Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Es ergibt sich zwar aus § 88 SGG
eine Frist für das Jobcenter über den Widerspruch innerhalb von drei Monaten zu entscheiden ggf. triftige Hinderungsgründe mitzuteilen, allerdings begründet diese Frist den Anspruch des Bürgers auf eine Entscheidung. Insofern ist die Herleitung des Verjährungstatbestandes aus dieser Vorschrift nicht möglich.
Ihr Widerspruch und die darauffolgende Klage gegen den Widerspruchsbescheid hat die Wirkung, dass der angegriffene Rückforderungsbescheid nicht bestandskräftig wird und das Jobcenter zunächst die Rückforderung nicht vollstrecken, bzw. die Forderung prozentual mit den laufenden Leistungen nach SGB II verrechnen kann.
Es ist in diesem Zusammenhang nach Rechtsprechung des BGH zwar möglich, dass der Vollstreckungsanspruch des Gläubigers verwirkt wird, allerdings muss zunächst ein bestandskräftiger Rückforderungsbescheid vorliegen, was hier nicht zutrifft, und der Gläubiger darf seit ca. 16 Jahren keine Vollstreckungsversuche unternommen haben.
Leder muss man hier daher dem Jobcenter recht geben, dass die Sache trotz der zweijährigen Bearbeitungsdauer des Widerspruchs noch nicht erledigt ist. Es tut mir leid, dass ich Ihnen kein besseres Ergebnis mitteilen kann.
Abschließend möchte ich Sie darauf hinweisen, dass es sich bei dieser Antwort, basierend auf Ihren Angaben, lediglich um eine erste rechtliche Einschätzung des Sachverhaltes handelt. Diese kann eine umfassende Begutachtung nicht ersetzen. Durch Hinzufügen oder Weglassen relevanter Informationen kann die rechtliche Beurteilung völlig anders ausfallen.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Antwort
vonRechtsanwalt Evgen Stadnik
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Rechtsanwalt Evgen Stadnik
Sehr geehrter Herr Stadnick,
danke für ihre schnelle Antwort und die Ausführungen zur eventuellen Vollstreckung. Allerdings bleibt für mich meine eigentliche Frage immer noch offen.
Das Jobcenter hat schriftlich angekündigt nach Sachlage der Dinge zu entscheiden, und dabei selbst einen Termin gesetzt, und sich dann aber erst zwei Jahre später gerührt. Mein schriftlicher Wunsch nach Kontakt wurde ebenfalls ignoriert, so das ich meine, ausreichende Anstrengungen unternommen zu haben, um die Sache zu klären, und darauf vertrauen konnte das die Sache erledigt ist.
Immerhin sind dann zwei Jahre Untätigkeit vergangen. In ähnlich gelagerten Fällen kann man in diesem Forum von §45 SGB lesen mit Fristen von einem Jahr. Ich hatte gehofft, das dieser hier angewendet werden kann.
Gibt es denn keine Frist, in der sich das Jobcenter hätte melden müssen ?
Ich würde mich freuen, wenn Sie sich hierzu noch einmal äußern würden, denn das war eigentlich mein Anliegen.
Sehr geehrter Fragesteller,
die von Ihnen erwähnte Jahresfrist beschränkt sich auf die materielle Rechtmäßigkeit des Erstattungsbescheides. D.h. ab dem Zeitpunkt ab dem dem Jobcenter alle Tatsachen betreffend die Überzahlung bekannt sind, hat er eine Frist von einem Jahr um einen Rückforderungsbescheid zu erlassen. Hat er diese Frist überschritten, kann er die überzahlten Beträge nicht mehr zurückfordern.
Diese gilt aber nur für den Erlass des Bescheides gegen den Sie sodann Widerspruch erhoben haben. Um dies feststellen zu können muss ermittelt werden,
1). zu welchem Zeitpunkt genau dem Jobcenter die Umstände die die Rückforderung rechtfertigen würden bekannt waren,
2). ob er ab diesem Zeitpunkt innerhalb eines Jahres die überzahlten Leistungen per Bescheid zurück gefordert hatte.
Die beiden Feststellungen kann ich nicht treffen da es hierzu der Einsicht in die Leistungsakte des Jobcenters bedarf.
Die Frist gilt aber nur für den Zeitraum vor dem Erlass des Rückforderungsbescheides und findet im Widerspruchsverfahren keine Anwendung mehr, so der § 45 Abs. 4 SGB X
.
Ich hoffe Ihre Frage abschießend beantwortet zu haben und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
RA Stadnik