Sehr geehrter Fragesteller,
ich bedanke mich für Ihre online-Anfrage, zu der ich wie folgt Stellung nehme:
Der Gläubiger des Einzelunternehmens kann einen Antrag auf Eröffnung des Regelinsolvenzverfahrens stellen, wenn er ein rechtliches Interesse an der Eröffnung glaubhaft macht wie auch das Vorliegen seiner Forderung und des Eröffnungsgrundes. Als Eröffnungsgrund kann der Gläubiger entweder die Zahlungsunfähigkeit (§ 17 InsO
) oder die Überschuldung (§ 19 InsO
) vortragen, nicht jedoch die drohende Zahlungsunfähigkeit, da diese nur bei einem Eigenantrag des Schuldners in Betracht kommen kann (§ 18 InsO
). Erfolgte im letzten halben Jahr vor der Antragstellung ein fruchtloser Vollstreckungsversuch in das Vermögen des Schuldners oder die Abgabe der eidesstattlichen Offenbarungsversicherung, so genügt dies grundsätzlich zur Darlegung der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners (Hamburger Kommentar zum Insolvenzrecht, 2006, § 14 Anm. 8 mit weiteren Nachweisen). Weiterhin ist nach der Rechtsprechung des BGH ( ZinsO 2005, 807; BGH, Urteil v. 27.07.2006, Az.: IX ZB 204/04
) von einer Zahlungsunfähigkeit des Schuldners dann auszugehen, wenn dessen Liquiditätslücke 10 % oder mehr beträgt.
Stellt der Gläubiger einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Einzelunternehmers, hat das Insolvenzgericht den Schuldner nach Eingang des Gläubigerantrags darauf hinzuweisen, dass er zur Erreichung der Restschuldbefreiung nicht nur einen entsprechenden Antrag, sondern darüber hinaus auch einen Eigenantrag auf Insolvenzeröffnung stellen muss. Hierfür setzt das Gericht dem Schuldner eine Frist (BGH, NZI 2004, 511
, NZI 2004, 593
). Innerhalb dieser Frist kann der Schuldner daher einen Eigenantrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens verbunden mit dem Antrag auf Erteilung der Restschuldbefreiung stellen. Hat der Gläubigerantrag zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens geführt, kann der Schuldner keinen Eigenantrag mehr stellen.
Hat der Einzelunternehmer sein Geschärft bereits eingestellt und gehört der Schuldner aufgrund der Struktur seines Vermögens in das Verbraucherinsolvenzverfahren, muss ihn das Insolvenzgericht nach einem Gläubigerantrag schon nach § 306 Abs. 3 InsO
auf die Möglichkeit hinweisen, einen eigenen Insolvenzantrag zu stellen. Für diesen Eigenantrag, der mit einem Antrag Auf Erteilung der Restschuldbefreiung verbunden werden kann, gelten dann jedoch die Antragsvoraussetzungen des § 305 Abs. 1 InsO
, d.h. es muss eine Bescheinigung über das Scheitern eines außergerichtlichen Einigungsversuchs vorgelegt werden.
Ich hoffe, Ihnen eine hilfreiche erste Orientierung gegeben zu haben und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Petry-Berger
Rechtsanwältin
Antwort
vonRechtsanwältin Jutta Petry-Berger
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Sehr geehrte Frau RA Petry-Berger,
vielen Dank für Ihre rasche Antwort auf meine Frage(n). Aus der Beantwortung ergibt sich für mich jedoch Nachfrage:
Gehört der Einzelunternehmer aufgrund der Struktur seines Vermögens in das Verbraucherinsolvenzverfahren? Er hat einen Gewerbebetrieb, aus dem er seinen Lebensunterhalt bestritten hat. Er hatte auch Mitarbeiter, jetzt keinen mehr. Das Geschäft ist noch nicht eingestellt. Sollte er es in Hinblick darauf, die Restschuldbefreiung später erlangen zu können? Was gilt als eine Bescheinigung über das scheitern eines außergerichtlichen Einigungsversuches? Er kann doch als Unternehmer nicht eine Verbraucherberatungsstelle aufsuchen..
Freundliche Grüße
Jens Richter
Sehr geehrter Fragesteller,
Unternehmer, die im Zeitpunkt der Antragstellung noch selbstständig wirtschaftlich tätig sind, unterfallen stets dem Regelinsolvenzverfahren (BGH ZInsO 2002, 1181
). Solange der Schuldner seinen Gewerbebetrieb noch nicht eingestellt hat, muss er daher einen Antrag auf Eröffnung des Regelinsolvenzverfahrens stellen, ohne dass es auf die Anzahl etwaiger Mitarbeiter ankommt. Diesen Antrag muss er dann mit dem Antrag auf Erteilung der Restschuldbefreiung verbinden. Der Schuldner muss sein Gewerbe nicht vor der Antragstellung abmelden. Auch hat die Abmeldung oder Weiterführung des Unternehmens keinen Einfluss auf die spätere Erteilung der Restschuldbefreiung. - Wird das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners eröffnet und kommt der Schuldner seinen Obliegenheiten nach, wird ihm Restschuldbefreiung erteilt werden, falls keine Versagungsgründe vorliegen. - Die Bescheinigung über das Scheitern eines außergerichtlichen Einigungsversuchs ist für den selbständigen Unternehmer nicht erforderlich, sondern nur für den Verbraucher im Sinne von § 304 ff InsO
.
Mit freundlichen Grüßen
RA Petry-Berger