Sehr geehrte(r) Ratsuchende(r),
haben Sie vielen Dank für Ihre Rechtsfrage, auf die ich gerne im Nachfolgenden eingehe.
Dank der jüngst ergangenen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (BFH) nach entsprechender Vorlage beim Europäischen Gerichtshof lässt sich Ihre Frage klar beantworten: Sie haben nach der geltenden Rechtslage keinen Anspruch auf Kindergeld.
Dass noch abweichende Meinungen zu finden sind, liegt daran, dass vor der entsprechenden Entscheidung des BFH im Jahre 2016 die Finanzgerichte landläufig der Auffassung waren, dass in Fällen wie Ihrem dem allein im Inland lebenden Elternteil Kindergeld zustünde. Diese Auffassung ist jedoch seit der Entscheidung hinfällig.
Hintergrund ist Folgender: Nach EU-Recht kommt bei grenzüberschreitenden Sachverhalten für die Zwecke der Sozialleistungsverwaltung eine sogenannte Wohnsitzfiktion zum Tragen. Das heißt in Ihrem Fall, dass rechtlich fingiert wird, dass die im Ausland lebenden Familienmitglieder in der Bundesrepublik wohnen. Ob Sie mit der Kindsmutter verheiratet waren oder nicht, spielt insofern keine Rolle, da im Falle des Kindergeldes das Kind der Bezugspunkt ist und außereheliche Kinder nicht diskriminiert werden. Sodann ist nach deutschem Recht der Anspruchsberechtigte zu ermitteln. Hierbei handelt es sich um die Kindsmutter, da sie mit dem Kind in einem Haushalt lebt (§ 64 II EStG
). Ihr Anspruch besteht nach der Rechtsprechung ausdrücklich auch dann nicht, wenn die Kindsmutter selbst keinen Antrag auf Gewährung von Kindergeld gestellt hat.
Das Ergebnis der Rechtsprechung mag überraschen: Wenn das Kind mit einem Elternteil im EU-Ausland lebt, so hat dieses Elternteil einen Anspruch auf Kindergeld, nur weil das andere Elternteil (auch wenn die Eltern nie verheiratet waren oder geschieden sind) in der Bundesrepublik lebt. So will es jedoch die derzeitige höchstrichterliche Rechtsprechung, deren Leitsätze Sie der nachfolgenden BFH-Pressemitteilung entnehmen können:
http://juris.bundesfinanzhof.de/cgi-bin/rechtsprechung/druckvorschau.py?Gericht=bfh&Art=pm&nr=33218
Ich bedaure, Ihnen keine positivere Auskunft erteilen zu können.
Wenn Sie weitere rechtliche Hilfestellung benötigen, stehe ich Ihnen gerne zur Seite. Melden Sie sich am besten kurz per E-Mail bei mir und ich helfe Ihnen sehr gerne weiter.
Mit freundlichen Grüßen
Kianusch Ayazi, LL.B. (Bucerius Law School)
- Rechtsanwalt -
Antwort
vonRechtsanwalt Kianusch Ayazi, LL.B., LL.B.
Postanschrift: Winterhuder Weg 29
22085 Hamburg
Tel: (040) 22 86 63 28 - 0
Web: http://www.ayazi.legal
E-Mail:
Erstmal vielen Dank für die Antwort.
Habe ich dann richtig verstanden das die Kindsmutter den Antrag auf Kindergeld in Deutschland stellen kann und dann auch bekommt, obwohl nur ich in Deutschland lebe?
Wenn dem so wäre, kann ich dann den Antrag, den ICH gestellt habe, nicht an SIE (die Kindsmutter) auszahlen lassen? (Indem ich ihr Konto angebe?)
I
Sehr geehrte(r) Ratsuchende(r),
vielen Dank für Ihre Rückfrage.
Das ist richtig, die Kindsmutter kann den Antrag auf Kindergeld selbst stellen und erhält das Kindergeld sodann, obwohl nur Sie in Deutschland leben.
Da Sie nicht anspruchsberechtigt sind, wird Ihr Antrag nicht bewilligt werden - auch, wenn Sie die Kindsmutter als Zahlungsempfängerin angeben. Sie können allenfalls einen Antrag im Namen der Mutter stellen, wenn Sie entsprechend bevollmächtigt sind.
Mit freundlichen Grüßen
Kianusch Ayazi, LL.B. (Bucerius Law School)
- Rechtsanwalt -