Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Zunächst gehen Sie Recht in der Annahme, dass die Fristberechnung nach § 187 BGB
erfolgt. Das bedeutet, dass die Einladung hier nicht fristgerecht erfolgt ist.
Eine zu kurz bemessene Einberufungsfrist stellt einen Einberufungsmangel dar. Ein Einberufungsmangel stellt einen sogenannten formellen Beschlussmangel dar, da gegen zwingende statutarische Regeln verstoßen wurde.
Früher hatte der Bundesgerichtshof (BGH) die Auffassung vertreten, dass jeder formelle Beschlussmangel grundsätzlich zur Nichtigkeit des Beschlusses führt, außer wenn der Verfahrensfehler für den Beschluss nicht ursächlich war (vgl. beispielsweise BGH, Urteil vom 09.11.1972, Az. II ZR 63/71
)
Seit einer Entscheidung aus dem Jahr 2007 (BGH, Urteil vom 02.07.2007, Az. II ZR 111/05
) ist der grundsätzliche Prüfungsmaßstab jedoch etwas anders. Der BGH stellt auf die Relevanz des Verfahrensfehlers für die Ausübung der Mitwirkungsrechte aus Sicht eins objektiv urteilenden Vereinsmitgliedes ab.
Sinn und Zweck der Einhaltung von Ladungsfristen ist es, jedem Mitglied die Möglichkeit zu geben, sich auf die Mitgliederversammlung vorbereiten zu können, sowohl was den Termin als auch was die Inhalte der Versammlung angeht. Wenn nun beispielsweise alle Mitglieder auf der Versammlung erscheinen und fundiert über die Tagesordnungspunkte diskutieren, war die um einen Tag zu kurze Einladung nicht relevant.
Wenn alle Mitglieder erscheinen (Vollversammlung), nimmt die Rechtsprechung an, dass die Mitglieder stillschweigend auf die Einhaltung der verletzten Vorschriften verzichten. Das heißt, wenn ein Mitglied den Beschluss aus formellen Gründen anfechten möchte und in der Versammlung anwesend ist, muss dieser die Unwirksamkeit des Beschlusses gegenüber dem Versammlungsleiter ausdrücklich geltend machen.
Praktisch ist es für einen Verein schwierig einen solchen Anfechtungsprozess zu gewinnen, da die Beweislast für die fehlende Relevanz des Verfahrensfehler für das Abstimmungsergebnis beim Verein liegt.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen