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Krankenkasse verweigert Erstattung der Kosten für Haushaltshilfe nach Geburt

1. April 2008 12:19 |
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Sozialversicherungsrecht


Beantwortet von


15:17

Stattgefunden hat die Geburt eines Kindes am 26. Dezember 2007. Nach überdurchschnittlichem Blutverlust der Mutter unter der Geburt bescheinigte die Entbindungshebamme die Notwendigkeit einer Haushaltshilfe für 14 Tage, damit sich der Kreislauf der Mutter stabilisieren kann. Auf diese Bescheinigung vertrauend, beantragte die betroffene Familie telefonisch Haushaltshilfe bei der Krankenkasse. Nach fernmündlicher Vorabzusage durch die Krankenkasse ohne nähere Besprechung der Hilfedauer suchte sich die Familie zwei Haushaltshilfen nacheinander für insgesamt 10 Werktage und vergütete 10 * 8 Stunden á 7,50 Euro. Im Nachhinein wurden die Anträge auf Haushaltshilfe inklusive der Nachweise über die konkret geleisteten Stunden schriftlich zur Krankenkasse eingereicht. Nunmehr weigert sich die Krankenkasse die Kosten der Haushaltshilfe über den 6. Tag hinaus zu ersetzen. Begründet wird dies damit, dass die Hebamme nur berechtigt sei, die Notwendigkeit der Haushaltshilfe für die ersten 6 Tage nach der Entbindung zu bestätigen. Dies scheint der jungen Familie widersprüchlich, wenn die Krankenkasse einerseits die Entbindung im Geburtshaus finanziell unterstützt und damit billigend hinnimmt, dass regelmäßig kein Arzt bei der Geburt dabei ist, gleichsam aber eine ärztliche Bescheinigung über den erhöhten Blutverlust unter der Geburt fordert. Unsinnig wäre ebenso von der ruhebedürftigen Mutter mit Kreislaufschwierigkeiten zu verlangen, mit Neugeborenem extra einen Arzt aufzusuchen, damit dieser den Blutverlust bescheinigt, den er nie sah. Die Hebamme verweist zudem auf Sozialgericht München Aktenzeichen S 19 KR 435/01, wonach das Verlangen der dort beklagten AOK Reutlingen nach Beibringung einer ärztlichen Bescheinigung in gleichlautendem Sachverhalt vollkommen unbegründet ist. Vielmehr ist die Beibringung einer ärztlichen Bescheinigung im Krankheitsfall notwendig, wobei eine Geburt und die damit einhergehende Schwächung des Körpers keine Krankheit darstellt. Kann die junge Familie bzw. die versicherte Mutter die Erstattung der Kosten für Haushaltshilfe verlangen und wenn ja, worauf kann sich die entsprechende Argumentation stützen? Leider konnte ich unter dem angeführten Aktenzeichen bislang kein Urteil oder einen Vergleich finden! Der Streitwert beläuft sich auf ca. 200 Euro.

1. April 2008 | 13:31

Antwort

von


(344)
Bolkerstr.69
40213 Düsseldorf
Tel: 0211/133981
Web: https://www.frag-einen-anwalt.de/anwalt/Rechtsanwalt-Jeremias-Mameghani-__l103855.html
E-Mail:

Sehr geehrter Ratsuchender,

ich bedanke mich für die eingestellte Frage, welche ich Ihnen aufgrund des geschilderten Sachverhalts gerne wie folgt beantworten möchte:

Anspruch auf eine Haushaltshilfe hat gem. § 199 der Reichsversicherungsordnung (RVO) i.V.m. § 38 Abs.4 SGB V , wenn aufgrund Schwangerschaft oder Endbindung die Weiterführung des Haushalts nicht möglich ist. Sofern dabei die Krankenkasse eine Haushaltshilfe nicht stellen kann, sind der Versicherten die angemessenen Kosten zu erstatten.

Die Verordnung der Haushaltshilfe durch die Hebamme ist grundsätzlich bei fast allen Krankenkassen in den ersten 6 Tagen nach der Geburt möglich. Benötigt die Frau darüber hinaus weitere Hilfe, so muss sie eine ärztliche Verordnung mit genauer Diagnose vorlegen. Hierüber gibt es zwar keine gesetzliche Regelung. Allerdings ermächtigt § 38 Abs.2 SGB V die Krankenkassen, per Satzung genauere Bestimmungen zu treffen. Es müsste also die Satzung Ihrer Krankenkasse geprüft werden und - sofern Sie eine gerichtliche Klärung suchen wollen - ggf. diese Satzung in dieser Bestimmung angegriffen werden.

Sofern Sie eine "Vorabzusage" der Krankenkasse erhalten haben, können Sie sich hierauf leider nicht berufen. Denn Sie haben insoweit keine konkrete Zusage erhalten bzgl. der Dauer. Zudem bedarf eine Zusicherung gem. § 34 Abs.1 S.1 SGB X der Schriftform.

Gerne bin ich bereit, die Satzung Ihrer Krankenkasse noch einmal zu überprüfen. Allerdings möchte ich Ihnen bereits an dieser Stelle mitteilen, dass ich Ihnen keine allzu große Hoffnung machen kann bzw. möchte. Letztlich würde wohl nur der Klageweg verbleiben, wobei es dann ein enormes Prozessrisiko geben würde.

