die Kündigung war und ich habe ihn so verstanden, dass das Hotel - ungeachtet der Tatsache, dass ich in der Probezeit bin - mich nicht hätte kündigen dürfen.

Ich habe den Weg über das HinSchG gewählt, weil ich meine Abteilungsleiterinnen nicht reinziehen wollte und weil ich beschämt war. im Kündigungsgespräch hieß es gestern seitens HR-Chefin und Abteilungsleiterin, dass man Probleme "zuerst intern löse" und nicht so. Auch das sehe ich anders, wenn mögliche Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten im Raum stehen.

Sehen Sie Chancen, dass eine Kündigungsschutzklage Chancen hat? Könnte man die Firma anzeigen wegen "Repressalie" im Umgang mit der Meldung an das Whisteblowing-System? Löst der Vorfall evtl. Ansprüche nach AGG aus?

Nun könnte man meinen, dass die Kündigung und die Meldung nach HinSchG nicht kausal sei - doch sehe ich das anders.

16. Mai 2024 | 16:22

Antwort

von


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Ich sehe in Ihrem Fall durchaus Ansatzpunkte, gegen die Kündigung vorzugehen:
1. Kündigungsschutzklage: Grundsätzlich kann in der Probezeit das Arbeitsverhältnis ohne Angabe von Gründen mit der vertraglich vereinbarten Frist (meist 2 Wochen) gekündigt werden. Allerdings darf die Kündigung nicht treuwidrig oder diskriminierend erfolgen. Hier könnte man argumentieren, dass die Kündigung eine Reaktion auf Ihre Meldung nach dem Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) war und daher treuwidrig ist. Zudem scheint es so, als ob die Kündigung auch im Zusammenhang mit Ihrer Behinderung stehen könnte. Beides wären unzulässige Kündigungsgründe. Eine Kündigungsschutzklage hätte daher durchaus Aussicht auf Erfolg. Wichtig ist, die 3-Wochenfrist ab Zugang der Kündigung zu beachten.
2. Verstoß gegen das Maßregelungsverbot: Das HinSchG verbietet Repressalien gegen Hinweisgeber. Wenn die Kündigung eine Reaktion auf Ihre Meldung war, läge darin ein Verstoß gegen § 36 HinSchG. Dies könnte Schadensersatzansprüche auslösen.
3. Ansprüche nach AGG: Wenn die Kündigung mit Ihrer Behinderung zusammenhängt, kämen auch Ansprüche wegen Diskriminierung nach dem AGG in Betracht, insbesondere Entschädigung und Schadensersatz.
4. Anfechtung wegen Irrtums: Die Erklärung im Arbeitsvertrag, nicht schwerbehindert zu sein, könnte einen Anfechtungsgrund wegen Irrtums darstellen. Damit wäre der gesamte Arbeitsvertrag unwirksam.
Ich empfehle Ihnen dringend, sich zeitnah anwaltlich beraten zu lassen und die Kündigungsschutzklage fristgerecht zu erheben. Auch die anderen Ansprüche sollten geprüft werden. Scheuen Sie sich nicht, Ihre Rechte durchzusetzen. Der Arbeitgeber hat sich hier nicht korrekt verhalten.
Ich hoffe, meine Einschätzung hilft Ihnen weiter. Viel Glück und Alles Gute


Rückfrage vom Fragesteller 21. Mai 2024 | 19:55

Danke, lieber Herr RA! Offensichtlich gibt es noch keine Urteile dazu. Letzte Frage: woran könnte sich der Schadensersatz, den man fordert, orientieren?

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 21. Mai 2024 | 20:13

Die Gesetzgebung dazu ist noch relativ neu. Daher finden Sie dazu bis dato auch keine Rechtsprechung. Die Fälle kommen jetzt so langsam erst auf.

Bei Verstößen gegen das AGG gibt es beispielsweise einen Fall mit 900 Euro Entschädigung wegen Diskriminierung bzgl. der Hautfarbe.
https://oberlandesgericht-stuttgart.justiz-bw.de/pb/,Lde/8977540/?LISTPAGE=8977272

Eine andere Quelle geht von 1,5 Gehältern als Normalfall aus - wobei es hier um Diskriminierung bei einer Einstellung für einen Job geht.

Also so in diesem Bereich könnten Sie sich ggf. bewegen.

Bei einer ungerechtfertigten Kündigung sagt § 37 HinSchG – Schadensersatz nach Repressalien

"(1) Bei einem Verstoß gegen das Verbot von Repressalien ist der Verursacher verpflichtet, der hinweisgebenden Person den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen."

Sie wurden hier ggf. zu Unrecht in der Probezeit gekündigt. Man könnte argumentieren, wenn die Kündigung insgesamt unwirksam war, könnte man Sie nochmals aus anderen Gründen mit 2 Wochen Frist in der Probezeit kündigen. Dann wäre der Verdienstausfall für die 2 Wochen der Schadenersatz.

Zusätzlich ggf. noch ein geringes Schmerzensgeld wenn Sie daraus weitere Schäden erlitten haben.

Insgesamt also nicht viel, wobei es sehr schwer ist hier eine Prognose abzugeben. Beim AGG zum Bsp. kann ich nur einzelne Fälle nennen aber bindend sind diese nicht.
Beim HinSchG kann ich nur die 2 Wochen Frist in der Sie sonst bei einer erneuten, rechtmäßigen Kündigung weiter gearbeitet hätten als Maßstab nehmen.

Ich hoffe das gibt Ihnen eine Orientierung.
VG Schulze

Ergänzung vom Anwalt 4. Juni 2024 | 15:06

Würden Sie mir ggf. einen kleinen Gefallen tun und mal auf meiner Kanzleiseite bei Trust Pilot eine Bewertung abgeben?

Ich bin ihnen sehr dankbar bereits hier so eine tolle Bewertung abgeben zu haben.
Bei Trustpilot hätte es für mich den Effekt, dass ich dadurch bei Google leichter auffindbarer für neue Kunden mit meiner auch ganz neuen Kanzlei Seite werden würde. Sie helfen mir damit also sehr!
Mit den Bewertungen hier klappt das leider nicht und da liegt auch der Unterschied und Grund weshalb ich Sie hier nochmal frage. Ich wäre Ihnen da wirklich sehr dankbar. 2-3 Worte würden schon reichen oder einfach eine Kopie des Textes hier.

Viele Grüße Schulze

https://de.trustpilot.com/review/msadvocate.net

Bewertung des Fragestellers 25. Mai 2024 | 23:18

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