Sehr geerter Fragesteller,
gerne beantworte ich Ihre Frage unter Zugrundelegung des von Ihnen geschilderten Sachverhalts und unter Berücksichtigung des von Ihnen ausgelobten Honorars wie folgt:
1. Die von Ihnen zitierte Vertragsklausel beinhaltet zweierlei, nämlich sowohl ein vertragliches als auch ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot. Das vertragliche Wettbewerbsverbot ergibt sich bereits aus der Treuepflicht des Arbeitnehmers, kraft derer jeder Arbeitsvertrag auch ohne ausdrückliche Regelung für die Dauer seines Bestehens ein Wettbewerbsverbot beinhaltet. Große Bedenken habe ich insofern aber gegen die Wirksamkeit der Vertragsstrafenabrede, denn eine solche muss der gesetzlichen AGB-Kontrolle genügen. Vorliegend sprechen meines Erachtens zwei gewichtige Argumente dafür, dass die Vertragsstrafenabrede Sie unangemessen benachteiligt und damit unwirksam ist. Zum einen liegt die einzelne Vertragsstrafe um ein vielfaches über Ihrem durchschnittlichen Monatsverdienst. Zum anderen ist auch keine Regelung eingebunden, die zu einer Höchstbegrenzung der innerhalb eines Monats verwirkbaren Vertragsstrafen führt.
2. Die Vereinbarung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots ist zwar grundsätzlich zulässig, aber wegen des damit verbundenen Eingriffs in Ihre Berufsfreiheit nur dann, wenn Ihnen für die Dauer des Verbots eine Entschädigung gezahlt wird, die für jedes Jahr des Verbots mindestens die Hälfte der zuletzt bezogenen vertragsmäßigen Leistungen erreicht (sogenannte Karenzentschädigung). Da in Ihrem Fall eine Karenzentschädigung nicht vereinbart wurde, ist das Wettbewerbsverbot nichtig mit der Folge, dass hieraus keine Ansprüche gegen Sie hergeleitet werden können. Sie können daher, ohne rechtsbrüchig und vertragsstrafenpflichtig zu werden, die Nachhilfe für die bisher von Ihnen betreuten Schüler nach Ende Ihrer Tätigkeit für das Institut auf privater Basis fortsetzen.
3. Abschließend merke ich noch an, dass es für die Frage, ob jemand Arbeitnehmer oder freier Mitarbeiter ist, nicht darauf ankommt, wie der Vertrag bezeichnet ist, sondern allein darauf, wie der Vertrag tatsächlich "gelebt" wird. Für die Frage, ob eine Lehrkraft Arbeitnehmerin ist, wird von der Rechtsprechung darauf abgestellt, wie intensiv sie in den Unterrichtsbetrieb eingebunden ist und in welchem Umfang sie den Unterrichtsinhalt, die Art und Weise seiner Erteilung, ihre Arbeitszeit und die sonstigen Umstände der Dienstleistung mitgestalten kann. Danach sind an allgemein bildenden Schulen unterrichtende Lehrkräfte in der Regel Arbeitnehmer, wohingegen Dozenten, die wie Sie außerhalb einer allgemein bildenden Schule unterrichten, auch als freie Mitarbeiter beschäftigt werden können. Allerdings können auch Dozenten außerhalb einer allgemein bildenden Schule im Einzelfall Arbeitnehmer sein, wenn ein hoher Grad an Abhängigkeit gegeben ist, z.B. bei einseitiger Vorgabe der Stundenpläne.
In der Hoffnung, Ihnen mit meiner Antwort weitergeholfen zu haben, verbleibe ich
Mit freundlichen Grüßen
Martin Heuser
Rechtsanwalt
Vielen Dank für Ihre schnelle und ausführliche Antwort. Ich habe jedoch noch eine Nachfrage.
Sie haben geschrieben "Sie können daher, ohne rechtsbrüchig und vertragsstrafenpflichtig zu werden, die Nachhilfe für die bisher von Ihnen betreuten Schüler nach Ende Ihrer Tätigkeit für das Institut auf privater Basis fortsetzen." Bedeutet das, dass ich nach Ende des Vetrags (zwischen den Eltern und dem Institut) für einen Schüler privat tätig werden kann oder erst nachdem mein Vetrag mit dem Institut beendet ist? Denn laut meines Vetrages würde dieser zum Ende des Schuljahres enden, mit einer 2-monatigen Kündigungsfrist. Sollte keine Kündigung erfolgen, verlängert sich der Vertrag um ein weiteres Schuljahr. Denn es ist ja auch möglich, dass ich bis zum Ende des Schuljahres gar keine Nachhilfeschüler mehr zugeteilt bekomme. Und ein Nachhilfeschüler könnte solange auch gar nicht warten, da er die Schule dann bereits beendet hat und vorher gerne von mir auf Prüfungen vorbereitet werden würde.
Und gilt dieser oben angesprochene Vetrag (zwischen mir und dem Institut) für "beide" Nachhilfeinstitute? Denn auf meinem Vertrag steht "Vertrag über freie Mitarbeit zwischen Nachhilfeinstitut XY, Erika Mustermann". Bloß hat Erika Mustermann meinen Namen innerhalb des Institutes weitergeben, an Max Muster, für welchen ich nun auch arbeite. Und habe ich bei diesem keinen separaten Vertrag unterschrieben. Gilt mein Vertrag dann sowohl für Erika Mustermann, als auch für Max Muster, weil sie dem gleichen Institut angehören? Oder hätte ich rein theoretisch bei diesem ebenfalls einen Vertrag unterschreiben müssen?
Über eine Antwort würde ich mich sehr freuen!
Vielen Dank!
Sehr geehrter Fragesteller,
selbstverständlich dürfen Sie eine eigenständige Nachhilfetätigkeit erst entfalten, wenn Ihr Vertrag mit dem Institut beendet ist. Insofern verweise ich auch noch einmal auf die Ausführungen unter Ziffer 1 Satz 2 meiner Antwort.
Im Übrigen dient die Option einer Nachfrage lediglich zur Klärung eventueller Verständnisschwierigkeiten im Hinblick auf die erste Antwort. Sie stellen hier aber keine Verständnisfrage, sondern teilen neue Informationen mit (möglicherweise zwei Verträge) und bitten im Hinblick auf diesen Sachverhalt um eine anwaltliche Stellungnahme. Hierfür ist die Nachfrageoption nicht gedacht. Ich empfehle Ihnen daher, insofern eine neue Frage mit angemessenem Einsatz einzustellen.
Mit freundlichen Grüßen
Martin Heuser
Rechtsanwalt