Sehr geehrter Fragesteller,
auf Grund des von Ihnen geschilderten Sachverhaltes und unter Berücksichtigung Ihres Einsatzes beantworte ich Ihre Frage zusammenfassend wie folgt:
Es kommt in Ihrem Fall entscheidend darauf an, ob Ihr Schuldner seinen offiziellen Wohnsitz noch in Deutschland hat. Dies könnten Sie durch eine Auskunft beim Einwohnermeldeamt erfahren.
Wäre dies der Fall, könnten Sie an seine offizielle Adresse den Mahnbescheid schicken. Die Zusendung des Mahnbescheides an die Familie des Schuldners reicht jedoch nur aus, wenn die Wohnsitze identisch sind.
Zur Weiterleitung des Mahnbescheides, egal ob im Inland oder ins Ausland, ist die Familie nicht verpflichtet. Grundsätzlich ist jeder bei Wohnortswechsel selbst verpflichtet, sich um die Weiterleitung seiner Post zu kümmern.
Sollte der Schuldner dann gegen den Mahnbescheid nicht vorgehen und Sie einen Vollstreckungsbescheid erhalten, könnten Sie aus diesem auch grundsätzlich in deutsche Konten des Schuldners vollstrecken.
Problematisch hieran ist, dass die Familie des Schuldners Ihnen nicht zur Auskunft bezüglich solcher Konten verpflichtet ist.
Sie müssten diese Informationen wiederum von ihrem Schuldner erhalten, der nach Ihren Angaben wohl nicht erreichbar ist.
Es ist jedoch eher davon auszugehen, dass Ihr Schuldner aufgrund des längeren Aufenthaltes in Brasilien keinen Wohnsitz mehr in Deutschland hat. In diesem Fall wäre die deutsche Gerichtsbarkeit grundsätzlich nicht mehr zuständig.
Die rechtliche Durchsetzung von Ansprüchen deutscher Gläubiger gegen in Brasilien ansässige Schuldner richtet sich dann nach dem brasilianischen Zivilprozessrecht.
Die einfache Variante eines Mahnbescheides hilft Ihnen bei einem Schuldner in Brasilien dann nicht weiter.
Sie könnten lediglich mit einem in Deutschland erwirkten Titels Ihre Ansprüche geltend machen oder die Durchsetzung der Ansprüche durch Erwirken eines brasilianischen Titels erlangen. Dies ist jedoch sehr aufwendig und sollte nur in Erwägung gezogen werden, wenn die Forderung gegen den Schuldner erheblich ist, da die Hinzuziehung eines brasilianischen Anwaltes notwendig wird.
Des Weiteren ist hier zu beachten, dass wiederum die Familie keine Pflicht trifft, Ihnen die Adresse des Schuldners in Brasilien, mitzuteilen.
D.h. auch wenn Sie rechtmäßig einen Vollstreckungsbescheid erlangen sollten, wird sich die Durchsetzung des Anspruchs in Brasilien schwierig gestalten.
Sollte somit der Schuldner keinen Wohnsitz mehr in Deutschland haben, stehen die Chancen das Geld zurückzuerhalten meines Erachtens schlecht.
Ich hoffe, dass meine Antworten dennoch für Sie hilfreich gewesen sind und darf zusätzlich auf die kostenfreie Nachfragefunktion verweisen. Gerne stehe ich Ihnen auch für die weitere Wahrnehmung Ihrer Interessen zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Florian Müller
(Rechtsanwalt)
Hallo Hr. Müller,
Ihre Antwort war sehr gut, vielen Dank. Ich habe mich zwischenzeitlich erkundigt... der Schuldner hat keinen Wohnsitz mehr in Deutschland. Falls seine Familie oder der Schuldner selbst (er hat sicher von der Familie schon von der Mahnung erfahren) diese Tatasache dem Amtsgericht mitteilt, kann ich dann trotzdem nach Ablauf der Widerspruchsfrist der bereits versandten Mahnung einen Vollstreckungsbescheid erwirken?
Vielen Dank und viele Grüße.
Sehr geehrter Fragesteller,
Wenn nach Erlaß des Mahnbescheides kein Widerspruch hiergegen erfolgt, erläßt das Gericht auf Antrag einen Vollstreckungsbescheid auf Grund dieses Mahnbescheides. Jedoch müssen Sie letztendlich beweisen, dass der Schuldner den Mahnbescheid (und die vorherige Rechnung/Fristsetzung) erhalten hat. Ohne ordnungsgemäße Zustellung ist der Mahnbescheid – ebenso wie später der Vollstreckungsbescheid - unwirksam. Selbst wenn also die Familie den Bescheid weitergeleitet hat, so müßten immer noch Sie beweisen, dass dies tatsächlich erfolgt ist! Ob Ihnen dies gelingen kann, ist von hier aus nicht zu beurteilen, ich schätze die Chancen dafür aber grundsätzlich eher gering.
Mit freundlichen Grüßen
Florian Müller
(Rechtsanwalt)