Sehr geehrte/r Fragesteller/in,
unter Zugrundelegung des von Ihnen geschilderten Sachverhaltes und in Ansehung Ihres Einsatzes beantworte ich Ihre Frage zusammenfassend wie folgt:
Laut Titel ist für Ihre Tochter derzeit ein Kindesunterhalt von EUR 195,00 zu zahlen. Selbst wenn man die niedrigste Einkommensstufe der derzeitigen Düsseldorfer Tabelle zugrunde legt, ist für ein 17-jähriges Kind ein Mindestunterhalt von EUR 295,00 zu zahlen. Der derzeitige Unterhalt scheint daher zu gering bemessen.
Die tatsächliche Höhe des Kindesunterhaltes ist abhängig vom Einkommen des Unterhaltsverpflichteten. Je höher dessen Einkommen, desto höher ist auch der zu zahlende Kindesunterhalt. Sollte der Unterhaltsverpflichtete arbeitslos sein, wäre genau zu prüfen, ob er jedenfalls den o.g. Mindestunterhalt zu zahlen hat.
Sofern tatsächlich ein höherer als der bisher gezahlte Unterhalt zu leisten ist, müsste zudem geprüft werden, ob dieser Unterhalt bereits durch die Jugendamtsurkunde tituliert ist. Aus Ihrem Zitat entnehme ich jedoch die Verpflichtung zur Zahlung fester Beträge, so dass der bestehende Titel von Ihnen abzuändern wäre. Aufgrund der Minderjährigkeit des Kindes kann eine solche Abänderungsurkunde ebenfalls beim Jugendamt erstellt werden.
Für eine abschließende Beurteilung wäre jedoch die Einsichtnahme in die Urkunde erforderlich.
Bzgl. der Frage, ob Sie die zu wenig gezahlten Beträge nachfordern können, bleibt festzuhalten, dass erst ab Verzug ein höherer Unterhalt zu zahlen ist, sofern dieser noch nicht tituliert wurde. Verzug tritt jedoch erst mit Aufforderung ein. Sollte der bisherige Titel den Kindesvater nur zu festen Zahlbeträgen verpflichten (wovon ich derzeit ausgehe), kann ein höherer Unterhalt erst ab Aufforderung verlangt werden und somit nicht für die Vergangenheit.
Unterhaltsansprüche, die erst nach der Titulierung entstehen (wie bei Ihnen) verjähren in 3 Jahren (§ 197 Abs.2
, 195 BGB
) und nicht in 30 Jahren. Zu beachten ist jedoch, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes auch titulierte Unterhaltsansprüche verwirken können und der Unterhaltsgläubiger auch vor Ablauf von 3 Jahren gehindert ist, den titulierten Unterhalt geltend zu machen (vgl. BGH, Urteil vom 10.12.2003, Az.: XII ZR 155/01
). Eine solche Verwirkung kann – bei Vorliegen weiterer Umstände – beim Verstreichen von einer Frist von etwa mehr als 1 Jahr angenommen werden.
Aufgrund der langen Zeitspanne seit der Titulierung sollten Sie zunächst einmal Auskunft über das Einkommen des Unterhaltsverpflichteten verlangen. Der konkrete Kindesunterhalt kann erst nach dieser Auskunftserteilung berechnet werden. Hierbei sollte ein Kollege tätig werden. Gern kann ich dieses Mandat auch für Sie übernehmen.
Die Kosten einer solchen anwaltlichen Tätigkeit sind abhängig vom ausgerechneten Unterhalt und somit im Vorwege schlecht abzuschätzen. Evtl. ist auch eine Vergütungsvereinbarung möglich.
Insofern sollten Sie direkt bei dem Kollegen Ihrer Wahl nachfragen, welche Kosten in etwa entstehen würden.
Sofern der von mir o.g. Mindestunterhalt von EUR 295,00 zugrundelegt wird, müssten Sie bei einer Abrechnung nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz mit Kosten in Höhe von ca. EUR 400,00 rechnen. Wie bereits erwähnt, können sich diese Kosten jedoch durch einen anderen Unterhaltsbetrag auch erhöhen.
Abschließend möchte ich Sie noch auf Folgendes hinzuweisen: Bei der vorliegenden Antwort, welche ausschließlich auf Ihren Angaben basiert, handelt es sich lediglich um eine erste rechtliche Einschätzung des Sachverhaltes. Diese kann eine umfassende Begutachtung nicht ersetzen. Durch Hinzufügen oder Weglassen relevanter Informationen kann die rechtliche Beurteilung völlig anders ausfallen.
Ich hoffe Ihnen einen ersten Überblick gegeben zu haben und stehe Ihnen gerne weiterführend, insbesondere im Rahmen der kostenlosen Nachfragefunktion, zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Doreen Krüger
Rechtsanwältin
Antwort
vonRechtsanwältin Doreen Bastian
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Vielen Dank für die sehr ausführlichen Darstellungen. Mich machte der folgender Satz aus der Urkunde - Zitat siehe Frage- unsicher:
I. Ich verpflichte mich diesem Kind
vom xx.xx.1992 monatlich im voraus den Regelunterhalt
und vom xx.xx.1992 bis zum vollendeten 18.Lebensjahr monatlich im voraus den Regelunterhalt zuzüglich eines Zuschlags von 33 von Hundert des Regelbedarfs zu zahlen. ....
(und dann ....Zahlen .....)
Diese Passage habe ich dem "Unterhalttitel ?" entnommen:
Erste vollstreckbare Ausführung Bezirksamt: x-Stadt
Beurkundungs-Reg Nr: xxxx/1992 vor dem Urkundsbeamten xxx
Meine Auslegung wäre hierfür gewesen, das sich die aufgeführten Zahlen am damals gültigen Regelsatz orientierten- und bei gesetzlicher Änderung des Regelsatzes automatisch angepasst werden ??? Das ist also nicht so? Ich wäre jetzt ev. davon ausgegangen - 295 Euro zzgl 33% - bei gleichbleibendem Einkommen ?
Wenn ich die Sache bei Ihnen oder einem Kollegen in Auftrage geben würde, wäre das für mindestens die letzten 12 Monate bis zu 3 Jahrern mind. 100Euro bis zum Mindestunterhalt (ggf. mehr lt. Abänderungsbescheid Jugendamt und Einkommensprüfung) und ab 01/2009 295,00Euro (ev. - 1/2 Kindergeld?)- defakto mind. 1200 Euro- Nachzahlung? Habe ich das Richtig verstanden?
Vielen Dank im Voraus.
Sehr geehrte/r Fragesteller/in,
die von Ihnen angesprochene Anpassung des Titels an den jeweils aktuellen Regelsatz sieht das derzeitige Recht durchaus vor.
In Ihrem Fall wurde der Kindesunterhalt jedoch vor dem In-Kraft-Treten der sog. Regelbetragsverordnung (seit 01.07.1998) tituliert. Folgerichtig heißt es in der Urkunde auch „Regelunterhalt“ und nicht „Regelbetrag“. Es handelt sich bei Ihrem Titel um Regelunterhalt nach altem Recht, nämlich gemäß den §§ 1615 f
, 1615 g BGB
a. F., und nicht um Unterhalt als Vomhundertsatz des jeweiligen Regelbetrages nach der Regelbetrag-Verordnung.
Der Gesetzgeber hatte ein besonderes gerichtliches Verfahren vorgesehen, in dem auf Antrag Alttitel auf das neue Recht umgestellt werden konnten. Die Unterhaltsleistung konnte für die jeweiligen Altersstufen in Prozentsätze entsprechend der Regelbetragsverordnung umgerechnet werden.
Dies ist in Ihrem Fall bisher anscheinend nicht geschehen. Das vorgesehene vereinfachte Abänderungsverfahren für vor dem 01.07.1998 erstellte Unterhaltstitel war nur für eine Übergangszeit bis zum 30.06.2003 möglich. Da diese Frist bereits verstrichen ist, müsste Ihr Titel tatsächlich abgeändert werden (vgl. BGH vom 04.10.2005, VII ZB 21/05
; Oberlandesgericht des Landes Sachsen-Anhalt vom 25.11.2004, <a href="http://dejure.org/dienste/vernetzung/rechtsprechung?Text=14%20WF%20127/04" target="_blank" class="djo_link" title="OLG Naumburg, 25.11.2004 - 14 WF 127/04: Abänderung eines auf "Regelunterhalt" lautenden Titels">14 WF 127/04</a>).
Diese Abänderung kann nur für die Zukunft erfolgen. Die Geltendmachung des erhöhten Betrages für die Vergangenheit ist somit nicht möglich.
Zutreffend ist, dass der derzeitige Mindestunterhalt bei EUR 295,00, mithin EUR 100,00 mehr liegt. Die Kindergeldverrechnung ist hierbei schon berücksichtigt. Ob dieser tatsächlich vom Kindesvater zu zahlen ist, kann nur auf Grundlage seiner Einkommensverhältnisse ermittelt werden. Dabei hat der Kindesvater nachzuweisen, dass er diesen Mindestbetrag tatsächlich nicht zahlen kann.
Sie sollten den Kindesvater umgehend auffordern, jedenfalls den Mindestbetrag zu zahlen, um ihn so unter Verzug zu setzen. Eine konkrete Bezifferung sollte sodann nach der Einkommensprüfung erfolgen.
Mit freundlichen Grüßen
Doreen Krüger
Rechtsanwältin