Für eine kostenlose Nachfrage stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung. Ansonsten hoffe ich, dass ich Ihnen eine erste Orientierung geben konnte.

Mit freundlichen Grüßen

RA Jeremias Mameghani

Rechtsanwälte Vogt
Bolkerstr.69
40213 Düsseldorf
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Fax. 0211/324021


Rückfrage vom Fragesteller 1. April 2008 | 15:54

Vielen Dank für Ihre Antwort, doch soweit war mir das klar. Mir geht es insbesondere darum, dass im Urteilskommentar zum angeführten Urteil des SG München folgendes verlautet: „Das Sozialgericht München hat eindeutig erkannt, dass zwischen der Sechs-Tage-Frist des stationären Aufenthalts des § 197 RVO und dem Anspruch auf Haushaltshilfe nach der Geburt keinerlei Zusammenhang bestehe. Der Anspruch der Versicherten auf Haushaltshilfe nach § 199 RVO erstreckt sich somit auf die gesamte Schwangerschaft und das gesamte Wochenbett, sofern die Schwangere oder Wöchnerin aufgrund ihrer Schwangerschaft oder Geburt nicht in der Lage ist, ihren Haushalt zu führen. Ferner folgt: „Auch die hie und da [...] vertretene Ansicht, die Hebamme sei nur während der ersten sechs Tage befugt, eine [...,Bestätigung über die Notwendigkeit einer Haushaltshilfe, d.A.] zu erteilen, ist [...] völlig abwegig.“ Problematisch ist lediglich, dass ich das Urteil im Original nirgendwo finde. Zudem ist fraglich, ob das Aktenzeichen richtig ist, denn normalerweise müsste das AZ auf /03 enden, weil die letzten zwei Ziffern nach Auskunft des SG München die Jahreszahl bilden und das Urteil laut Pressebericht vom 12.02.2003 ist. Dass die Krankenkassen bestimmte Anforderungen in die Satzung schreiben können, ist zwar richtig, doch der Urteilsverlaut stellt das als abwegig dar. Doch wo ist das zugehörige Urteil und muss sich dann nicht auch Ihre Einschätzung ändern? Leider wurde mir nur ein Artikel aus der Hebammenzeitschrift von unserer Hebamme zur Verfügung gestellt, so dass ich nicht prüfen kann, woher das Urteil wirklich ist und von wann. Die normale Auslegung der Rechtslage findet sich leider überall, aber die besonderen Implikationen der Münchner Entscheidung scheinen wenig Berücksichtigung gefunden zu haben, sofern das URTEIL oder ein Vergleich oder sonstwas überhaupt besteht! Wie lässt sich das nun absichern?

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 3. April 2008 | 15:17

Sehr geehrter Ratsuchender,

zunächst bitte ich die Verzögerung bei der Beantwortung Ihrer Nachfrage zu entschuldigen. Hierauf erlaube ich mir, Ihnen nach umfangreicher Recherchearbeit folgendes mitzuteilen:

Die Bescheinigung einer Hebamme ist grundsätzlich nicht ausreichend, da für die Erforderlichkeit regelmäßig eine medizinische Begutachtung des Gesundheitszustands der Kindesmutter erforderlich ist. Die Krankenkasse kann daher (muss sie aber nicht) eine Bescheinigung einer Hebamme zurückweisen und eine ärztliche Bescheinigung verlangen. (vgl. Rancke, Mutteschutz, 1.Auflage § 15 MuSChG Rn.18).Hier ist insoweit auf die einzelne Krankenkasse sowie den Einzelfall abzustellen.

Dies resultiert u.a. aus der Systematik, dass es auch an andere Stelle das zwingende Erfordernis für die Attestierung durch einen Arzt gibt. So muss auch bei Beschäftigungsverboten für werdende Mütter bei Gefahr von deren Leben oder Gesundheit zwingend ein Arzt die Bescheinigung ausstellen (vgl. Zmarlek u.a., 9.Auflage, § 3 MuSchG Rn.8)

Letztendlich müsste die individuelle Bestimmung Ihrer Krankenkasse geprüft werden. Zumeist lassen diese zumindest für die ersten sechs Tage die Bescheinigung einer Hebamme ausreichen.

Sofern Sie das Ihnen bekannte Urteil des SG München angesprochen haben, habe ich dieses leider auch in einer mehrstündigen Recherchearbeit nicht finden können. Aus Ihrer Zitierung geht jedoch hervor, dass überwiegend eine andere Rechtsfrage Gegenstand des Verfahrens war. Es wird nämlich in Rechtsprechung und Literatur darüber diskutiert, ob die 6-Tages-Frist des § 197 RVO, welche einen so lange andauernden Anspruch auf einen stationären Aufenthalt bei der Entbindung gibt, bzgl. der Frage nach der Dauer der Gewährung einer Haushaltshilfe angewendet werden kann. Dies wird jedoch nach einhelliger Meinung verneint, da in letzterem Fall auf die individuelle Situation v.a. der Kindesmutter abgestellt werden muss.

Mit freundlichen Grüßen

RA J.Mameghani

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