Willkommen beim Original und Testsieger.
Online seit 2004, mit über 140.000 Fragen & Antworten. 
00.000
Bewertungen
0,0/5,0
Günstige Rechtsberatung für alle.
Anwalt? Mitmachen

Kostenerstattung bei Freispruch für den Angeklagten

19. Mai 2023 17:56 |
Preis: 50,00 € |

Strafrecht


Beantwortet von

Rechtsanwalt Helge Müller-Roden

Guten Tag,
ich hätte eine kurze Frage. Mir wurde kürzlich aufgrund einer komplett falschen Anschuldigung eines durchgedrehten Ordnungsamtsmitarbeiters vorgeworfen, ich hätte "Widerstand gegen die Staatsgewalt" geleistet und vorgehabt ihm schwere Körperverletzung zuzufügen, indem ich mein Auto gestaetet und angefahren sei, obwohl er sich mir in den Weg gestellt hätte.

Fakt ist, daß dieser Mann nachweislich keine Befugnis hatte so eine Handlung zu vorzunehmen und auch kein Anlaß bestand , da er nicht hochheitsberechtigt war und unrechtmäßig meine Personalien verlangt hatte. Er hat außer seiner Kollegin, die als befangen eingestuft werden kann keine Zeugen. Für mich aber haben 2 ausgesagt. Der eine, der garnicht gesehen hat, was sich vor dem Auto abgespielt hat und der andere genau gesehen hat, daß sich mein Auto nicht in Bewegung gesetzt hat.

Zudem konnte der Kläger sich an diese Begebenheit, die schon drei Jahre her ist und erst jetzt ein Verfahren gestartet wurde, kaum erinnern und erst recht nicht, daß ich ihn angefahren hätte. Daraufhin gab es einen Freispruch.

Etwas später habe ich nur durch Zufall von dem RA erfahren, daß ein Berufungsverfahren eingeleitet wurde, dessen Begründung natürlich nicht bekannt ist und insgesamt angesichts des Sachverhalts wohl ein Witz. Der anwesende Staatsanwalt war , der mir während der Verhandlung keine Fragen gestellt hat, war angeblich nur ein Assessor !

Nachdem mein RA mich nicht darüber aufgeklärt hat, daß ich die Verfahrenskosten bei Freispruch jedenfalls teilweise erstattet bekomme, habe ich ihn daraufhin angeschrieben . Nun erklärt er mir, daß ich diese Erstattung der ersten Instanz, was ja ein Verfahren für sich ist, erst erstattet bekommen kann, wenn das Berufungsverfahren gelaufen ist. Das Ganze ist mittlerweile 3 Monate her.

Meine Frage ist, ob sich das so verhält, was mir nicht gerechtfertigt vorkommt und ob es möglich ist, daß ich als Angeklagte auch selbst das Berufungsgericht anschreiben und den Stand der Dinge erfragen kann. Den RA würde ich eh wechseln wollen, da es allerhand Dinge gibt, die da gelaufen sind die ich schon etwas merkwürdig finde und mir nicht das Gefühl geben, daß dieser nur in m einem Interesse gehandelt hat. Wäre schön, wenn ich einen Rat bekommen könnte.

Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:

Grundsätzlich besteht bei einem Strafverfahren bei dem eine Hauptverhandlung durchgeführt wurde und ein Freispruch erfolgt ist Anspruch auf Erstattung der eigenen RA-Kosten:

§ 467 Strafprozeßordnung (StPO) regelt die Kosten und notwendige Auslagen bei Freispruch, Nichteröffnung und Einstellung:

„(1) Soweit der Angeschuldigte freigesprochen, die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen ihn abgelehnt oder das Verfahren gegen ihn eingestellt wird, fallen die Auslagen der Staatskasse und die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse zur Last."

Bei einer Einstellung kann das Gericht aber davon absehen die notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen, wenn das Verfahren wegen einer Ermessensvorschrift eingestellt worden ist (§ 467 Abs. IV StPO).

Zu den von der Staatskasse gem. § 467 Abs. I StPO zu erstattenden notwendigen Auslagen im Falle eines Freispruchs gehören die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts (§ 464a Abs. II Nr. 2 StPO) soweit sie nach § 91 Abs. II ZPO zu erstatten sind.

Mit der Urteilsverkündung endet das Strafverfahren in der ersten Instanz incl. der Entscheidung über die Kosten.

Bei der Kostenentscheidung wird über die Kostentragungspflicht dem Grunde nach entschieden.

In welcher Höhe der danach Kostenpflichtige die Kosten zu tragen hat, wird später im Kostenansatzverfahren (§ 3 GKG) entschieden.

Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich entstandener notwendigen Auslagen sind dann von der Staatskasse zu tragen, wenn die Berufung Erfolg hatte (§ 473 Abs. III StPO).

Grundsätzlich hätte Ihr Anwalt bereits beantragen können und müssen, dass die Kosten von der Staatskasse ersetzt werden und seine Rechnung gleich einreichen können, um Sie zu entlasten. Denn er konnte ja nicht wissen, dass Berufung eingelegt werden wird.

Andrerseits ist es wahrscheinlich dass im vom RA eingeleiteten Kostenfestsetzungsverfahren die Berufung abgewartet werden soll, um unnötige Ansprüche auf Erstattung zu vermeiden.

Sofern Ihr Anwalt Sie nicht über die Berufung selbst informiert hat und Sie auch nicht über den Stand des Verfahrens, ist das m. E. nicht in Ordnung.

Sie können als Angeklagter aber selbst das Berufungsgericht anschreiben, um den Stand der Dinge zu erfragen. Es kann aber sein, dass Ihr Schreiben ignoriert wird.




Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen

Rückfrage vom Fragesteller 19. Mai 2023 | 20:04

Danke für Ihre ausführliche Antwort. Faktisch kann ich also auch ohne das Berufungsurteil abzuwarten, mir die Kosten für die erste Instanz auszahlen zu lassen, wenn ich Sie richtig verstanden habe. Oder?
MFG

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 19. Mai 2023 | 21:16

Da Sie nichts einbezahlt haben, wird Ihnen auch nichts ausbezahlt.

Sollten Sie bereits eine RA Rechnung bezahlt haben, kommt es darauf an, ob Sie eine Honorarvereinbarung abgeschlossen haben. Ansonsten müßte Ihnen der RA die Rechnung wieder erstatten. Aber das macht er auch erst, wenn Ihr Freispruch endgültig feststeht!

FRAGESTELLER 4. Oktober 2025 /5,0
Durchschnittliche Anwaltsbewertungen:
4,8 von 5 Sternen
(basierend auf 119006 Bewertungen)
Aktuelle Bewertungen
5,0/5,0
Vielen Dank für die ausführlichen Informationen. ...
FRAGESTELLER
5,0/5,0
Antwort war schnell und gut nachvollziehbar. Vielen Dank. ...
FRAGESTELLER
5,0/5,0
Vielen Dank, einer der Besten hier, wenn nicht sogar der Beste! Immer wieder gerne! ...
FRAGESTELLER