Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegeben Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
I.
Wenn die Erbengemeinschaft zu der Erkenntnis kommt, dass der Testamentsvollstrecker seine ihm übertragenen Aufgaben vernachlässigt bzw. die Testamentsvollstreckung nicht nach den ihm übertragenen Pflichten (§§ 2203ff. BGB
und Anordnungen des Erblassers) durchführt und/oder dem Erbe einen wirtschaftlichen Schaden zufügt, dann kann nach deutschem Recht durch die Erben gemäß § 2227 BGB
ein Antrag auf Entlassung des Testamentsvollstreckers beim zuständigem Nachlassgericht gestellt werden.
Voraussetzung für einen solchen Antrag ist, dass die Erben dem Testamentsvollstrecker nachweisen können, dass er eine grobe Pflichtverletzung begangen hat (so genannter wichtiger Grund)oder zur Ausübung seines Amtes unfähig ist. Die Nichtbefolgung des Auskunftsverlangens eines Miterben z.B., kann ein wichtiger Grund zur Entlassung sein.
Aufgrund Ihrer Schilderung gehe ich davon aus, dass die Erbengemeinschaft bereits mehrmals erfolglos versucht hat, den Testamentsvollstrecker zu einer ordnungsgemäßen Tätigkeit zu bewegen. Weitere Fristsetzung und Aufforderungen scheinen deshalb sinnlos zu sein. Ein Entlassungsantrag ist demzufolge die nächstmögliche Maßnahme. Ob und inwiefern ein wichtiger Grund bewiesen werden kann, kann ich von hier aus natürlich nicht beurteilen. Die Prüfung vor Antragstellung als auch die Antragstellung selbst, sollte unter Vorlage aller Akten und Schriftstücke von einem Kollegen durchgeführt werden. Bitte haben Sie Verständnis, dass diese Plattform hierfür nicht die notwendigen Voraussetzungen bietet.
II.
Die Erbengemeinschaft hat gemäß § 2219 BGB
einen Anspruch auf Schadensersatz, wenn der Testamentsvollstrecker die ihm übertragenen Verpflichtungen schuldhaft verletzt hat und dadurch ein konkreter Schaden entstanden ist. Dies können z. B. Schäden aufgrund von Untätigkeit, Missachtung der Anordnungen des Erblassers oder der Verpflichtungen aus den §§ 2203ff. BGB
, die Verweigerung der Erstellung eines ordnungsgemäßen Nachlassverzeichnisses oder das Unterlassen der Erstellung eines Nachlassverzeichnisses sein. Die Beweislast obliegt in diesem Fall den Erben.
Schadensersatzansprüche gegen den Testamentsvollstrecker verjähren gemäß §§ 195
, 199 BGB
innerhalb von 3 Jahren. Die Verjährungsfrist beginnt mit dem Schluss des Jahres in dem der Anspruch entstanden ist und der Anspruchssteller von den anspruchsbegründenden Tatsachen Kenntnis erlangt hat. Mithin verjähren beispielsweise Ansprüche, die im Jahr 2013 entstanden sind am 31.12.2016.
Sie könnten also warten mit der Geltendmachung. Allerdings kann sich die wirtschaftliche Situation des Testamentsvollstreckers bis zum Ende der Testamentsvollstreckung erheblich ändern und/oder der Schaden am Erbe kann erheblich größer werden. Insofern ist es m.E. nicht tunlich abzuwarten, sondern sinnvoll - vorausgesetzt es liegt ein Entlastungsgrund und ein beweisbares Fehlverhalten und ein entsprechender Schaden vor - den Testamentsvollstrecker entlassen zu lassen und Ansprüche geltend zu machen. Freilich können Sie auch Ansprüche geltend machen, ohne vorher Antrag auf Entlassung des Testamentsvollstreckers zu stellen.
III.
Beachten Sie bitte, dass die obigen Ausführungen auf deutsches Recht bezogen sind. Findet der Erbfall in einem anderen Land statt oder ist anderes nationales Recht anzuwenden, kann die Rechtslage eine deutlich andere sein. Dies gilt auch für den Fall, dass wesentliche Informationen nicht mitgeteilt wurden. Ferner weise ich darauf hin, dass diese Plattform nur einen ersten Überblick über ein bestimmtes Rechtsproblem geben kann und eine persönliche Beratung bei einem Rechtsanwalt nicht ersetzen kann.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Tim Droese, Rechtsanwalt
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