Sehr geehrter Fragesteller,
vielen Dank für Ihre Anfrage.
Sie mussten hier die Erfahrung machen, wie Hauptverhandlungen verlaufen können, wenn man sie allein ohne Rechtsanwalt bestreitet. Sofern Sie sich dazu entschliessen sollten, Berufung einzulegen, sollten Sie umgehend einen Anwalt beauftragen, der in einer Berufungshauptverhandlung Ihre Rechte wahrt.
Ich möchte Sie zunächst darauf hinweisen, dass die Berufung dem Gericht, das Sie verurteilt hat, innerhalb einer Woche nach Urteilsverkündung vorliegen muss. Bei einer Verurteilung am 10.10. bleibt daher nur wenig Zeit. Falls Sie in der Kürze der Zeit keinen Anwaltstermin erhalten, können Sie zunächst selbst Berufung einlegen, um die Frist zu wahren.
Ob Sie in einer Berufungshauptverhandlung freigesprochen werden, lässt sich aus der Ferne natürlich nicht abschließend beurteilen.
Zunächst bestehen hier Anhaltspunkte dafür, dass Sie (natürlich ungewollt) in erheblichem Maße durch Ihr Aussageverhalten zu Ihrer eigenen Verurteilung beigetragen haben, aber der reihe nach:
1. der Richter war nicht verpflichtet, Personalausweise zu verlangen, das sieht die deutsche Strafprozeßordnung nicht vor.
2. er war hingegen verpflichtet, zu Beginn der Verhandlung Ihre Personalien zu erörtern, weil dies sehr wohl in der Strafprozeßordnung vorgesehen ist.
3. Wenn Sie geschwiegen hätten, was Ihr gutes Recht ist, wäre es schwer geworden Sie zu verurteilen, da Ihre Tochter nach Ihren Angaben nicht ausgesagt hat. Im Ergebnis hätte Sie daher in der Hauptverhandlung niemand belastet, weder Sie sch selbst noch Ihre Tochter Sie als Zeugin. Das hätte Ihre Verurteilung erschwert. So wie Sie die Situation geschildert haben, könnte der Richter Ihre Verurteilung auf Ihre eigene Aussagen, insbesondere das "hab ich erklärt das ich mich mit tochter gestitten habe und es liegt im natur des menschen das sie sich beim streiten nicht streicheln". Um dies abschließend zu klären, müssten aber die Urteilgründe und das Protokoll der Hauptverhandlung bekannt sein. Zwar gibt das Protokoll Ihre Aussagen nicht vollständig und wortwörtlich wieder, es hilft aber zumindest, das Gesagte in Teilen nachzuvollziehen.
Für Sie wäre es daher wesentlich besser gewesen, wenn Sie Ihr Schweigerecht genutzt hättten.
4. Falls Sie Ihre Frau selbst zu Verhandlung bestellt haben, damit sie als Zeugin aussagt, musste der Richter sie nicht anhören. Damit Ihr Frau als zeugin gehört wird, hätten Sie sie förmlich mittels Gerichtsvollzieher laden und diese dem gericht nachweisen müssen, weil dies die Strafprozeßordnung so vorsieht, oder Sie hätten die Ladung durch das Gericht erwirken müssen, indem Sie einen Beweisantrag gestellt hätten, der die Zeugenvernehmeung Ihrer Frau zum Gegenstand hat.
5. Gegen einen Freispruch in der Berufungshauptverhandlung spricht allerdings, dass Sie Ihre Tochter tatsächlich geschlagen haben und dieser Schlag, wenn das Auge davon geschwollen ist, auch heftig gewesen sein muss. Auch unter Erziehungsgesichtspunkten haten Sie hierzu kein Recht. Die deutsche Rechtsprechung diskutiert,ob ein erzieherischer "Klapps" toleriert werden kann, Schläge die das Auge zum schwellen bringen sind aber unzweifelhaft Körperverletzungen.
Ob Ihnen diese Köperverletztung in einer Berufungshauptverhandlung aber ebeut nachgewiesen werden kann, wenn ein Anwalt Ihre prozessualen Rechte wahrnimmt und Sie ein anderes Aussageverhakten wählen, müssen Sie mit dme von Ihnen zu wählenden Anwalt besprechen, wenn dieser die Urteilsgründe und die vollständige Ermittlungsakte mit dem Protokoll der Hauptverhandlung eingesehen hat.
Ich hoffe Ihnen auf diesem Weg eine erste rechtliche Orientierung emöglicht zu haben und verbleibe
Jens Jeromin
Rechtsanwalt
Antwort
vonRechtsanwalt Jens Jeromin
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Vielen dank für euren antwort, das hilft mir weiter.
Gerichtverhandlung ist z.b in München, und ich bin wohnhaft nähe Singen am Hohentwiel.
Soll ich einen Anwalt nähe Singen beauftragen, oder aus München z.b?
Sehr geehrter Fragesteller,
gerne beantworte ich Ihre Nachfrage.
Wichtig ist, dass Sie einen Anwalt wählen, der einen Schwerpunkt seiner Tätigkeit im Strafrecht hat. Ob dieser Anwalt sich an Ihrem Wohnort oder am Gerichtsort befindet, wird sich im wesentlichen bei seinen Kosten auswirken. Unter fachlichen Aspekten ist es gleichgültig, woher der Anwalt kommt.
Der Anwalt an Ihrem Wohnort wird höhere Fahrtkosten zum Gericht in Rechnung stellen, wobei Sie auf der anderen Seite höhere eigene Fahrtkosten hätten, wenn Sie zu einer Besprechung zum Anwalt am Gerichtsort reisen.
Mit freundlichen Grüßen
Jens Jeromin
Rechtsanwalt