Sehr geehrte Fragestellerin,
vielen Dank für Ihre Frage. Diese kann ich auf der Grundlage Ihrer Schilderungen wie folgt beantworten:
1.
Die vorzeitige Übergabe des Einfamilienhauses ist - wie sie selbst bereits festgestellt haben - mit einem nicht zu unterschätzenden Risiko behaftet. Hierzu kann daher grundsätzlich nicht geraten werden. Sofern Sie dem Käufer jedoch dennoch entgegenkommen möchten, sollten Sie gewisse Punkte in den notariellen Kaufvertrag mitaufnehmen lassen:
2.
Zunächst sollten Sie mit dem Gedanken spielen, die vorzeitige Übergabe der Wohnung davon abhängig zu machen, dass Ihnen der Käufer eine gewisse Anzahlung leistet. Sollte es zu späteren Schwierigkeiten kommen und der Kaufvertrag müsste rückgängig gemacht werden, so könnte diese Anzahlung einen Ausgleich für die Ihnen entstandenen Schäden darstellen. Auch besteht grundsätzlich die Gefahr, dass der Käufer - wenn er bereits den Besitz an dem Grundstück erhalten hat - nachträglich Mängel konstruiert um den vereinbarten Kaufpreis zu drücken. Sofern Sie erst nach Bezahlung übergeben, so haben Sie in der Regel ein solches Problem nicht, da der Käufer bereits bezahlt hat und im Falle einer geforderten Rückzahlung selbst als Kläger auftreten müsste.
3.
Des Weiteren empfiehlt sich die Aufnahme einer Vertragsklausel, wonach mit dem Zeitpunkt der Übergabe des Hauses sämtliche Nutzungen dem Besitzer zustehen, aber insbesondere auch alle Lasten von diesem zu tragen sind. Dies bedeutet, dass der Besitzer im Innenverhältnis ab dem Zeitpunkt des Besitzes des Hauses Ihnen gegenüber verpflichtet ist, die anfallenenden Kosten (Müllabfahr, Grundsteuer, Wasserverbrauch etc.) zu tragen bzw. Ihnen diese zu ersetzen.
4.
Auch sollte die im Vertrag beinhaltete Haftungsbeschränkung so formuliert sein, dass diese die Haftung für sämtliche Mängel bereits bei der (frühzeitigen) Übergabe und nicht erst bei der Eigentumsüberschreibung ausschließt. Dies wäre wichtig, da sonst eine Haftung droht, wenn sich nach der Übergabe aber vor der Eigentumsumschreibung Mängel des Hauses herausstellen.
5.
Gegebenenfalls sollten auch Regelungen darüber getroffen werden, welche baulichen Maßnahmen bzw. Renovierungsarbeiten der Käufer vor der Übertragung des Eigentums durchführen darf. Hier besteht das Risiko, dass der Käufer umfangreiche Änderungen am Gebäude vornimmt, dann jedoch später nicht in der Lage ist den Kaufpreis zu zahlen. Insbesondere bei der Durchführung von erheblichen Umbaumaßnahmen (Entfernung einer Stützwand o.ä.) ist besondere Vorsicht geboten, da dies möglicherweise den Wert Ihres Hauses dauerhaft senken kann.
6.
Der Abschluss eines selbstständigen Vertrages erscheint zwar möglich zu sein, ist jedoch meines Erachtens nicht erforderlich, da der notarielle Kaufvertrag ausreichend Möglichkeiten lässt, auch die vorzeitige Übergabe des Hauses zu regeln.
7.
Insgesamt sind viele Fragestellungen denkbar, die von Ihnen abgeklärt werden müssten. Diese können in der Gesamtheit hier nicht dargestellt werden, da dies den Rahmen des hiesigen Forums sprengen würde. Insbesondere kommt es hierbei aber auch auf Ihre konkrete Situation und Ihre Vorstellungen an. Abschließend würde ich Ihnen daher empfehlen, sich mit dem beurkundenden Notar in Verbindung zu setzen und diesen auf Ihre Wünsche hinsichtlich der frühzeitigen Übergabe hinzuweisen. Der Notar dürfte in der Lage, entsprechende Kaufverträge zu entwerfen, die eine vorzeitige Übergabe des Objektes ermöglichen und zugleich Ihre Risiken möglichst effizient minimieren. Angesichts der Gefahren, die mit der vorzeigen Übergabe verbunden sind, würde ich Ihnen empfehlen hiervon abzusehen oder zumindest eine vollumfängliche Prüfung der Angelegenheit vom dem Rechtsanwalt (Notar) Ihres Vertrauen durchführen zu lassen.
Ich hoffe, Ihnen mit dieser Antwort weitergeholfen zu haben und stehe gerne im Rahmen der Nachfragefunktion weiter zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Maximilian A. Müller, Rechtsanwalt
Rechtsanwaltskanzlei Dr. Seither & Kollegen