Gerne zu Ihren Fragen:
1. Anrechnung der Überweisungen auf den Pflichtteil
Die beiden Überweisungen wären Schenkungen, wenn es keine Gegenleistung der Pflichtteilsberechtigten (Ihrer Schwester) gibt und diese Beträge über üblichen Zuwendungen hinausgehen. Dabei gilt Folgendes:
Voraussetzungen für die Anrechnung:
Eine Schenkung setzt voraus, dass die Zuwendung unentgeltlich erfolgte, d.h., es wurde keine Gegenleistung erwartet oder erbracht.
Die Schenkung müsste pflichtteilsergänzungsfähig sein (§ 2325 BGB).
Zitat:§ 2325 BGB Pflichtteilsergänzungsanspruch bei Schenkungen
(1) Hat der Erblasser einem Dritten eine Schenkung gemacht, so kann der Pflichtteilsberechtigte als Ergänzung des Pflichtteils den Betrag verlangen, um den sich der Pflichtteil erhöht, wenn der verschenkte Gegenstand dem Nachlass hinzugerechnet wird.
(2) Eine verbrauchbare Sache kommt mit dem Werte in Ansatz, den sie zur Zeit der Schenkung hatte. Ein anderer Gegenstand kommt mit dem Werte in Ansatz, den er zur Zeit des Erbfalls hat; hatte er zur Zeit der Schenkung einen geringeren Wert, so wird nur dieser in Ansatz gebracht.
(3) Die Schenkung wird innerhalb des ersten Jahres vor dem Erbfall in vollem Umfang, innerhalb jedes weiteren Jahres vor dem Erbfall um jeweils ein Zehntel weniger berücksichtigt. Sind zehn Jahre seit der Leistung des verschenkten Gegenstandes verstrichen, bleibt die Schenkung unberücksichtigt. Ist die Schenkung an den Ehegatten erfolgt, so beginnt die Frist nicht vor der Auflösung der Ehe.
Schenkungen, die mithin innerhalb der letzten 10 Jahre vor dem Tod des Erblassers erfolgten, fallen in die Pflichtteilsergänzungsansprüche.
Kann die Pflichtteilsberechtigte (Ihre Schwester) keine plausible Gegenleistung nachweisen, könnte eine Schenkung angenommen werden.
Mögliche Beweismittel:
Kontoauszüge oder andere Unterlagen, aus denen der Zweck der Überweisung hervorgeht.
Zeugenaussagen, z.B. von Dritten, die Kenntnis von der Überweisung haben.
Schriftverkehr oder mündliche Aussagen des Erblassers zu den Überweisungen.
Teilen Sie dem Notar mit, dass Sie die Überweisungen als Schenkungen ansehen, sofern keine Gegenleistung belegt werden kann. Falls der Notar sich weigert, weitere Nachforschungen anzustellen, können Sie eigenständig Ihre Schwester zur Herausgabe von Informationen auffordern. Falls Ihre Schwester weiterhin nicht kooperiert, könnten Sie gerichtlich vorgehen, um die Anrechnung der Beträge auf deren Pflichtteil durchzusetzen.
2. Verantwortung für Barabhebungen
Da Sie Kontovollmacht hatten, könnten Sie als Erbe grundsätzlich verpflichtet sein, die Verwendung der Mittel zu belegen. Allerdings gibt es Einschränkungen:
- Verpflichtung zur Rechnungslegung:
Eine bloße Vollmacht verpflichtet Sie nicht zur detaillierten Rechenschaftslegung, sofern Sie nicht als Bevollmächtigter im Rahmen eines Auftragsverhältnisses (§ 666 BGB) tätig waren.
- Geschäftsunfähigkeit: Wenn Ihre Mutter geschäftsfähig war, lag die Verantwortung für die Verwendung des Geldes weiterhin bei ihr.
- Nachvollziehbarkeit der Abhebungen:
Wenn ein Teil der Barabhebungen nachweislich Schenkungen waren, sollten Sie diese Beträge konkret benennen.
- Nicht nachvollziehbarer Teil: Sie müssen nur insoweit Auskunft geben, wie Sie nachvollziehbare Informationen haben. Wenn Ihre Mutter das Geld selbst verwaltet oder genutzt hat, liegt die Beweislast für ein Fehlverhalten bei Ihrer Schwester.
Ihre Schwester müsste konkret darlegen, dass Barabhebungen missbräuchlich verwendet wurden, um daraus Ansprüche abzuleiten.
Sie sind nicht verpflichtet, Vermutungen oder unbelegte Vorwürfe Ihrer Schwester zu widerlegen (jur. wären das sog. Ausforschungsbeweisanträge.
Erstellen Sie eine Aufstellung der Ihnen bekannten Abhebungen mit verfügbaren Belegen. Teilen Sie Ihrer Schwester mit, dass Sie für Abhebungen, die Ihre Mutter selbst vorgenommen hat, keine Verantwortung übernehmen.
Wenn Ihre Schwester weiterhin auf vollständige Auskunft besteht, könnte eine gerichtliche Klärung erforderlich sein.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen