Sehr geehrter Ratsuchender,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich anhand des von Ihnen geschilderten Sachverhalts wie folgt summarisch beantworten möchte:
1.Hat P gegenüber K eine Handhabe, die Zahlung der Rechnung zu verweigern, mit der Begründung, dass sie keine Möglichkeit hatte, die möglichen Probleme bei der Kostenübernahme voraus zu sehen, da P nicht wusste, dass es um eine Sterilitätsabklärung ging?
Der Arzt hat entgegen der offenbar vertraglich vereinbarten Chromopertubation mit Laparoskopie eine Sterilitätsabklärung durchgeführt. Wie für jeden Vertrag gelten auch für den Behandlungsvertrag die allgemeinen Grundsätze für das Zustandekommen von Verträgen. Das heißt es müssen zwei zugangsbedürftige Willenserklärungen vom Patienten und dem Arzt abgegeben werden (§§ 311, 145 ff, 130 BGB). Der Patient oder der Arzt muss ein Angebot machen (§ 145 BGB
). Der Vertragpartner muss dieses Angebot annehmen (§ 151 BGB
). Erst mit dem Zugang der letzten Willenserklärung ist der Vertrag zustande gekommen, wenn die Willenserklärungen wirksam sind (§§ 105 ff, 116 ff BGB) und übereinstimmen (§ 155 BGB
). Die Willenserklärungen müssen dabei alle für den Behandlungsvertrag relevanten Regelungen enthalten, wie etwa die Art der Untersuchung oder Behandlung etc.pp.
Vorliegend hat der die P behandelnde Arzt offensichtlich nicht ordnungsgemäß über die Art und den Sinn und Zweck der von diesem durchgeführten Untersuchung aufgeklärt. Er hat eine Abklärung der Sterilität durchgeführt obwohl er der P gegenüber eine auf die Tumoroperation folgende medizinische Notwendige Chromopertubation mit Laparoskopie zwecks Auffindens möglicher Adhäsionen in Aussicht stellte, deren Kosten im übrigen von der PKV übernommen worden wären. P und K einigten sich auf die Durchführung einer Chromopertubation mit Laparoskopie. Eine Sterilitätsabklärung wurde mithin nicht Vertragsgrundlage, was zum Ergebnis führt, dass K jedenfalls aus Behandlungsvertrag keinen Anspruch auf Honorar für die Sterilitätsabklärung hat. Die P kann sich somit auf den Standpunkt stellen, dass zwischen ihr und K vertraglich keine Sterilitätsabklärung vereinbart wurde.
2.Falls P die Zahlung verweigert, was sind dann die rechtlichen Möglichkeiten von K? Wie reagiert P darauf am besten? Kann es zu einer Gerichtsverhandlung kommen?
Für den Fall, dass P die Zahlung verweigert, wird K wohl nach dem Durchlaufen des Mahnverfahrens notfalls den Klageweg beschreiten, was bedeutet, dass es zu einer Gerichtsverhandlung für den Fall kommen könnte, dass P hierauf nicht zahlt oder Widerspruch gegen den Mahnbescheid einlegt. Auch kann K für den Fall, dass P gegen den Mahnbescheid keinen Widerspruch einlegt, sofort einen Vollstreckungsbescheid erwirken, der, sofern P keinen Einspruch gegen diesen einlegt, die Grundlage für Vollstreckungsmaßnahmen darstellt.
Legt P keinen Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid ein, sodass dieser formell und materiell rechtskräftig wird, so kann sie bei Drohen von Vollstreckungsmaßnahmen diese anhand einer Vollstreckungsgegenklage (§ 767 BGB
) abwehren, indem sie die oben dargelegten Ausführungen bezüglich der fehlenden Einigung zur Durchführung einer Sterilitätsabklärung darlegt, auch in diesem Fall käme es zu einer Gerichtsverhandlung, woei die P dann Klägerin wäre.
Legt P gegen den Vollstreckungsbescheid aber Einspruch ein, so wird die Sache an das Gericht abgegeben. Das heißt es kommt dann zur Gerichtsverhandlung, §§ 338
, 340 ZPO
.
Ich hoffe ich konnte Ihnen mit diesen Ausführungen weiterhelfen und wünsche Ihnen in dieser Angelegenheit jedenfalls noch alles Gute
Mit freundlichen Grüßen
Marksen Ouahes
(Rechtsanwalt)
Guten Tag,
vielen Dank für Ihre Antwort. Ich bin grundsätzlich zufrieden, aber ich habe zu beiden Teilen eine Nachfrage:
1. Leider haben Sie einen entscheidenden Punkt meiner Beschreibung missverstanden, wobei ich natürlich nicht ausschliessen möchte, dass das an meiner komplizierten Formulierung liegt. Auf jeden Fall: Eine Chromopertubation mit Laparoskopie IST genau eine Abklärung auf Sterilität (einer gewissen Art zumindest). Es wird dabei Flüssigkeit in den Eileiter gespeist und überprüft, ob diese auf der anderen Seite wieder heraus läuft. Wenn es nun eben zu Adhäsionen im Eileiter gekommen wäre, würde dieser Durchgang nicht mehr offen liegen.
Das heisst, der Arzt hat schon die Prozedur angepriesen, die schlussendlich auf der Rechnung steht, aber zur Begründung hat er nicht ausreichend darüber informiert, dass es sich dabei um die selbe Abklärung handelt, die auch bei einer Frau ohne Vorgeschichte zur Überprüfung einer Sterilität durchgeführt wird. Das Stichwort "Sterilität" kommt in allen Dokumenten, Berichten, etc... zuhauf, aber in den mündlichen Besprechungen gar nicht vor. Was P natürlich auch bemängelt, ist dass K die Versicherungsunterlagen von P kannte, und sich bei allem Fach- und Fallwissen nicht ein Mal dazu durchgerungen hat, der Patientin zu sagen "hören sie mal, sie sollten das zuerst abklären, ob das von V gedeckt wird". Im Gegenteil, es hiess immer "kein Problem, kein Problem".
Ändert sich dadurch ihre Antwort, oder kann man sich immer noch auf das allgemeine Vertragsrecht berufen?
2. Verstehe ich das richtig... solange P bis spätestens nach Erhalt des Vollstreckungsbescheides Einspruch erhebt, muss K die Klage anstrengen? Danach müsste P die Gegenklage gegen die Vollstreckungsmassnahmen anstrengen?
Vielen Dank schon im Voraus für die Nachbearbeitung. Ich verbleibe mit freundlichen Grüssen.
Sehr geehrter Fragensteller,
Vor dem Hintergrund Ihrer nunmehr näher konkretisierten Frage rückt der Fokus der rechtlichen Würdigung in die Richtung der Frage, ob K die ihn aus dem Behandlungsvertrag treffende Nebenpflicht zur wirtschaftlichen Aufklärung pflichtgemäß durchführte.
