Sehr geehrte(r) Ratsuchende(r),
haben Sie vielen Dank für Ihre Rechtsfrage.
Ihren Ausführungen entnehme ich, dass Sie der GmbH jahrelang Dienste geleistet haben. Insofern lässt sich vertreten, dass zwischen Ihnen und der GmbH ein Dienstvertrag zustande gekommen ist. Zwar haben Sie zu keinem Zeitpunkt ausdrücklich einen Vertrag geschlossen. Aufgrund der jahrelangen Übung und der offensichtlichen Billigung seitens der Geschäftsführung der GmbH ist es jedoch vertretbar, von einem stillschweigend eingegangenen Dienstvertrag (§ 611 BGB) auszugehen.
Für Fälle, in denen keine ausdrückliche Vergütungsvereinbarung getroffen wurde, sieht § 612 BGB folgendes vor:
"(1) Eine Vergütung gilt als stillschweigend vereinbart, wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist.
(2) Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, so ist bei dem Bestehen einer Taxe die taxmäßige Vergütung, in Ermangelung einer Taxe die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen."
Angesichts des enormen Zeiteinsatzes Ihrerseits sowie der Tatsache, dass die GmbH offenbar auf Ihre Dienste in erheblichem Maße zum Zwecke der Durchführung ihrer Geschäfttstätigkeit angewiesen war, lässt sich argumentieren, dass die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist und Sie daher eine übliche Vereinbarung verlangen können. Wie hoch eine übliche Vergütung ist, ist keine juristische sondern vielmehr eine empirische Tatfrage.
Hilfsweise könnten Sie Wertersatz nach den Grundsätzen der ungerechtfertigten Bereicherung fordern. § 812 I 1 BGB sieht vor:
"Wer durch die Leistung eines anderen (...) etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet."
Zudem sieht § 818 II BGB vor:
"Ist die Herausgabe wegen der Beschaffenheit des Erlangten nicht möglich oder ist der Empfänger aus einem anderen Grunde zur Herausgabe außerstande, so hat er den Wert zu ersetzen."
Damit könnten Sie auf dieser Rechtsgrundlage den Wert Ihrer Leistungen ersetzt verlangen.
Aus anwaltlicher Vorsicht möchte ich Sie jedoch gleichzeitig darauf hinweisen, dass sich aufgrund des enormen Zeitablaufs zum einen eine Verjährungsproblematik im Hinblick auf betagte Ansprüche ergeben könnte. Zum anderen lässt sich aufseiten der GmbH vertreten, dass Sie durch die jahrelange unvergütete Tätigkeit ohne das Verlangen nach einer Vergütung konkludent zum Ausdruck gebracht haben, auf eine Vergütung verzichten zu wollen.
Wessen Argumenten der Vorzug zu gewähren ist, müsste im Rechtsstreit im Zweifel ein Richter entscheiden. Der Ausgang eines Rechtsstreites lässt sich angesichts des bestehenden Prozessrisikos nicht sicher vorhersagen. Wie oben beschrieben, bestehen jedoch durchaus tragfähige Rechtsgrundlagen, auf die Sie Ihren Anspruch stützen können.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit meiner Auskunft behilflich sein.
Mit freundlichen Grüßen
- Rechtsanwalt -
Guten Tag Herr Ayazi,
vielen Dank für Ihre Antwort. ich habe noch folgende Nachfrage:
Wenn ich Sie richtig verstanden habe, ist es so, dass mein Status bei der betreffenden GmbH seit 2010 mit "Mitarbeiter ohne Arbeitsvertrag" definiert werden kann. Ich hatte in der GmbH ja keine Organstellung inne und meine Mitarbeit wurde vom Geschäftsführer der GmbH nicht nur geduldet, sondern aktiv eingefordert. Ich war wie beschrieben allein für das Recruiting zuständig und habe hier (neben den verschiedenen Arbeiten in Verbindung mit dem Aufbau der GmbH) maßgeblich dazu beigetragen, dass über die Jahre entsprechende Umsätze über die GmbH generiert wurden.
Habe ich Ihre Ausführungen richtig verstanden, dass die GmbH dann seit 2010 verpflichtet gewesen wäre, für das faktisch bestehende Arbeitsverhältnis Sozialbeiträge abzuführen? Da ich keinen Einblick in die Bücher der GmbH habe, weiß ich nicht, ob das erfolgt ist. Falls keine SV-Beiträge abgeführt wurden: wäre dann § 266a StGB
relevant?
Danke für Ihre Antwort!
Vielen Dank für Ihre Nachfrage.
Wie bereits mitgeteilt, ist es meiner Einschätzung nach auf Grundlage Ihrer Sachverhaltsschilderung vertretbar, von dem Bestehen eines stillschweigend eingegangenen Dienstvertrages auszugehen. Ein Dienstvertrag kann, muss aber nicht zwangsläufig ein Arbeitsvertrag sein.
Ich bitte Sie um Verständnis dafür, dass aufgrund der Guidelines von frag-einen-anwalt de Rückfragen nur als Verständnisfragen hinsichtlich der Ursprungsfrage zulässig sind. Eine sozialversicherungs- und strafrechtliche Einschätzung des Sachverhaltes ist mir daher nicht möglich. Ich muss Sie insofern höflich bitten, eine entsprechende Frage ggf. separat zu posten.
Mit freundlichen Grüßen