Sehr geehrte(r) Fragesteller(in),
die von Ihnen gestellte Frage beantworte ich unter Berücksichtigung des geschilderten Sachverhaltes sowie Ihres Einsatzes wie folgt:
1. Was stehen hier noch für Möglichkeiten offen, das Urteil nun doch noch irgendwie anzufechten?
Ich darf den Sachverhalt kurz zusammenfassen. Sie wurden verurteilt wegen Beleidigung nehme ich an. Ich gehe davon aus, dass Sie vom Strafrichter vor dem Amtsgericht zu einer Geldstrafe oder Bewährungsstrafe verurteilt worden sind. Nähere Angaben dazu fehlen in Ihrem Sachverhalt.
Gegen das Urteil haben Sie fristgerecht Berufung eingelegt. Diese wurde aber verworfen, weil Sie zum Termin nicht erschienen sind.
Stellt sich schon die Frage, warum Sie keinen Rechtsanwalt mit der Verteidigung beauftragt haben.
Es bestünde hier nur die Möglichkeit, einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu beantragen, wenn Ihr Fehlen in der Verhandlung ausreichend entschuldigt werden kann. Allerdings muss dieser Antrag innerhalb einer Woche ab Zustellung des (Verwerfungs-)Urteils gestellt werden (§ 329 StPO
). Ich kann Ihren Angaben nicht entnehmen, ob diese Frist noch gewahrt werden kann. Ich gehe aber eher davon aus, dass die Frist vorbei ist.
Es könnte auch Revision gegen das Verwerfungsurteil eingelegt werden. Angriffspunkt wäre hier nur, falls Sie nicht ordnungsgemäß vom Berufungsgericht geladen worden wären. Aber mangels entgegenstehender Angaben im Sachverhalt gehe ich davon aus, dass eine ordnungsgemäße Ladung vorlag. Darüber hinaus ist hier die Frist auch eine Woche ab Zustellung des Verwerfungsurteils.
Ich sehe hier daher keine Möglichkeiten, gegen die Entscheidung des Gerichts vorzugehen; weder gegen das erstinstanzliche Urteil, noch gegen die Berufungsentscheidung.
Sollte die Frist noch nicht verstrichen sein, rate ich Ihnen, dringend einen Rechtsanwalt zu beauftragen, der hier noch fristgerecht den entsprechenden Rechtsbehelf einlegen wird.
2. Begnadigungsausschuss?
Einen solchen Begnadigungsausschuss gibt es in Deutschland nicht. Es gibt aber ein Gnadenrecht. Sie könnten beim Bundespräsidenten ein Gnadengesuch einreichen.
Darüber hinaus führen einige Bundesländer sogenannte Gnadenordnungen. Aber auch diese stellen hohe Anforderungen an die Begnadigung.
Es müssen entsprechende Gründe vorgetragen werden, die eine Begnadigung rechtfertigen können. Nach dem von Ihnen geschilderten Sachverhalt sehe ich hier keine solchen Gründe.
Allerdings sehe ich hier keine Hoffnung, dass Sie damit auch nur annähernd Erfolg haben könnten.
3. Revision wegen Rechtsfehler, da der "Freund" doch ermittelbar war?
Eine Revision kann nicht mehr eingelegt werden, nachdem bereits eine Berufung eingelegt worden ist. Sie hätten anstelle der Berufung die Revision einlegen müssen.
Fraglich ist hier, ob diese Erfolg gehabt hätte. Grundsätzlich hätte das Gericht Ihrem Beweisantrag nachgehen und die ladungsfähige Anschrift des Zeugen ermitteln müssen. Leider kann ich Ihrem Sachverhalt nicht entnehmen, ob dem Beweisantrag überhaupt stattgegeben wurde. Wurde der Beweisantrag abgelehnt, war das erstinstanzliche Gericht nicht gehalten, den von Ihnen benannten Zeugen eigenständig zu ermitteln.
Insoweit ist zweifelhaft, ob ein angreifbarer Fehler vor lag. Andere Punkte sind aus Ihrem Sachverhalt nicht ersichtlich und wären darüber hinaus nicht mehr anzubringen, da mit der Berufung bereits der Rechtsmittelweg erschöpft ist.
Zusammenfassend muss ich Ihnen daher leider mitteilen, dass Sie mit dem Urteil leben müssen und die Sache nicht nochmal angehen können.
Antwort
vonRechtsanwalt Steffan Schwerin
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