Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Zunächst muss ich Sie auf Folgendes Hinweisen: Ausgehend von Ihrer Mitteilung halte ich es für überwiegend wahrscheinlich, dass die GmbH bereits überschuldet ist und damit eine Insolvenzantragspflicht besteht. Ich kann daher nur dringend empfehlen, dies ggf. mit einem Steuerberater zu prüfen und evtl. angezeigte Sanierungsinstrumente einzusetzen, wie z.B. einen qualifizierten Rangrücktritt für Ihre Darlehen, um eine Insolvenzverschleppung und daraus folgende zivilrechtliche Haftungsansprüche gegen Ihre Person auszuschließen.
Zu den von Ihnen dargestellten Varianten: Die Varianten 1 und 2 sind identisch. Sollten Sie tatsächlich eine Produkthaftpflichtversicherung abschließen können, die a) allfällige Gewährleistungsansprüche abdeckt UND b) aus den Erlösen der GmbH bezahlt werden kann, halte ich das für die sinnvollste Variante. Hier wäre aber ebenfalls durch einen Steuerberater zu prüfen, welche bilanziellen Auswirkungen die Produkthaftpflichtversicherung hat, Stichwort "Ersparnis" von Gewährleistungsrückstellungen.
Bei der Variante 3 erschließt sich mir der Sinn nicht: Hier wollen Sie die wesentlichen Schulden in Form der Gesellschafterdarlehen auf die Holding "umhängen". Die Alt-Gesellschaft soll verkauft oder liquidiert werden. Ob ein Verkauf realistisch ist, wenn es sich nur um einen Mantel handelt, der nur Gewährleistungsrückstellungen enthält, kann ich nicht beurteilen, halte das Szenario aber ausgehend von der dann erforderlichen wirtschaftlichen Neugründung für wenig realistisch. Im Falle einer Liquidation müssten alle Forderungen berichtigt werden, d.h. es wäre hier der Ablauf der Gewährleistungspflichten abzuwarten. Erst danach könnte die Gesellschaft liquidiert werden. Zwar könnte man versuchen, die Gewährleistungsfristen abzuwarten und bei Auftreten von Gewährleistungsfällen Insolvenzantrag zu stellen; allerdings müsste das Konstrukt in diesem Fall dahingehend abgesichert werden, dass ein Fall des "existenzvernichtenden Eingriffs" (d.h. Bündeln der Schulden in einer GmbH, des Vermögens in einer anderen) nicht vorliegen kann.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Antwort
vonRechtsanwalt Thomas Henning, Wirtschaftsjurist
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Rechtsanwalt Thomas Henning, Wirtschaftsjurist
Hallo Herr Henning,
vielen Dank für Ihren Hinweis und Ihre Antworten.
Leider habe ich Ihre Antwort zu Var. 3 nicht verstanden, bzw glaube ich, dass diese nicht meine Frage beantwortet.
Ich habe nicht vor zu Verkaufen. Niemand würde die kaufen.
Liquidation ist wohl unmöglich, da die GmbH nie das Geld dafür verdienen könnte.
Ich möchte auch nicht warten und hoffen das ein Gewährleistungsfall kommt, um einen Insolvenzantrag stellen zu dürfen/müssen.
In Var.3 möchte ich die Darlehen übertragen in eine frische GmbH und die alte „sterben lassen". Konkurs, insolvent… Nennen Sie es wie Sie wollen. An verkauf denke ich nicht.
Ziel wäre damit, dass die neue GmbH an der Börse handelt und die Darlehen abzahlen muss, ohne das Thema Produkthaftung der Babyprodukte der alten GmbH an der Backe zu haben.
Das Thema Produkthaftung stirbt dann mit der alten GmbH.
Oder wie Sie es beschreiben: „Bündeln der Schulden in einer GmbH, des Vermögens in einer anderen"
Alles am besten dieses Jahr noch :)
Ist das machbar?
MfG
Hallo
und danke für die Nachfrage bzw. Klarstellung. Mir war tatsächlich nicht klar, dass die Variante "Verkauf" nicht verfolgt werden soll; den Begriff "abstoßen" hatte ich entsprechend verstanden.
Um eine GmbH (legal) "sterben" zu lassen, sieht das Gesetz grds. nur die Liquidation vor. Sollte diese nicht möglich sein, da das Vermögen die Schulden nicht deckt, kommt auch eine Insolvenz in Betracht. Für letztere bedarf es aber einer zumindest drohenden Zahlungsunfähigkeit bzw. einer Überschuldung; ersteres sehe ich noch nicht, letzteres ist eine Frage der (auch) steuerlichen Bewertung der latenten Gewährleistungsansprüche.
Wenn Sie die Darlehen auf die neue GmbH übertragen, ist die alte nicht automatisch "leer". Denn dort bleiben (und sollen das ja auch) die Gewährleistungsansprüche gebündelt. Diese stehen dann aber, wie bereits erwähnt, einer Liquidation (zumindest während des Sperrjahres, s.u.) entgegen. Diese kann nur dann vollzogen werden, wenn es gelingt, die Gewährleistungsansprüche aus der Alt-GmbH "heraus" zu bekommen, z.B. wenn man die Risiken auf einen Dritten verlagert. Dies dürfte aber entweder nicht gewollt oder realistisch sein, so dass es sich hier um keine Alternative handelt.
Daher sehe ich keine verlässliche Möglichkeit, die alte GmbH in naher Zukunft voll zu beenden. Versuchen kann man es aber dennoch. Denn wenn das Sperrjahr abgelaufen ist UND die Liquidation beendet werden konnte, ehe ein Gewährleistungsanspruch geltend gemacht wurde, dann kann die GmbH auch vor dem Ablauf der gesetzlichen Gewährleistungsfrist die GmbH voll beendet werden.
Im Rahmen der Abwicklung der GmbH ist auch zu beachten, dass sich steuerrechtliche Themen ergeben können, insbesondere bei der Übertragung der Darlehen. Daher wäre eine Beratung durch einen Steuerberater zu empfehlen.
Freundliche Grüße
Thomas Henning
Rechtsanwalt