1. Im Rahmen des Verhältnisses Arzt – Selbstzahler hat sich bezüglich der Frage nach dem Umfang der wirtschaftlichen Aufklärung in der Rechtsprechung die Meinung durchgesetzt, dass eine wirtschaftliche Aufklärungspflicht der Leistungserbringer bei Selbstzahlern grundsätzlich nicht gegeben ist, da nur diese selbst über den von ihnen abgeschlossenen Versicherungsschutz informiert sind und es dem Pflichtenkreis des Behandlers nicht zuzurechnen ist, sich über die versicherungsvertragliche Absicherung des Patienten betreffend der Übernahme der Behandlung - bzw. Untersuchungskosten zu informieren (Bach/Moser PKV; OLG Köln NJW 1987, 2304
). Hier liegen die Umstände jedoch anders. Vorliegend muss nämlich beachtet werden, dass K zum Einen die Versicherungsunterlagen der P kannte und es ihm – wie Sie zu Recht sagen – hätte u.U. einleuchten müssen, dass die Kosten einer Sterilitätsabklärung, von der Krankenkasse der P voraussichtlich nicht übernommen werden. Zum Anderen hat die P aber explizit die Frage nach der Erstattungsfähigkeit der Kosten für die Untersuchung gestellt. Jedenfalls durfte der Arzt auf diese Frage nicht ungeprüft ins Blaue hinein die Übernahme der Kosten durch die Versicherung bejahen und gleichsam sogar noch nachdrücklich versichern. Denn wenn sich dem K aufgrund besonderer Umstände (Versicherungsunterlagen) erschließt, dass die von P vereinbarten Leistungen möglicherweise oder sogar definitiv nicht vom Versicherungsschutz gedeckt sind, hätte K die P hierüber aufklären müssen, insbesondere aber die Frage der P nicht lapidar bejahen dürfen. Aufgrund dieser fehlerhaften Aufklärung ist der P ein hierauf kausal zurückzuführender Schaden in Höhe der Gebührenforderung entstanden (§§ 311 II, 241 II, 280 I). Dieser Forderung kann P daher die nicht ordnungsgemäß erfolgte wirtschaftliche Aufklärung entgegensetzen.
2. Darüber hinaus sollte m.E. auch der Frage nachgegangen werden, ob die Krankenkasse der P tatsächlich zu Recht die Übernahme der Kosten für die Untersuchung verweigerte. Denn Die Voraussetzung für die Annahme des Versicherungsfalles in der PKV ist gem. § 1 Abs. 2 Satz 1 MB/KK die „medizinische Notwendigkeit" der jeweiligen Behandlung/ Diagnostik, die m.E. hier gegeben ist. Diese liegt im vorliegenden Fall unter Bezugnahme der ärztlichen Dokumentation aufgrund der Adhäsionsbildung, die mit jeder Operation einhergeht und u.U. nachteilige gesundheitliche Folgen nach sich zieht, wohl vor.
3. Verstehe ich das richtig... solange P bis spätestens nach Erhalt des Vollstreckungsbescheides Einspruch erhebt, muss K die Klage anstrengen? Danach müsste P die Gegenklage gegen die Vollstreckungsmassnahmen anstrengen?
- Wenn der Vollstreckungsbescheid erlassen und ihr zugestellt wurde, hat P die Möglichkeit Einspruch einzulegen und damit den Übergang in das streitige Gerichtsverfahren zu erreichen. Der Übergang in das streitige Verfahren vollzieht sich dabei mit dem durch P einzureichenden Einspruch, §§ 338
, 343
ff. ZPO. Eine Klage der K ist hierbei nicht mehr notwendig, denn eine gerichtliche Entscheidung (im Rahmen einer Verhandlung) über den Anspruch der K erfolgt dann nach Einlegung des Einspruchs.
- Legt die P gegen den Vollstreckungsbescheid innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung des Vollstreckungsbescheids keinen Einspruch gegen diesen ein, erwächst dieser in Rechtskraft (Folge: Vollstreckungsbescheid ist nicht mehr mit einem Einspruch angreifbar; nur noch über eine sog. Vollstreckungsgegenklage). K kann aus diesem Vollstreckungsbescheid vollstrecken. P hat aber schon zum Zeitpunkt der Zustellung des Vollstreckungsbescheids, also schon zu einem Zeitpunkt, indem von K keine Vollstreckungsmaßnahme durchgeführt werden, die Möglichkeit eine sog. Vollstreckungsgegenklage einzureichen (§ 767 ZPO
). P muss nicht etwa abwarten bis K Vollstreckungsmaßnahmen durchführen lässt.
Ich hoffe ich konnte Ihnen mit diesen Ausführungen weiterhelfen. Sollten Sie weitere Fragen haben können Sie mich gerne unter meiner Email kontaktieren.
Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Tag.
Mit freundlichen Grüßen
Marksen Ouahes - Rechtsanwalt