Willkommen beim Original und Testsieger.
Online seit 2004, mit über 140.000 Fragen & Antworten. 
00.000
Bewertungen
0,0/5,0
Günstige Rechtsberatung für alle.
Anwalt? Mitmachen

Freie Mitarbeit bei einem Nachhilfeinstitut

20. März 2009 18:15 |
Preis: 30€ Historischer Preis
Hier finden Sie einen
Aktuellen Kostenvorschlag
|

Arbeitsrecht


Ich arbeite seit Dezember 2007 für ein Nachhilfeinstitut. Vor Beginn meiner Tätigkeit musste ich einen sogenannten "Vetrag über Freie Mitarbeit" unterzeichnen. In diesem Vetrag ist ganz klar geregelt, dass es sich nicht um einen Arbeitnehmervetrag handelt ("Beide Parteien sind sich darüber einig, dass es sich um keinen Arbeitnehmervetrag handelt."). Nun steht unter dem Punkt 1. Tätigkeit Folgendes geschrieben:

"Der Auftragnehmer verpflichtet sich, keinerlei eigene Geschäftsbeziehung zu den ihm zugewiesenen Schülern während der Dauer des Vetragsverhältnisses, bzw. nach Beendigung des Vetragsverhältnisses für die Dauer eines weiteren Schuljahres, aufzunehmen. Für den Fall der Zuwiderhandlung verpflichtet sich der Auftragnehmer für jeden Einzelfall eine Vertragsstrafe von 500.- Euro an den Auftraggeber zu bezahlen."

Nun ist es so, dass mich einige Eltern von NachhilfeschülerInnen darauf angesprochen haben, ob ich die Nachhilfe auch privat weiterführen könne. Denn sie würden etwa 45 Euro an das Institut zahlen (von denen ich nicht einmal die Hälfte bekomme) und das könnten sie sich auf Dauer nicht leisten. D.h. wenn der Vertrag auslaufen würde, könnten sie die Nachhilfe nicht fortsetzen. Das würde auch bei mir zu finanziellen Einbußen führen. Ich würde die Nachhilfe gerne privat fortsetzen, wenn da nicht oben genannte Bedingung wäre. Ich stelle mir nun die Frage, ob diese denn rechtens ist. Denn das Nachhilfeinstitut zahlt mir ja keine Entschädigung (zumindest ist in dem Vetrag keinerlei Angabe darüber zu finden), wenn ich NachhilfeschülerInnen verliere, weil den Eltern das Institut zu teuer ist. Mir scheint auch der Betrag von 500 Euro etwas zu hoch, da ich monatlich gerade einmal 100-300 Euro (je nach Inanspruchnahme) verdiene.
Über einen schnellen Rat würde ich mich sehr freuen!

Mit freundlichen Grüßen

Sehr geerter Fragesteller,

gerne beantworte ich Ihre Frage unter Zugrundelegung des von Ihnen geschilderten Sachverhalts und unter Berücksichtigung des von Ihnen ausgelobten Honorars wie folgt:

1. Die von Ihnen zitierte Vertragsklausel beinhaltet zweierlei, nämlich sowohl ein vertragliches als auch ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot. Das vertragliche Wettbewerbsverbot ergibt sich bereits aus der Treuepflicht des Arbeitnehmers, kraft derer jeder Arbeitsvertrag auch ohne ausdrückliche Regelung für die Dauer seines Bestehens ein Wettbewerbsverbot beinhaltet. Große Bedenken habe ich insofern aber gegen die Wirksamkeit der Vertragsstrafenabrede, denn eine solche muss der gesetzlichen AGB-Kontrolle genügen. Vorliegend sprechen meines Erachtens zwei gewichtige Argumente dafür, dass die Vertragsstrafenabrede Sie unangemessen benachteiligt und damit unwirksam ist. Zum einen liegt die einzelne Vertragsstrafe um ein vielfaches über Ihrem durchschnittlichen Monatsverdienst. Zum anderen ist auch keine Regelung eingebunden, die zu einer Höchstbegrenzung der innerhalb eines Monats verwirkbaren Vertragsstrafen führt.

2. Die Vereinbarung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots ist zwar grundsätzlich zulässig, aber wegen des damit verbundenen Eingriffs in Ihre Berufsfreiheit nur dann, wenn Ihnen für die Dauer des Verbots eine Entschädigung gezahlt wird, die für jedes Jahr des Verbots mindestens die Hälfte der zuletzt bezogenen vertragsmäßigen Leistungen erreicht (sogenannte Karenzentschädigung). Da in Ihrem Fall eine Karenzentschädigung nicht vereinbart wurde, ist das Wettbewerbsverbot nichtig mit der Folge, dass hieraus keine Ansprüche gegen Sie hergeleitet werden können. Sie können daher, ohne rechtsbrüchig und vertragsstrafenpflichtig zu werden, die Nachhilfe für die bisher von Ihnen betreuten Schüler nach Ende Ihrer Tätigkeit für das Institut auf privater Basis fortsetzen.

