Sehr geehrte(r) Ratsuchende(r),
vielen Dank für Ihre Anfrage. Dieses Forum kann nur eine erste Einführung in die Beurteilung der Rechtslage anbieten. Unter Berücksichtigung des von Ihnen geschilderten Sachverhalts und des von Ihnen gebotenen Einsatzes gebe ich folgende Einschätzung der Rechtslage:
Aus Ihrer Mitteilung ist zunächst nicht eindeutig zu entnehmen, ob Sie noch vor dem zweiten Tempo-50-Schild von der Polizei geblitzt wurden oder erst auf Höhe desselben bzw. dahinter.
Sollten Sie auf Höhe des zweiten Schildes oder dahinter geblitzt worden sein, so wird Ihre Argumentation wohl nicht greifen, denn dann waren Sie ausreichend vorgewahnt und das zweite Tempo-Schild konnten Sie – so wie ich Ihre Darstellung verstehe - erkennen.
Im anderen Falle hängt die Erfolgsaussicht von weiteren Faktoren ab:
Wenn Sie vor dem zweiten Tempo-Schild geblitzt wurden, so stellt sich zunächst die Frage, in welchem Abstand vor diesem zweiten Schild. Dies ist deshalb von Bedeutung, weil die Geschwindigkeitsbegrenzung natürlich unmittelbar am Schild eingehalten werden muß. Wenn Sie das in verkehrsgerechter Weise im Sinne der Verkehrsvorschriften umsetzen wollen, also ohne Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer, heißt dies, daß Sie die Geschwindigkeit nicht erst am Schild per Vollbremsung reduzieren dürfen, sondern schon vorher die Geschwindigkeit allmählich herabsetzen müssen.
Vor diesem Hintergrund könnte das Gericht Ihre überhöhte Geschwindigkeit in Relation zum Abstand der Meßstelle vom zweiten Tempo-50-Schild setzen. Anhand dieses Verhältnisses könnte es eine Einschätzung treffen, ob Sie die Geschwindigkeit frühzeitig genug herabgesetzt haben oder nicht. Wenn das Gericht der Ansicht sein sollte, Sie hätten bereits deutlich vorher die Geschwindigkeit herbasetzen müssen, dann war Ihr Verhalten fahrlässig.
Außerdem handelt es sich bei der von Ihnen zitierten Verwaltungsvorschrift betreffend die Herabsetzung in 20er Schritten um eine interne Empfehlung und nicht um eine gesetzliche Verpflichtung. Dies können Sie schon daran erkennen, daß Herabsetzungen von 100 auf 70 üblich sind. Auch ist die unmittelbare Herabsetzung von 100 auf 50 durchaus weiter verbreitet.
Das Gericht ist daher nicht gezwungen, diese unmittelbare Herabsetzung zu Ihren Gunsten anzuwenden, kann dies aber andererseits tun.
Die Blendung durch die Sonne und Ihre Ortsunkundigkeit ist nicht unbedingt zu Ihren Gunsten zu bewerten. Das Gericht könnte argumentieren, daß Sie in diesem Falle ganz besondere Vorsicht hätten walten lassen müssen und auch mit einer Reduzierung auf 50 km/h hätten rechnen und Ihr Tempo entsprechend deutlicher reduzieren müssen.
Ob das Gericht dies so sieht oder zu Ihren Gunsten die vorherige völlige Aufhebung und die weit verbreitete Schritt-für-Schritt-Reduzierung berücksichtigt, hängt letztlich vom Richter ab und läßt sich von hier aus nicht beurteilen, zumal dafür weitere Angaben zur Platzierung der Meßstelle erforderlich wären.
Abschließend weise ich vorsorglich auf folgendes hin:
Die vorstehenden rechtlichen Ausführungen erfolgen ausschließlich auf Basis der von Ihnen mitgeteilten Informationen und unter Berücksichtigung des von Ihnen gebotenen Einsatzes.
Bereits kleinste Detailänderungen in der Sachverhaltsmitteilung können zu einer völlig anderen rechtlichen Beurteilung führen.
Zudem berücksichtigen Sie bitte, daß eine Stellungnahme im Rahmen dieses Forums keine persönliche Beratung beim Anwalt Ihres Vertrauens ersetzen kann.
Sofern Sie noch Fragen haben, nutzen Sie die kostenlose Nachfragefunktion.
