Sehr geehrte Ratsuchende,
vielen Dank für Ihre Anfrage!
Nachfolgend möchte ich gerne unter Berücksichtigung Ihrer Sachverhaltsschilderung sowie Ihres Einsatzes Ihre Frage wie folgt beantworten:
1. Der Unterhaltsanspruch des Kindes kann sich nur gegen den Vater richten. Dabei ist der biologische Vater nicht gleich der Vater im rechtlichen Sinne.
Denn wenn ein Kind während bestehender Ehe geboren wird, gilt es nach der gesetzlichen Vermutung des § 1592 Nr. 1 BGB
der Ehemann der Mutter als Vater des Kindes.
2. Es wäre zunächst erforderlich, dass die Schein-Vaterschaft angefochten wird, um die o.g. gesetzliche Vermutung zu beseitigen.
Anfechtungsberechtigt sind u.a. die Mutter und der Ehemann. Der leibliche Vater nur dann, wenn er an Eides Statt versichert, dass er das Kind gezeugt habe.
Im Rahmen des Anfechtungsverfahrens kann dann die Vaterschaft anhand eines genetischen Abstammungsgutachtens geklärt werden.
Durch dieses Verfahren kann also die gesetzliche Vaterschaft Ihres Ehemannes aufgehoben werden.
Die Anfechtungsklage muss innerhalb von 2 Jahren, nachdem bekannt worden ist, dass der Ehemann nicht Vater sein wird, beim Familiengericht am Wohnsitz des Kindes eingeleitet werden.
3. Um die gesetzliche Vaterschaft Ihres Freundes zu begründen, bestehen nach dem Anfechtungsverfahren zwei Möglichkeiten.
Entweder er erkennt dann nach § 1594 BGB
die Vaterschaft freiwillig an und zwar in Form einer öffentlich-beurkundeten Erklärung, was beim Jugendamt oder Standesamt geschehen kann oder auch bei dem Familiengericht, bei dem die Vaterschaftsanfechtung anhängig ist (vor Abschluss des Anfechtungsverfahrens kann die Anerkennung jedoch nicht rechtswirksam abgebeben werden).
Wird der leibliche Vater nicht freiwillig tätig, dann kann seine Vaterschaft im Rahmen des Anfechtungsprozesses (s.o. unter 2) auch gerichtlich festgestellt werden.
4. Demnach ist es also möglich, durch Anfechtung der Schein-Vaterschaft und einer Vaterschaftsanerkennung durch Ihren Freund bzw. eine gerichtliche Vaterschaftsfeststellung im Anfechtungsprozess seine Verpflichtung zum Kindesunterhalt zu begründen.
Sie sollten daher zunächst die Vaterschaft anfechten
Da aber ggf. damit zu rechnen ist, dass Ihr bisheriger Freund die Vaterschaft nicht freiwillig anerkennt und zunächst auf Vaterschaftsfeststellung geklagt werden muss, ist darauf hinzuweisen, dass es zu finanziellen Engpässen während der Dauer des Verfahrens kommen kann.
Zwar ist gemäß § 1613 Abs. 2 BGB
ausnahmsweise möglich Unterhalt rückwirkend ab Geburt des Kindes geltend zu machen.
Während eines Vaterschaftsfeststellungsverfahrens schuldet der Beklagte jedoch noch keinen Unterhalt, da seine Unterhaltspflicht ja noch in der Schwebe ist.
Soweit es Ihnen möglich ist, sollten Sie daher Rücklagen bilden, um das Neugeborene versorgen zu können.
Wenn Sie aber mit dem Neugeborenen in einer eigenen Wohnung, also dauernd getrennt von Ihrem Ehemann leben, dann können Sie auch während des Vaterschaftsfeststellungsverfahrens an die Unterhaltvorschusskasse wenden, die dann vorläufig an Stelle des Kindesvaters Unterhalt leistet und die Beträge später von diesem zurückfordert.
Ich hoffe Ihnen eine erste rechtliche Orientierung ermöglicht zu haben und wünsche Ihnen viel Erfolg und alles Gute!
