Gerne zu Ihren Fragen, bei denen es um die die Zulässigkeit von Stellplätzen im Rahmen eines Bebauungsplans aus dem Jahr 1962 geht.
Dabei ist von zentraler Bedeutung, ob die Regelungen des Satzungstextes des von Ihnen zitierten Bebauungsplans, die auf die Festsetzungen zur Zulässigkeit von Garagen und Einstellplätzen verweisen, wirksam sind oder nicht.
Im Einzelnen geht es dabei um die
1. Normenhierarchie und Bebauungspläne
Der Bebauungsplan ist ein Instrument der kommunalen Bauleitplanung und als solcher eine Satzung, die verbindliche Bauvorschriften enthält. Maßgeblich sind die Festsetzungen des Bebauungsplans, sofern sie im Sinne des § 9 Absatz 1 Nr. 4 BauGB rechtmäßig sind.
Zitatende (gekürzt)Zitat:
(1) Im Bebauungsplan können aus städtebaulichen Gründen festgesetzt werden:
1.
die Art und das Maß der baulichen Nutzung;
2.
die Bauweise, die überbaubaren und die nicht überbaubaren Grundstücksflächen sowie die Stellung der baulichen Anlagen;
2a.
vom Bauordnungsrecht abweichende Maße der Tiefe der Abstandsflächen;
3.
für die Größe, Breite und Tiefe der Baugrundstücke Mindestmaße und aus Gründen des sparsamen und schonenden Umgangs mit Grund und Boden für Wohnbaugrundstücke auch Höchstmaße;
4.
die Flächen für Nebenanlagen, die auf Grund anderer Vorschriften für die Nutzung von Grundstücken erforderlich sind, wie Spiel-, Freizeit- und Erholungsflächen sowie die Flächen für Stellplätze und Garagen mit ihren Einfahrten;
Mit dieser Regelung (Flächen für Nebenanlagen (Nr. 4) können auf den Grundstücken Flächen für erforderliche Nebenanlagen festgesetzt werden, die aufgrund anderer Vorschriften für die Nutzung des Grundstücks erforderlich sind. Als Beispiele führt das Gesetz Spiel-, Freizeit- und Erholungsflächen sowie Stellplätze und Garagen einschließlich ihrer Zufahrten an. Mit der Festsetzung soll allerdings nur der Standort der Nebenanlage auf den Grundstücken gesteuert werden. Eine Verpflichtung zu ihrer Errichtung wird damit nicht begründet. Es dürfen aber ausdrücklich nur erforderliche Nebenanlagen festgesetzt werden. Die Erforderlichkeit muss sich dabei aufgrund „anderer Vorschriften" ergeben. Mit diesen anderen Vorschriften ist insbesondere das Bauordnungsrecht der Länder - vorliegend des Landes SH gemeint,
Weitere Anforderungen in Bezug auf Stellplätze und Garagen resultieren mithin aus den einschlägigen bauordnungsrechtlichen Vorschriften der Länder. Sie regeln die Zahl, Anordnung sowie deren Ausführung
Die Festsetzung von Stellplätzen und Garagen muss zudem den Anforderungen des § 12 BauNVO entsprechen (vgl. zur Zulässigkeit von Stellplätzen und Garagen im reinen Wohngebiet BVerwG NVwZ 2003, 1516).
Die Gemeinden haben die Möglichkeit, im Bebauungsplan an den festgelegten Standorten nur Stellplätze oder nur Garagen festzusetzen (BVerwG NVwZ-RR 1990, 90).
2. Zur Rechtslage im Jahr 1962
Die von Ihnen zitierte Regelung des § 12 Abs. 1 der Baunutzungsverordnung (BauNVO) aus dem Jahr 1960 besagt, dass Stellplätze und Garagen in allen Baugebieten grundsätzlich zulässig sind, es sei denn, es ergibt sich etwas anderes aus den Absätzen 2 und 3.
Absatz 2 und 3 enthalten Regelungen zu Bauweisen und Flächen, die auf Ihrem Vorhaben nicht zutreffen, wie Sie angemerkt haben. In der BauNVO von 1960 gab es jedoch noch keinen Absatz 5, der eine spezielle Möglichkeit eröffnet hätte, im Bebauungsplan Stellplätze und Garagen einzuschränken. Dieser Absatz wurde erst 1977 eingeführt.
Der Satzungstext Ihres Bebauungsplans verweist darauf, dass Garagen und Einstellplätze nur „entsprechend der Festsetzungen des Bebauungsplans" zulässig seien. Eine solche Regelung bedarf jedoch konkreter Festsetzungen in der Planzeichnung, also einer Festlegung, wo und unter welchen Bedingungen Stellplätze errichtet werden dürfen oder auch nicht. Da Ihr Bebauungsplan aus 1962 keine entsprechenden Festsetzungen enthält – wie Sie berichten, - es auch kein Planzeichen – liegt hier eine rechtliche Lücke vor.
Mit anderen Worten: Die Regelung im Satzungstext, wonach Garagen und Stellplätze nur „entsprechend der Festsetzungen des Bebauungsplans" zulässig sind, kann nur dann wirksam sein, wenn tatsächlich Festsetzungen getroffen wurden, die dies genauer regeln. Da es keine Planfestsetzungen für Stellplätze gibt, ist dieser Teil der Regelung insoweit inhaltsleer und somit faktisch unwirksam. Folglich entfaltet diese Vorgabe in der Praxis keine beschränkende Wirkung auf Ihre Vorhaben, da schlichtweg keine Festsetzungen vorliegen, auf die Bezug genommen werden kann.
Fazit: Gemäß § 12 Abs. 1 BauNVO von 1960, die zur Zeit der Aufstellung des Bebauungsplans galt, sind Stellplätze und Garagen in allen Baugebieten grundsätzlich zulässig, soweit sich aus den Absätzen 2 und 3 nichts anderes ergibt. Da es keine Planfestsetzung gibt, die Stellplätze untersagt oder einschränkt, und die Absätze 2 und 3 nicht einschlägig sind, sehe ich somit vorbehaltlich einer Ferndiagnose ohne Orts- und vollständiger Aktenkenntnis keinen Hinderungsgrund aus dem Bebauungsplan.
Sie sollten aber in jedem Fall vor Baubeginn eine verbindliche Auskunft (ggf. eine förmliche Voranfrage) bei der zuständigen Baubehörde einholen, um sicherzustellen, dass keine weiteren lokalen Regelungen oder besonderen Bestimmungen entgegenstehen. Denn auch einen Blick in das örtliche Bauordnungsrecht ist unerlässlich, um etwaige zusätzliche Anforderungen für die Errichtung von Stellplätzen abzuklären.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen