Sehr geehrter Fragesteller,
gerne gebe ich Ihnen eine Einschätzung zu den arbeitsrechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten bei Minijobs (geringfügig entlohnte Beschäftigung nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV) im Kontext eines Fitnessstudios, insbesondere zu den Themen Vergütung bei abgesagten Stunden, Urlaub und Arbeitszeitverteilung.
1. Gestaltung der Minijobverträge zur Vergütung nur tatsächlich geleisteter Arbeitszeit
Nach § 611a Abs. 2 BGB schuldet der Arbeitnehmer grundsätzlich die vereinbarte Arbeitsleistung, der Arbeitgeber im Gegenzug die Vergütung. Wird die Arbeitsleistung aus Gründen, die aus der Sphäre des Arbeitgebers stammen (z.B. Kursabsage mangels Teilnehmer), nicht abgerufen, gerät der Arbeitgeber in Annahmeverzug (§ 615 Satz 1 BGB), und es besteht ein Vergütungsanspruch ohne tatsächliche Arbeitsleistung.
Um dies zu vermeiden, ist es erforderlich, die Arbeitsverträge so zu gestalten, dass:
- kein fester Arbeitszeitumfang pro Woche, sondern eine Abrufarbeit (§ 12 TzBfG) vereinbart wird;
- kein fester Kurstag, sondern eine flexible Einteilung nach betrieblichen Bedarf vorgesehen ist;
- und ausdrücklich festgelegt wird, dass nur die tatsächlich geleistete Arbeitszeit vergütet wird.
Aber Vorsicht: Wird eine Abrufarbeit vereinbart, ohne dass eine bestimmte wöchentliche Arbeitszeit festgelegt wird, gilt kraft Gesetzes eine wöchentliche Arbeitszeit von 20 Stunden als vereinbart (§ 12 Abs. 1 Satz 3 TzBfG)! Um dies zu vermeiden, muss die wöchentliche Mindestarbeitszeit ausdrücklich geregelt sein.
2. Verrechnung abgesagter Kurse mit Urlaubstagen
Nein, eine solche Verrechnung ist unzulässig. Urlaub dient der Erholung (§ 1 BUrlG) und darf nicht zweckentfremdet werden, etwa um den Vergütungsanspruch für ausfallende Kurse zu umgehen.
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) und das Bundesarbeitsgericht (BAG) betonen regelmäßig, dass Urlaub im Interesse des Arbeitnehmers zur Regeneration dient und nicht einseitig durch den Arbeitgeber zur Kompensation von Arbeitsausfällen eingesetzt werden darf.
Einseitige Anordnung von Urlaub an solchen Tagen ist daher rechtswidrig, es sei denn, der Arbeitnehmer erklärt sich ausdrücklich einverstanden – wobei auch dann gewisse Grenzen einzuhalten sind (z.B. Vorankündigungsfristen, keine Umgehung von Entgeltfortzahlungspflichten).
3. Festlegung der Urlaubstage durch den Arbeitgeber
Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 BUrlG hat der Arbeitgeber den Urlaub unter Berücksichtigung der Urlaubswünsche des Arbeitnehmers zu gewähren, es sei denn, dringende betriebliche Belange oder Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer, die unter sozialen Gesichtspunkten Vorrang verdienen, stehen dem entgegen.
Eine einseitige Festlegung des Urlaubs durch den Arbeitgeber ist nur in engen Grenzen zulässig. Für Minijobber gilt dabei nichts anderes. Denkbar ist aber eine betriebsbedingte Urlaubssperre oder Betriebsurlaub, wenn dies im Arbeitsvertrag oder durch rechtzeitige Ankündigung geregelt ist.
Empfehlung:
Wenn Sie z.B. im Sommer den Betrieb einschränken, kann im Vertrag oder durch rechtzeitige Bekanntgabe festgelegt werden, dass in einem bestimmten Zeitraum (z.B. Kalenderwoche 30–32) Betriebsurlaub genommen wird. Eine einseitige kurzfristige Urlaubsvergabe (z.B. bei Kursausfall) ist jedoch ausgeschlossen.
Ich hoffe diese Informationen helfen Ihnen weiter. Sollten Sie ein Muster für einen rechtssicheren Arbeitsvertrag benötigen, kommen Sie hierzu gerne über meine Kontaktdaten auf mich zu.
Mit freundlichen Grüßen
Hussein Madani
Rechtsanwalt
Antwort
vonRechtsanwalt Hussein Madani
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Wenn ich das richtig verstehe, ist die wöchentliche Mindestarbeitszeit 1 Stunde die bei unseren Trainern eh besteht. Der Hinweis es wird nur tatsächlich geleistete Arbeit bezahlt würde dann vermutlich nichts bringen, da ja die Mindestarbeitszeit unterschritten wird.
Wenn wir den Arbeitsvertrag so gestalten, das die wöchentliche Arbeitszeit 1 Std. beträgt und wir keinen festen Tag angeben sondern nach betrieblichen Bedarf müssen wir dann die Feiertage bezahlen?
Könnten wir bestehende Minijob Verträge per Nachtrag ergänzen ?
Gerne beantworte ich Ihre Rückfragen wie folgt:
1. Mindestarbeitszeit und Vergütung bei Kursausfall:
Wenn Sie im Vertrag eine feste wöchentliche Arbeitszeit von 1 Stunde vereinbaren, muss diese auch bei Kursabsage vergütet werden (§ 615 BGB, Annahmeverzug). Wollen Sie nur tatsächlich geleistete Stunden vergüten, müssen Sie Abrufarbeit (§ 12 TzBfG) mit einer definierten Mindestarbeitszeit regeln – z. B. „bis zu 4 Stunden im Monat, flexibel nach Bedarf".
2. Feiertage:
Feiertage sind nur dann zu vergüten, wenn regelmäßig an einem bestimmten Tag gearbeitet wird (§ 2 EFZG). Wird der Arbeitstag flexibel festgelegt, entfällt die Pflicht zur Feiertagsvergütung.
3. Nachtrag zu bestehenden Verträgen:
Vertragsänderungen sind per einvernehmlichem, schriftlichem Nachtrag möglich. Sie können so bestehende Verträge auf flexible Abrufarbeit umstellen.
Mit freundlichen Grüßen
Hussein Madani