3. Abschließend merke ich noch an, dass es für die Frage, ob jemand Arbeitnehmer oder freier Mitarbeiter ist, nicht darauf ankommt, wie der Vertrag bezeichnet ist, sondern allein darauf, wie der Vertrag tatsächlich "gelebt" wird. Für die Frage, ob eine Lehrkraft Arbeitnehmerin ist, wird von der Rechtsprechung darauf abgestellt, wie intensiv sie in den Unterrichtsbetrieb eingebunden ist und in welchem Umfang sie den Unterrichtsinhalt, die Art und Weise seiner Erteilung, ihre Arbeitszeit und die sonstigen Umstände der Dienstleistung mitgestalten kann. Danach sind an allgemein bildenden Schulen unterrichtende Lehrkräfte in der Regel Arbeitnehmer, wohingegen Dozenten, die wie Sie außerhalb einer allgemein bildenden Schule unterrichten, auch als freie Mitarbeiter beschäftigt werden können. Allerdings können auch Dozenten außerhalb einer allgemein bildenden Schule im Einzelfall Arbeitnehmer sein, wenn ein hoher Grad an Abhängigkeit gegeben ist, z.B. bei einseitiger Vorgabe der Stundenpläne.

In der Hoffnung, Ihnen mit meiner Antwort weitergeholfen zu haben, verbleibe ich

Mit freundlichen Grüßen
Martin Heuser
Rechtsanwalt

Rückfrage vom Fragesteller 28. März 2009 | 21:17

Vielen Dank für Ihre schnelle und ausführliche Antwort. Ich habe jedoch noch eine Nachfrage.
Sie haben geschrieben "Sie können daher, ohne rechtsbrüchig und vertragsstrafenpflichtig zu werden, die Nachhilfe für die bisher von Ihnen betreuten Schüler nach Ende Ihrer Tätigkeit für das Institut auf privater Basis fortsetzen." Bedeutet das, dass ich nach Ende des Vetrags (zwischen den Eltern und dem Institut) für einen Schüler privat tätig werden kann oder erst nachdem mein Vetrag mit dem Institut beendet ist? Denn laut meines Vetrages würde dieser zum Ende des Schuljahres enden, mit einer 2-monatigen Kündigungsfrist. Sollte keine Kündigung erfolgen, verlängert sich der Vertrag um ein weiteres Schuljahr. Denn es ist ja auch möglich, dass ich bis zum Ende des Schuljahres gar keine Nachhilfeschüler mehr zugeteilt bekomme. Und ein Nachhilfeschüler könnte solange auch gar nicht warten, da er die Schule dann bereits beendet hat und vorher gerne von mir auf Prüfungen vorbereitet werden würde.

Und gilt dieser oben angesprochene Vetrag (zwischen mir und dem Institut) für "beide" Nachhilfeinstitute? Denn auf meinem Vertrag steht "Vertrag über freie Mitarbeit zwischen Nachhilfeinstitut XY, Erika Mustermann". Bloß hat Erika Mustermann meinen Namen innerhalb des Institutes weitergeben, an Max Muster, für welchen ich nun auch arbeite. Und habe ich bei diesem keinen separaten Vertrag unterschrieben. Gilt mein Vertrag dann sowohl für Erika Mustermann, als auch für Max Muster, weil sie dem gleichen Institut angehören? Oder hätte ich rein theoretisch bei diesem ebenfalls einen Vertrag unterschreiben müssen?

Über eine Antwort würde ich mich sehr freuen!

Vielen Dank!

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 29. März 2009 | 15:07

Sehr geehrter Fragesteller,

selbstverständlich dürfen Sie eine eigenständige Nachhilfetätigkeit erst entfalten, wenn Ihr Vertrag mit dem Institut beendet ist. Insofern verweise ich auch noch einmal auf die Ausführungen unter Ziffer 1 Satz 2 meiner Antwort.

Im Übrigen dient die Option einer Nachfrage lediglich zur Klärung eventueller Verständnisschwierigkeiten im Hinblick auf die erste Antwort. Sie stellen hier aber keine Verständnisfrage, sondern teilen neue Informationen mit (möglicherweise zwei Verträge) und bitten im Hinblick auf diesen Sachverhalt um eine anwaltliche Stellungnahme. Hierfür ist die Nachfrageoption nicht gedacht. Ich empfehle Ihnen daher, insofern eine neue Frage mit angemessenem Einsatz einzustellen.

Mit freundlichen Grüßen
Martin Heuser
Rechtsanwalt

FRAGESTELLER 4. Oktober 2025 /5,0
Durchschnittliche Anwaltsbewertungen:
4,8 von 5 Sternen
(basierend auf 119006 Bewertungen)
Aktuelle Bewertungen
5,0/5,0
Vielen Dank für die ausführlichen Informationen. ...
FRAGESTELLER
5,0/5,0
Antwort war schnell und gut nachvollziehbar. Vielen Dank. ...
FRAGESTELLER
5,0/5,0
Vielen Dank, einer der Besten hier, wenn nicht sogar der Beste! Immer wieder gerne! ...
FRAGESTELLER