Ich möchte Sie gerne noch abschließend auf Folgendes hinweisen:
Die von mir erteilte rechtliche Auskunft basiert ausschließlich auf den von Ihnen zur Verfügung gestellten Sachverhaltsangaben. Bei meiner Antwort handelt es sich lediglich um eine erste rechtliche Einschätzung des Sachverhaltes, die eine vollumfängliche Begutachtung des Sachverhalts nicht ersetzen kann.
Ich hoffe, dass Ihnen meine Ausführungen geholfen haben. Sie können natürlich gerne über die Nachfrageoption mit mir Verbindung aufnehmen, wenn noch Unklarheiten bestehen.
Mit freundlichen Grüßen
Ingo Driftmeyer
Rechtsanwalt
Guten Morgen Herr RA Driftmeyer,
Vielen Dank erst einmal für Ihre ausführliche und hilfreiche Antwort!
Zitat:"Da aber ggf. damit zu rechnen ist, dass Ihr bisheriger Freund die Vaterschaft nicht freiwillig anerkennt und zunächst auf Vaterschaftsfeststellung geklagt werden muss, ist darauf hinzuweisen, dass es zu finanziellen Engpässen während der Dauer des Verfahrens kommen kann."
Über welchen Zeitrahmen sprechen wir im Durchschnitt?
Zitat:Zwar ist gemäß § 1613 Abs. 2 BGB
ausnahmsweise möglich Unterhalt rückwirkend ab Geburt des Kindes geltend zu machen:"
Bedeutet es dass ich es auf jeden Fall geltend machen kann oder dass es ein aufwendiges beantragen beim Anwalt/Gericht(?) ist?
Mein Noch-Ehemann fechtet auf jeden Fall die Vaterschaft an, dieses kann er meines Erachtens ja auch vor der Geburt machen, denn er ist des weiteren seit 11 Jahren sterilisiert und kann dieses auch nachweisen.
Grüße
Sehr geehrte Ratsuchende,
Ihre Nachfrage beantworte ich gern wie folgt:
1. Wird die Schein-Vaterschaft angefochten und in diesem Verfahren auch die Vaterschaft Ihres Freundes festgestellt, dann muss mit einer Verfahrensdauer von einem halben bis ein dreiviertel Jahr gerechnet werden.
2. Der Kindesunterhalt kann gegen Ihren Freund nicht eher geltend gemacht werden, als dessen Vaterschaft gerichtlich festgestellt wurde.
Bis dahin sind Sie aus rechtlichen Gründen gehindert, den Unterhalt geltend zu machen, so dass der Unterhalt für die Zeit von Geburt bis gerichtlicher Feststellung der Vaterschaft der Unterhalt nach § 1613 Abs. 2 BGB
nachgefordert werden kann.
Zahlt Ihr Freund nicht freiwillig, muss geklagt werden.
Sammeln sich aber Unterhaltsbeträge über z.B. ein halbes Jahr an, ist zu beachten, dass Ihr Freund diese nachträglich ggf. gar nicht mit einem Male begleichen kann, so dass auch eine Klage wenig sinnvoll ist, wenn der Freund nicht zahlungsfähig ist.
Deshalb ist es ratsam, sich bei Geburt des Kindes mit der Unterhaltsvorschusskasse in Verbindung zu setzen, damit gewährleistet ist, dass der laufende Unterhaltsbedarf durch diese gedeckt wird bis die Vaterschaft feststeht und der wahre Vater die Unterhaltszahlungen aufnimmt.
Wie gesagt, wird dann die Unterhaltsvorschusskasse den Unterhalt bei Ihrem Freund zurückfordern, und ggf. auch klagen, falls er nicht freiwillig zahlt. Der Vorteil für Sie wäre dann, dass Sie mit einem gerichtlichen Verfahren nicht belastet wären.
Der Unterhaltsvorschuss kann bis zu 6 Jahren verlangt werden, wenn der Unterhaltsschuldner nicht zahlt bzw. noch nicht feststeht, wer Unterhaltsschuldner ist (wie im Vaterschaftsanfechtungsverfahren).
Ich hoffe, ich konnte Ihre Nachfrage hiermit beantworten.
Mit freundlichen Grüßen
Ingo Driftmeyer
Rechtsanwalt