Sehr geehrte Fragestellerin,
gern beantworte ich Ihre Frage unter Berücksichtigung des geschilderten Sachverhaltes sowie des Einsatzes wie folgt:
Voraussetzung für den Bezug von ALGII ist die Hilfebedürftigkeit, § 9 SGB II
.
Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln vor allem nicht aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere nicht von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält (§ 9 Abs. 1 SGB II
)
Gem. § 12 SGB II
sind als Vermögen, alle verwertbaren Vermögensgegenstände zu berücksichtigen. Bei Ihnen stellt sich die Frage, ob der hälftige Miteigentumsanteil zum verwertbaren Vermögen gezählt werden muss.
Zunächst könnte sich bereits eine Privilegierung des Miteigentumsanteils gem. § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 SGB II
ergeben, wenn Ihr Miteigentumsanteil nicht mehr als ein selbstgenutztes Hausgrundstück von angemessener Größe darstellt. Nach Ihren Ausführungen ist hiervon aber nicht auszugehen, da Sie Miteigentümerin eines Hauses mit 4 Wohnungen sind. Ihr Einzug in eine selbstgenutzte Wohnung würde Sie demgemäß nicht privilegieren.
Der hälftige Miteigentumsanteil stellt auch Vermögen im Sinne von § 12 SGB II
dar. Denn Vermögen ist grundsätzlich die Gesamtheit von Sachen und Rechten in Geld oder Geldeswert in der Hand des jeweiligen Berechtigten. Ein Haus ist eine Sache in Geldeswert. Der hälftige Miteigentumsanteil an diesem Haus ist damit das Recht an einer Sache in Geldeswert.
Ihr Vermögen müsste aber auch verwertbar sein. Der Begriff der Verwertbarkeit ist ein rein wirtschaftlicher und beurteilt sich sowohl nach den tatsächlichen als auch nach den rechtlichen Verhältnissen. Rechtlich nicht verwertbar ist ein Vermögensgegenstand, für den Verfügungsbeschränkungen bestehen, deren Aufhebung der Hilfebedürftige nicht erreichen kann (BSG vom 16.05.2007, B 11b AS 37/06 R
)
Nach Ihren Angaben besteht eine solche Verkaufsbeschränkung für weitere neun Jahre.
Damit ist dieses Vermögen auch nicht rechtzeitig verwertbar.
Dieses rechtsgeschäftliche Verfügungsverbot führt im Ergebnis zur Unverwertbarkeit des Vermögensgegenstandes.
Nicht verschweigen will ich aber, dass die obige rechtliche Bewertung nicht zwingend ist.
Zwar beruhen die rechtlichen Erwägungen auf den Ausführungen des obersten Sozialgerichtes Ihres Bundeslandes (LSG Nordrhein-Westfalen: Urteil vom 30.08.2007 - L 7 (12) As 8/07), dennoch ist nicht ausgeschlossen, dass die zuständige Sozialbehörde zunächst der Auffassung sein könnte, dass ein rechtsgeschäftliches Veräußerungsverbot nicht die Verwertbarkeit im Sinne von § 12 SGB II
hindert.
Gegen eine solche Entscheidung könnten Sie jedoch, derzeit mit guten Erfolgsaussichten, vorgehen.
Ich komme daher zu dem Ergebnis, dass Ihr Eigentum nicht verkauft werden muss und dass Sie einen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II (Hartz IV) haben, wenn auch die weiteren Voraussetzungen für die Gewährung vorliegen.
An dieser Stelle sei der Hinweis erlaubt, dass diese Internetplattform eine eingehende, rechtliche Beratung nicht ersetzen kann, sondern vielmehr der ersten rechtlichen Orientierung dienen soll.
Das Hinzufügen oder Weglassen von Informationen kann das Ergebnis der juristischen Bewertung beeinflussen und sogar zu einem völlig gegensätzlichen Ergebnis führen.
Gern können Sie mich bei Rückfragen oder einer gewünschten Interessenvertretung kontaktieren.
Mit freundlichen Grüßen
Mirko Ziegler
Rechtsanwalt
Am Kabutzenhof 22
18057 Rostock
fon : 0381-25296960
fax : 0381-25296961
mail: ziegler@mv-recht.de
web: www.mv-recht.de
Antwort
vonRechtsanwalt Mirko Ziegler
Wallstraße 1A
18055 Rostock
Tel: 038151050515
Web: https://www.mv-recht.de
E-Mail:
Rechtsanwalt Mirko Ziegler
Sehr geehrter Herr Ziegler,
vielen Dank für Ihre schnelle Antwort. Leider ist mir eines nicht ganz klar. Obwohl ich im Grundbuch und im Mietvertrag gleichwertig mit dem anderen Eugentümer genannt werde, gehört mir nur eine Wohnung, die ich auch nur an die Verkäuferin gezahlt habe. Genügt dass nicht, um zu beweisen, dass mir nur diese eine Wohnung gehört. Ansonsten würde es meinen Vermögenswert ja erheblich erhöhen und zu Unrecht bei der Berechnung mit zu Grunde gelegt werden.
Zusätzlich möchte ich noch anmerken, dass ich nicht in einer Bedarfsgemeinschaft mit dem Miteigentümer lebe.
Vielen Dank für die nochmalige Beantwortung meiner Frage.
Mit freunclichen Grüßen
Sehr geehrter Fragesteller,
gern beantworte ich Ihre Nachfrage wie folgt:
Ihren Angaben zufolge stehen Sie und Ihr ehemaliger Lebenspartner gleichwertig im Kaufvertrag und im Grundbuch. In der Nachfrage gaben Sie an, auch in Mietverträgen gleichwertig mit dem anderen Eigentümer genannt zu werden.
Ist im Grundbuch für jemand ein Recht eingetragen, so wird vermutet, dass ihm das Recht zustehe (§ 891 BGB
). Das heißt, die zuständige Behörde unterstellt, dass Ihr Eigentum den Umfang hat, wie er aus dem Grundbuch ersichtlich ist.
Widerlegen können Sie diese Vermutung in der Tat nur durch den vollen Beweis des Gegenteils (BGH NJW 80, 1047
).
Die Tatsache, dass Sie nur eine Wohnung bezahlt haben ist als Indiz für Sie zu werten; der Gegenbeweis ist hierdurch aber nicht erbracht, zumal Sie ja im Kaufvertrag vor dem Notar als gleichwertige Käuferin aufgetreten sind. Von wem der Kaufpreis gezahlt wurde, ist nicht von entscheidender Bedeutung.
Es bleibt aber dabei, dass gewichtige Gründe dafür sprechen, dass Ihr Miteigentumsanteil derzeit nicht verwertbar ist, s.o.
Gern können Sie mich bei Rückfragen oder einer gewünschten Interessenvertretung kontaktieren. Nutzen Sie hierzu einfach die Möglichkeit der Online Anfrage, kontaktieren Sie mich per e-mail oder nutzen Sie das Kontaktformular auf unserer Internetseite.
Mit freundlichen Grüßen
Mirko Ziegler
Rechtsanwalt
Am Kabutzenhof 22
18057 Rostock
fon : 0381-25296960
fax : 0381-25296961
mail: ziegler@mv-recht.de
web: www.mv-recht.de