Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Kindergeldanspruch besteht, wenn Sie in Deutschland einen Wohnsitz haben. Deshalb ist es wichtig, dass der Antrag vom Vater als Anspruchsberechtigten gestellt wird. Der gewöhnliche Aufenthalt des Vaters liegt bei den Eltern in Deutschland, so dass diese persönliche Voraussetzung i.S.v. § 62 Abs. 1 Nr. 1 EStG
laut Ihren Angaben vorliegen dürfte.
Da sich Ihre Frau mit den Kindern aber vorwiegend im EU-Ausland aufhält, und Sie hier keine Vollbeschäftigung ausüben, liegt der Gedanke für die Familienkasse nahe, dass Sie hier in Deutschland evtl. zu wenig Zeit verbringen und sich hauptsächlich bei Frau und Kindern in Kroatien aufhalten. Nur deshalb will das Amt Nachweise, um sicherzugehen, dass kein Scheinwohnsitz in Deutschland besteht. Daraus ergibt sich dann die Forderung über Nachweise zu Zahlungen für die Wohnung in Deutschland und Ihrer Einkünfte.
Theoretisch könnten Sie auch einer (weiteren) Arbeit in Kroatien nachgehen, was kindergeldschädlich wäre. Ihr deutscher Wohnsitz ist also maßgeblich für die Kindergeldberechtigung. Dass Sie im Wohnhaus der Eltern keine Mietzahlungen leisten, kann der Familienkasse plausibel erklärt und muss insoweit akzeptiert werden. Eine Bestätigung durch den Arbeitgeber, dass Sie die 15-Wochen-Stunde vor Ort in Deutschland ableisten, kann die Wohnsitznahme im Inland beweisen.
Die Dienstanweisung der Kindergeldkasse (DA-KG) bestimmt diesbezüglich:
„Ob ein Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 EStG
vorliegt, prüft die Familienkasse in eigener Zuständigkeit; sie ist insoweit nicht an die Entscheidung des Finanzamts gebunden."
Desweiteren in im Anwendungserlass der Abgabenordnung zu § 8 AO
:
„Wer eine Wohnung von vornherein in der Absicht nimmt, sie nur vorübergehend
(weniger als sechs Monate) beizubehalten und zu benutzen, begründet dort keinen Wohnsitz (BFH-Urteil vom 30.8.1989, I R 215/85
, BStBl II S. 956)...Wer sich - auch in regelmäßigen Abständen - in der Wohnung eines Angehörigen oder eines Bekannten aufhält, begründet dort ebenfalls keinen Wohnsitz (BFH-Urteil vom 24.10.1969, IV 290/64, BStBl 1970 II S. 109
), sofern es nicht wie im Fall einer Familienwohnung ...gleichzeitig die eigene Wohnung ist".
Würde sich Ihre Wohnsitznahme in Deutschland nicht nachweisen lassen, so käme es für die Kindergeldberechtigung auf Ihre inländischen Einkünfte an, § 62 Abs. 1 Nr. 2 EStG
. Gäbe es vorwiegend Einkünfte im Ausland, wäre das ebenfalls kindergeldschädlich. Somit erklärt sich wiederum die Frage nach Ihrem Einkommen. Haben Sie einen Steuerberater, könnte dieser Ihre Steuerpflichtigkeit (mind. 90 % inländische Einkünfte) und des daraus resultierenden Kindergeldanspruchs belegen.
Wohnsitz der Kinder bis Juli 15:
Erst im Juli 2015 ist Kroatien der EU beigetreten. Ab diesem Zeitpunkt wäre ein Kindergeldanspruch gegeben, selbst wenn die Kinder vorwiegend in Kroatien gewesen wären. Vorausgesetzt, Sie haben Ihren Wohnsitz im Inland beibehalten Dies ergibt sich aus dem Umkehrschluss aus § 63 EStG
(Abs. 1 Satz 6):
„Kinder, die weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, haben, werden (für das Kindergeld) nicht berücksichtigt,..."
Im Zeitraum davor (vor Beitritt EU) müssen sich die Kinder aber in Deutschland aufgehalten haben, um einen Kindergeldanspruch für diese Zeit bejahen zu können. Die Familienkasse will deshalb Nachweise dafür, dass der Lebensmittelpunkt in Deutschland war. Ein Indiz dafür ist die Meldebestätigung des Einwohnermeldeamtes, aber vor allem auch Belege, die darauf hinweisen, dass die Kinder sich in Deutschland gewöhnlich aufhielten (Arztbesuche, Betreuungsverträge etc. wie gefordert).
Dies vor dem Hintergrund, dass Sie dann das Kindergeld rückwirkend bis zu vier Jahren nachbezahlt bekommen würden, insofern Sie das so beantragt haben.
Durch die Androhung der Untätigkeitsklage begann die Familienkasse, Ihren Antrag zu bearbeiten. Sie sind also mitten im Bewilligungsverfahren. Wenn Sie jetzt auf Untätigkeit klagen würden, wäre diese Klage unbegründet. Es obliegt jetzt Ihnen aufgrund der Mitwirkungspflicht den Aufforderungen Folge zu leisten. Die Belegpflicht ist insofern nicht als Schikane zu werten. Haben Sie keine Mietverträge, dann gibt es dafür keine Belege und sie können das nur so mitteilen (evtl. gibts Belege über Nebenkosten, die Sie tragen). Sind Sie mit der Behandlung Ihres Antrags unzufrieden besteht die Möglichkeit einer Dienstaufsichtsbeschwerde gegen den Sachbearbeiter. Sie ist an den Leiter der Familienkasse zu richten.
Vor dem Hintergrund, dass Zahlungen mit Bezug zum EU-Ausland deutlich zugenommen haben, und um etwaigen Sozialmissbrauch zu minimieren, sind die Kindergeldkassen zur umfassenden Prüfung verpflichtet. Deswegen müssen Antragsteller auch neuerdings ihre Steueridentifikationsnummer vorlegen, so dass unberechtigte Zahlungen, schneller aufgedeckt werden können.
Erst wenn die Familienkasse Ihnen das Kindergeld versagen sollte (mangels Wohnsitz bzw. unbeschränkter Einkommenssteuerpflichtigkeit), ist gegen diesen Bescheid Einspruch einzulegen. Über den Einspruch entscheidet dann die ranghöhere Behörde. Sollte diese wiederum zum Ergebnis kommen, dass keine Kindergeldberechtigung besteht, ist eine Verpflichtungsklage vor dem Finanzgericht geboten. Der Streitwert wäre der Jahresbetrag des Kindergeldes für beide Kinder (plus evtl. Rückzahlungen vergangener Jahre). Das finanzgerichtliche Verfahren ist grundsätzlich kostenpflichtig (vgl. §§ 1
, 2
, und 52 GKG
). Die Verfahrensgebühr wird bereits mit der Einreichung der Klage fällig (§ 6 Abs. 1 GKG
). Ein Anwalt bekäme bei einem Streitwert von ca. 4512 (12 x 188 Euro x 2) Gebühren in Höhe von ca. 930 Euro (inkl. USt.).
Es empfiehlt sich somit, den Ausgang des Bewilligungsverfahrens abzuwarten. Sobald der Kindergeldkasse alle notwendigen Belege vorliegen, kann sie wegen der Vielzahl an entscheidungserheblichen Fragen zu einem Ergebnis kommen, was Ihnen dann als (positiver / negativer) Kindergeldbescheid zugeht.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
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