Gerne zu Ihren Fragen:
In Fällen wie dem Ihrigen – der geplanten vorweggenommenen Erbfolge durch Übertragung einer Immobilie unter Berücksichtigung eigener Investitionen, eines lebenslangen Wohnrechts sowie familiärer Gerechtigkeit – ist ein strukturiertes und rechtssicheres Vorgehen von erheblicher Bedeutung. Gerne skizziere ich für Sie den sinnvollen Ablauf und beantworte Ihre Detailfragen Schritt für Schritt.
I. Zunächst zur Bewertung einzelner Investitionen
1. Nebengebäude, PV-Anlage, Werkzeuge
Nebengebäude und PV-Anlage: Diese gelten als wesentliche Bestandteile des Grundstücks (§ 94 BGB), wenn sie fest mit dem Boden verbunden oder funktionell zur Nutzung bestimmt sind. Sie erhöhen also grundsätzlich den Verkehrswert der Immobilie.
Eine exakte Zuordnung Ihrer Investitionen ist aber möglich, wenn Sie nachweisen können, dass diese mit eigenem Kapital errichtet wurden (z. B. durch Rechnungen, Bauprotokolle, Foto-Dokumentation).
Ein Sachverständiger kann diese Investitionen gesondert im Gutachten beziffern, und diese Bewertung kann bei der Übertragung berücksichtigt werden.
2. Werkzeuge (z. B. Kreissäge, Dickenhobel)
Diese gelten als bewegliches Vermögen, sind also nicht Teil des Grundstückswerts und werden im Gutachten nicht mit bewertet – außer sie wären fest installiert und funktional Teil des Hauses (was bei Werkstattmaschinen selten der Fall ist). Allerdings könnte man diese als "Aufwendungen" ggf. in die Berechnungen mit einbringen, was Nachweise in Form von Rechnungen etc. voraussetzt.
3. Verbrauchsmaterialien wie Bauholz, Schalsteine, Brennholz
Kleinteile und Materialien werden im Regelfall nicht einzeln bewertet, außer sie sind in besonders großem Umfang vorhanden. Diese werden eher als Teil des normalen Hausunterhalts gesehen, es sei denn, sie stellen nachweislich eine erhebliche Investition dar, vgl. auch Ziff. 2.
Ausnahme: z. B. 30 Paletten neu gekaufter Rasengittersteine – dies könnte der Gutachter separat aufführen, wenn es als wertsteigernd oder nutzungsprägend für die Immobilie angesehen wird.
II. Wertminderung durch lebenslanges Wohnrecht – wie wird sie ermittelt?
Die Bewertung erfolgt durch einen Barwertansatz nach dem Bewertungsgesetz).
Anlage zu § 14 Absatz 1 BewG
Kapitalwert einer lebenslänglichen Nutzung oder Leistung im Jahresbetrag von einem Euro
für Bewertungsstichtage ab 1. Januar 2024
Dieser berücksichtigt:
- Alter und Geschlecht Ihrer Mutter (wenig liebevoll die sog. "Restlebenserwartung" lt. Statistischem Bundesamt),
- die Nutzungsart des Wohnrechts (ob ausschließlich oder gemeinsam genutzt),
- den Jahreswert der ersparten Miete für den Bereich, der vom Wohnrecht umfasst ist.
Die Wertminderung kann z. B. mehrere zehntausend Euro betragen, abhängig von Fläche und Restlebenserwartung. Diese Berechnung nimmt entweder der Gutachter oder auf Wunsch auch der Notar ggf. in Zusammenarbeit mit Ihrem Anwalt oder Ihrer Anwältin vor.
IV. Kostenaufteilung für spätere Gutachten – im Vorhinein regelbar?
Ja, dies lässt sich vertraglich regeln.
Sie können z. B. notariell vereinbaren, dass:
- ein einziges Sachverständigengutachten maßgeblich ist,
- weitere Gutachten nur auf eigene Kosten der Schwester zulässig sind, es sei denn, sie führen zu einem signifikant anderen Ergebnis (z. B. +20 % Wertabweichung),
- oder sogar, dass ein Schiedsgutachterverfahren vereinbart wird (bindendes Gutachten zur Vermeidung gerichtlicher Streitigkeiten).
Diese Regelung schützt vor endlosen Auseinandersetzungen und Gutachterkosten.
V. Zusätzliche Hinweise
Die Übertragung kann als Schenkung mit Gegenleistung (Wohnrecht, Investitionen) strukturiert werden. Dies hat erbschaft- und schenkungsteuerliche Vorteile.
Sie können sich im Vertrag Rückforderungsrechte einräumen lassen (z. B. bei Vorversterben, Insolvenz, Scheidung).
Erwägen Sie bei größeren Investitionen die Absicherung durch Rücklagenvereinbarungen, falls doch noch nicht alles übertragen werden soll.
Fazit
Die von Ihnen angedachte Regelung ist sinnvoll – sowohl zur Absicherung Ihrer Investitionen als auch zur Vermeidung späterer Streitigkeiten mit Ihrer Schwester. Entscheidend ist, dass alle Investitionen, Lasten und Rechte transparent dokumentiert und bewertet werden, bevor der unverzichtbare notarielle Übertragungsvertrag geschlossen wird. Der erste Schritt sollte daher der Gang zu einem spezialisierten Anwalt sein. Denn eine Ferndiagnose ohne Kenntnis des Objekts sowie aller relevanten Umstände kann eine individuelle notarielle oder anwaltliche Beratung nicht ersetzen.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Antwort
vonRechtsanwalt Krim.-Dir. a.D. Willy Burgmer
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