Sehr geehrter Fragesteller,
ihre Sorgen sind leider begründet, bedürfen aber der Aufarbeitung.
zunächst ist zu klären, was mit Widerruf gemeint ist, da ein Widerrufsrecht nicht mit dem Rücktritt identisch ist. Da in der Laiensphäre aber das Loslösen vom Vertrag gemeint sein dürfte, wird man es als Rücktrittserklärung auslegen können.
Sodann zu der Zusage des Handelsvertreters: Dieser kann für und im Namen der Firma keine Erklärungen abgeben. Er hat also keinen Einfluss auf die Vertragsstrafe- selbst wenn er es hätte, fehlt es aber an der mit Sicherheit in Ihrem Vertrag vereinbarten Schriftform. Wenn also die Vertragsstrafe bestehen würde, hätte der Vertreter diese aus zwei Gründen schon nicht abändern können - selbst wenn SIe Zeugen für seine Aussage hätten, nützt das nichts. Grund: Sie kannten die fehlende Vertretungsmacht.
Fraglich ist aber, ob der Firma das Schreiben überhaupt zugegangen ist. Wenn Sie es an die Firma adressiert haben, muss es diese auch erreichen. Man kann sich also auf dem Standpunkt stellen, dass der Vertreter auch keine sogenannte "Empfangsvollmacht" hat- den er soll keine rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht haben, das indiziert erstmal, dass er auch keine Empfangsvollmacht hat. Eine empfangsbedürftige Willenserklärung wird nämlich erst wirksam, wenn sie dem Erklärungsempfänger zugeht (vgl. § 130 Abs. 1 BGB
). Eine Willenserklärung wird auch wirksam, wenn sie dem Empfangsvertreter des Adressaten zugeht. Die Vorschriften über die Stellvertretung bei der Abgabe einer Willenserklärung (§ 164 Abs. 1 BGB
) finden entsprechende Anwendung, wenn eine gegenüber einem anderen abzugebende Willenserklärung dessen Vertreter gegenüber erfolgt (§ 164 Abs. 3 BGB
). Entscheidend für eine wirksame passive Stellvertretung ist aber, daß der Empfänger insoweit Vertretungsmacht hat (BGH, 31. Juli 2003 - III ZR 353/02
). Dafür sehe ich hier keine Anzeichen. Wenn der Vertreter das Schreiben aber weitergegeben hat, kommt es darauf nicht an, dann hat die Firma es erhalten. Da Sie dies aber wegen der langen Zeit nicht wissen können, könnte man noch direkt an die Firma einen Widerruf hinterherzuschieben, um erstmal diese Erklärung aus der Welt zu schaffen.
Ist das nicht mehr möglich, weil die Firma das Schreiben erhalten hat, werden Sie sich tatsächlich fragen müssen, wie ihr Rücktritt behandelt werden wird. Hier sollte daher besser klargestellt werden, dass es sich bei dem "Widerruf" von Ihnen um einen vertraglich vereinbarten Ausstieg wegen der Finanzierung handelt. Wenn die Voraussetzungen für den kostenlosen Rücktritt vorliegen, sehe ich gute Chancen, ihre Erklärung entsprechend umzudeuten.
Dann aber kämen Sie iweder zu dem Punkt: "In dem Finanzierungsvorbehalt steht jedoch eine Klausel, dass wenn wir dieses Rücktrittsrecht in Anspruch nehmen für zwei Jahre mit keinem anderen Bauträger bauen dürfen. Da wir inzwischen einen deutlich günstigeren Bauträger gefunden haben, wäre dies nicht gerade optimal. " Man müsste prüfen, ob die Regelung rechtmäßig ist, vieleicht können SIe ihren Fachanwalt nochmal darauf ansetzen. Andernfalls sind SIe tatsächlich in der Zwickmühle- allerdings sollte genau diese Situation vermieden werden, dass Sie ohne Vertragsstrafe "abspringen" und mit einem anderen bauen. Denn Verträge sind nun einmal einzuhalten, und darauf wird sich die Firma berufen.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Hallo, also laut Vertrag kann ich nicht zurücktreten, außer ich erfülle einen der beiden Vorbehalte. Laut Vertrag werden die 10% nur fällig wenn ich den Vertrag kündige. Ich habe meine Frage evtl. etwas falsch formuliert. Ich würde gerne wissen ob ein Widerruf auch gleichzusetzen ist mit einer Kündigung? Denn ein Rücktritt ist ohne einen der beiden Vorbehalte eh nicht möglich. Das Schreiben wurde übrigens per Fax weitergeleitet, sollte also die Firma gestern bzw. spätestens heute erhalten haben. Meinten Sie mit Widerruf umdrehen, dass wir nun ein Schreiben aufsetzen sollten, direkt an die Firma adressiert, indem wir klarstellen das wir von dem Finanzierungsvorbehalt gebrauch machen möchten?
Letzteres ist richtig. Es ist etwas schwer die Lage ohne Einsicht des Vertrages zu beurteilen. Wenn sie aber die vertraglich eingeräumte Möglichkeit zum Rücktritt ohne Kosten nutzen möchten, sollten sie dies unbedingt klarstellen.
Es wäre beides parallel möglich.