Ich hoffe, Ihnen mit diesen Angaben behilflich gewesen zu sein, und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Paul Marius von der Forst
Rechtsanwalt
Sehr geehrter Herr Paul Marius von der Forst,
ich bin nach dem ersten Tempo-50-Schild (das ich vermeindlich als Tempo-70-Schild annahm) gemessen worden. Die beiden Schilder stehen ca. 400-500m entfernt. Dazwischen liegt allerdings eine Rechtskurve, sodass das 2. Schild erst nach Durchfahren der Kurve in ca 200-300m sichtbar wird. Ich wurde aber direkt nach Durchfahren der Kurve gelasert. Die Messstelle selber stand in einer Seitenstrasse, die rechts abgeht (eigentlich geradeaus von der Hauptstrasse abgeht, da die Hauptstrasse dort eine Linkskurve macht) ca. 100-150m hinter dem 2. Tempo-50-Schild. Zudem ist die Straße dort stark abschüssig und die Sonne kam hinter einer Baumgruppe hervor, was zu einer kurzzeitigen, dafür aber massiven Blendung führte. Ich hätte das Thema schon längst unter "dumm gelaufen" abgelegt, wenn dieses "Ende aller Streckenverbote" dort nicht gestanden hätte. Dieses war dort aus meiner Sicht fehl am Platz (wahrscheinlich hatte die Baustellenfirma kein anderes Schild zur Hand), da wie ich ja nun mittlerweile weis, gar keine andere Geschwindigkeit auf dieser Landstrasse als 50 zulässig ist. Aber dazu sage ich nochmals, woher sollte ich als Ortsunkundiger das wissen. Wenn ich dort wohne würde, würde man mir das nie abnehmen....das ich nichts vom Tempo 50 wüsste.
Das die Verwaltungsvorschrift nur eine Empfehlung darstellt, ist mir auch klar. Das kann man schon recht gut als Laie aus dem Text entnehmen. Aber es ist doch in vielen Fällen üblich, nicht direkt auf Tempo 50 zu begrenzen, gerade weil dort eher (Landstrasse) Otrsunkundige entlang fahren.
Diese Erläuterung soll der Vollständigkeit halber sein, vielleicht können Sie im Sinne der anderen Forumsleser dazu noch mal ein Statement abgeben. Danke.
Sehr geehrte(r) Ratsuchende(r),
wie ich Ihrer Nachfrage entnehme, war das Schild "Ende aller Streckenverbote" im Rahmen einer Baustelle bzw. von deren Ende aufgestellt und nicht im Rahmen einer ganz normalen Streckenführung. Die von Ihnen erlittene Irreführung ist also eine Folge der Baustelle.
Dieser Umstand kann von entscheidender Bedeutung sein. Da eine Baustelle keine Dauer-Einrichtung ist, kann Ihnen das Gericht vorhalten, Sie hätten in diesem Fall nicht auf die Aufhebung aller Streckenverbote vertrauen dürfen, weil Ihnen der Ausnahmecharakter einer Baustelle bekannt war. Dieser Umstand ist für die Erfolgsaussichten Ihrer Argumentation aus meiner Sicht nicht förderlich.
Wenn im Normalfall auf der kompletten Strecke Tempo 50 angeordnet ist, war also vor dem Baustellenbereich auch Tempo 50 angeordnet. Dann wird das Gericht für Ihren Fall zu berücksichtigen haben, wie lange Sie zuvor auf dieser Landstraße gefahren sind und ob Sie bereits daraus hätten erkennen können, daß wohl keine Begrenzung auf 70 gemeint gewesen sein kann, weil die ganze Strecke vor der Baustelle 50 angeordnet war.
Auch die Beschaffenheit und Einsehbarkeit der Kurve wird eine Rolle spielen. Das Gericht könnte Ihnen vorhalten, daß Sie aufgrund des Kurvenverlaufs eventuell hätten erkennen können, daß Tempo 50 auf dem Schild gestanden haben muß, weil die Kurve Tempo 70 offensichtlich nicht zuläßt.
Der Erfolg Ihrer Argumentation hängt an einer detaillierten Aufklärung aller Einzelheiten der Streckenführung und des Geschehensablaufs ab.
Mit freundlichen Grüßen
Paul Marius von der Forst
Rechtsanwalt