Sehr geehrte Ratsuchende,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich anhand des von Ihnen geschilderten Sachverhalts im Rahmen einer Erstberatung beantworten möchte:
Zunächst gehe ich davon aus, dass im Nachlass nicht das Einfamilienhaus als solches ist, sondern ein Miteigentumsanteil zu ein halb vererbt wurde. Dies ergibt sich zumindest so aus Ihren Rechnungen betreffend die diversen Darlehen. Falls dem nicht so ist, so teilen Sie mir das bitte über die kostenlose Nachfragefunktion mit. Die andere Hälfte dürfte zudem schon vor dem Erbfall der Ehefrau gehört haben, richtig?
Weiterhin gehe ich davon aus, das Darlehen Nummer drei über 20.000 € allein von der Ehefrau aufgenommen wurde, aber der verstorbene Ehemann zumindest seine Zustimmung zur Eintragung einer Grundschuld gegeben hat, richtig?
In dieser Konstellation haftet der Sohn zwar als Erbe nicht unmittelbar für Darlehen Nummer drei, da dieses nicht in den Nachlass gehört, bei einem Zahlungsverzug der Ehefrau/Darlehensnehmerin wäre er allerdings indirekt betroffen, da die Bank aus der Grundschuld die Zwangsversteigerung des Hauses betreiben könnte.
"Besteht dennoch die Möglichkeit eine Nachlassinsolvenz oder eine Nachlassverwaltung zu beantragen, um sein Privatvermögen zu schützen?"
Ja, diese Möglichkeit besteht. Gemäß § 1975 BGB
bewirkt die Anordnung der Nachlassverwaltung eine Beschränkung der Haftung des Erben auf den Nachlass (davon gibt es Ausnahmen, vgl. § 1975 in V.m. § 2013 BGB
, welche hier aber wohl nicht einschlägig sind). Gemäß Paragraph 1981 Abs.1 S.1 BGB ist die Nachlassverwaltung auf Antrag eines Erben von Nachlassgericht zwingend anzuordnen. Begründen muss der Erbe seinen Antrag letztlich nur damit, dass er befürchtet (sicheres Wissen ist nicht erforderlich) dass der Nachlass überschuldet sein könnte. Durch die Anordnung der Nachlassverwaltung verlieren die Erben als solche allerdings auch die Verfügungs- und Verwaltungsbefugnis über den Nachlass. Wenn allerdings das Haus ohnehin verkauft werden soll, dann kann dies auch durch einen Nachlassverwalter, welcher auch ein Miterbe sein kann, sachgerecht durchgeführt werden. In Ihrem Falle spricht daher die Sachlage sicherlich eher für einen Antrag auf Nachlassverwaltung.
Wenn sich im Laufe der Nachlassverwaltung herausstellt, dass der Nachlass sicher überschuldet ist, dann mündet das Verfahren in ein Nachlassinsolvenzverfahren. Die Nachlassinsolvenz kann (und muss) gemäß § 317 InsO
auch selbstständig durch die Miterben beantragt werden, soweit der Nachlass zahlungsunfähig oder überschuldet wäre. Auch die Nachlassinsolvenz würde zu einer Haftungsbeschränkung des Erben auf den Nachlass führen.
In Ihrem Fall würde ich indessen ohne nähere Kenntnis der Verwertungschancen des Hauses vorerst "nur" den Antrag auf Nachlassverwaltung in Betracht ziehen. Wenn alle drei Grundschulden jeweils Bankdarlehen sichern, dann müsste durch die Banken im Vorfeld eigentlich geklärt worden sein, dass die Summe der Grundschulden insgesamt den Verkehrswert des Hauses nicht erreichen bzw. sogar überschreiten dürfte. Das entscheidende Stichwort hierzu ist Beleihungswert.
Erst wenn es sicher erschiene, dass auch bei intensiven (u.U. längeren) Verkaufsbemühungen keinen Wert erzielbar ist, welcher die Verbindlichkeiten deckt, wäre eine Überschuldung gegeben und der Nachlassinsolvenzantrag zu stellen.
Abschließend weise ich darauf hin dass zusätzliche Angaben zum Sachverhalt die rechtliche Bewertung u.U. völlig ändern können.
Ich hoffe, meine Antwort hat Ihnen weitergeholfen. Über eine positive Bewertung würde ich mich freuen.
Bei weiterem Vertretungsbedarf in der Sache können Sie mich gerne kontaktieren. Die räumliche Entfernung spielt dabei keine Rolle.
Mit freundlichen Grüßen
Lars Winkler
Rechtsanwalt
Diese Antwort ist vom 10.08.2013 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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Antwort
vonRechtsanwalt Lars Winkler
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Rechtsanwalt Lars Winkler
Sehr geehrter Herr Winkler,
vielen Dank für die rasche und kompetente Antwort.
Zur Klarstellung: Das Haus stand im Alleineigentum des Erblassers. Das Darlehn Nummer 3 wurde allein von ihm aufgenommen.
Dies sollte hier jedoch nicht zu einer anderen Bewertung der Rechtslage führen.
Sehr geehrte Fragestellerin,
Lassen Sie mich Ihre Nachfrage wie folgt beantworten:
Für die Frage, ob Nachlassverwaltung/Nachlassinsolvenz hier möglich und sinnvoll sind, ist es nicht entscheidend, wer das dritte Darlehen aufgenommen hat, richtig.
Der Sohn als Miterbe zu ein halb haftet in diesem Fall für Darlehen Nummer drei im Innenverhältnis der Miterben zur Hälfte, also mit 10.000 €.
Hinsichtlich Ihrer Beispielrechnungen betreffs die anderen Darlehen war ich etwas verwirrt, Sie haben an der Stelle aber recht: Für die Hälfte der Darlehensbeträge hat die Ehefrau schon vor dem Erbfall gehaftet, die andere Hälfte der Schulden verteilt sich jetzt gemäß den Erbquoten je zur Hälfte. Ihre Rechnungen sind korrekt.
Ein Gedanke am Rande, der mit Ihrer Frage freilich nicht direkt etwas zu tun hat:
Haben Sie im Zuge der Verkaufsbemühungen schon einmal daran gedacht, das Haus den kreditgebenden Banken, insbesondere der mit der größten Kreditsumme, anzubieten? Manchmal lässt sich hier eine tragbare Gesamtlösung herstellen, sowohl in Bezug auf Verkaufspreis als auch auf Ablösung der Darlehen/Grundschulden.
Wie gesagt dürften nach den geltenden Richtlinien für Banken (bekannt unter dem Schlagwort Basel II) diese mit Grundschulden gesicherte Darlehen nur bis zu einer gewissen Grenze des Verkehrswertes ausgeben. Zu einer Überschuldung aufgrund solcher Bankdarlehen kann es daher eigentlich nur bei einem größeren Wertverfall der Immobilie kommen. Von daher mein Gedanke, dass sich längere Verkaufsbemühungen hier doch auszahlen könnten.
Mit freundlichen Grüßen,
Lars Winkler
Rechtsanwalt