Sehr geehrte Ratsuchende,
ich befürchte, so einfach wird die Sache nicht werden, zumal Sie ggfs. mit dem LK Aurich zu tun bekommen werden und die jeweiligen Sachbearbeiter dort sehr strenge Maßstäbe beim Ermessensgebrauch ansetzen, so dass in der Regel Klageverfahren vorprogrammiert sind.
Wenn Sie im Außenbereich bauliche Änderungen vornehmen, ist das keineswegs "problemlos möglich". Allein die Anhebung des Dachstuhles wird im dortigen LK schon als wesentliche bauliche Änderung angenommen, da allein die äußere Gestaltungsform geändert wird.
Dieses gilt auch für die offenbar ungenehmigte Nutzungsänderung im hinteren Teil des Wohnhauses; ist das ohne Genehmigung geschehen, können Sie sich nicht darauf berufen, dass der Voreigentümer dieses schon gemacht und jahrelang genutzt hat. Eine solche Umnutzung wäre ansich nicht genehmigungsfähig (BVerwG, Urt.v. 19.02.2004, Az.: 4 C 4.03
).
Für die Scheune (Neubau) werden Sie in dieser Form sicher keine Genehmigung erhalten, da dass von Ihnen als Ersatzbau bezeichnete Bauvorhaben einem Neubau gleich kommt, also es keinen "Ersatz" darstellt. Dabei wird zwar ein Ersatz 1:1 gefordert, aber wesentliche Bestandteile und auch der Gebäudecharakter dürfen nun einmal nicht verändert werden - dieses leitet die Rechtsprechung aus § 35 BauGB
ab (u.a. BVerwG, Urt.v. 19.02.2004, Az.: 4 C 4.03
) und argumentiert mit "nicht gleichartig".
Und genau dieser Problemkreis liegt dann bei Ihnen vor, wenn Sie die Scheune in ein Wohnhaus umwandeln wollen.
Insoweit mussen Sie zwischen Sanierung und Neuerstellung strikt unterscheiden.
Im Rahmen der Sanierung dürfen Sie (sofern kein Denkmalschutz besteht) Teile austauschen, es darf aber eben keine wesentliche Änderung vorgenommen werden - und das wesentlich ist, beurteilt der LK in der Region eben sehr streng.
Wollen Sie wirklich sicher gehen, müssen Sie Bauvoranfragen stellen, auch für die Nutzungsänderungen. Bei einem positiven Bescheid dürfen Sie umbauen, ohne Genehmigung jedoch nicht.
Somit beantworten sich Ihre Fragen wie folgt:
1. Darf ich für die Scheune nach zwei Jahren Wohnnutzung einen Ersatzbau errichten, zumindest für die Baufälligen Anteile?
Ohne Genehmigung nicht.
2. Dürfte ich die baufälligen Anteile bereits vorher ersetzen?
Ja, wenn kein Denkmalschutz und keine wesentliche Änderung, sie über 1:1 hinausgeht.
3. Darf ich die Scheune überhaupt sanieren?
Sanieren ja; aber es darf eben nichts wesentlich verändert werden, solange keine entsprechende Genehmigung vorliegt.
4. Kann ich auch diese (hintere Fläche) nach zwei Jahren zu Wohnfläche ausbauen?
Nein, ohne Genehmigung nicht.
Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwalt
Thomas Bohle, Oldenburg
Antwort
vonRechtsanwalt Thomas Bohle
Damm 2
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Sehr geehrter Herr Bohle,
vielen Dank für die rasche Antwort. Ich habe jedoch noch eine Verständnissfrage:
Wohnbereich soll der hintere Teil des Wohnhauses werden. Würde in diesem Fall eine Nutzungsänderung nicht nach einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urteil v. 19.2.2004, Az. 4 C 4.03
) tatsächlich notwendig sein ("...nur noch die Funktion eines "reinen" Wohnhauses. Da die Funktionsänderung, die der Übergang vom landwirtschaftlichen Gebäude zum "reinen" Wohnhaus enthält, von § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BauGB
gedeckt ist, ist das Bauernhaus seit längerem ein materiell rechtmäßiges Wohnhaus")?
Wann die landwirtschaftliche Nutzung aufgegeben wurde, ist mir allerdings nicht sicher bekannt; der Besitzer ist ca. um das Jahr 2009/2010 ausgezogen, möglicherweise bestand bis dahin noch eine Landwirtschaft; jedenfalls ist das dazugehörige Land bislang so auch genutzt worden (verpachtet).
Die Dame beim Bauamt Wittmund sagte mir, dass ich innerhalb der Gebäudehülle 170 qm Wohnfläche erschließen darf - oder habe ich das falsch verstanden?
Und was dürfte ich nach zweijähriger eigener Wohnnutzung dann überhaupt?
Sollten durch die Frage neue Kosten entstehen, lassen Sie es mich bitte wissen.
Vielen Dank!
Sehr geehrte Ratsuchende,
der hintere Teil ist ja bisher noch kein Wohnbereich, so dass es insoweit zu einer Nutzungsänderung kommen wird.
Derzeit haben wir in der Region gerade einen offenbar ähnlich gelagerten Fall, bei dem die Stannungen im hinteren Teil eines Gebäudes liegen; auch da fordert der LK die Nutzungsänderung mit entsprechendem Antrag.
Sofern also das Bauamt Ihnen Auskünfte erteilt, lassen Sie sich diese IMMER schriftlich in Form eines Bescheides geben, da nur so dann eine gewisse Rechtssicherheit bestehen wird - mündliche Auskünfte sind unverbindlich und darauf können Sie nicht (im wahrsten Sinne des Wortes) bauen.
Allein durch längere (zweijährige) Nutzung erwerben Sie KEINE Rechte, irgendetwas zu tun, was nicht genehmigt worden ist, da Sie im Außenbereich sind. Es muss also immer genehmigt sein, wenn es zu solchen Änderungen kommt, wie Sie sie beabsichtigen.
Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwalt
Thomas Bohle, Oldenburg