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Erbnachweis durch Vorlegen eines Erbscheins bei Grundbuchberichtigung

3. Mai 2021 20:12 |
Preis: 65,00 € |

Erbrecht


Beantwortet von


19:20

Sehr geehrte Damen und Herren,

ein privatschriftliches Berliner Testament meiner Eltern, in dem ich als einziger Abkömmling nach Versterben beider Elternteile als Alleinerbe eingesetzt worden bin, ist von diesen 1995 beim zuständigen Nachlassgericht hinterlegt und in amtliche Verwahrung gegeben worden. Im November 2020 ist nun durch Versterben meiner Mutter als letztem lebendem Elternteil der Erbfall eingetreten.

Zum Erbe gehört auch eine Eigentumswohnung, für die ich im April 2021 beim zuständigen Grundbuchamt eine Berichtigung des Grundbuchs auf meinen Namen beantragt habe. Das hinterlegte Testament und Eröffnungsprotokoll des Nachlassgerichts sind von mir zum Nachweis der Erbenstellung beim Grundbuchamt eingereicht worden.

Das Grundbuchamt verlangt nun für den Erbnachweis das Vorlegen eines Erbscheins mit dem Hinweis, dass es sich bei dem Testament um ein privatschriftliches und nicht um ein notarielles handele.

Hierzu nun meine Frage: Ist es möglich, gegen diese Verfügung des Grundbuchamts erfolgreich Beschwerde einzulegen, da in § 35 Abs. 1 Satz 2 GBO lediglich von einer "öffentlichen Urkunde" die Rede ist, die das Vorlegen eines Erbscheins entbehrlich machen kann. Eine Unterscheidung zwischen privatschriftlichem und notariellem Testament erfolgt im Gesetzestext nicht, es wird lediglich auf die Öffentlichkeit der Urkunde (des Testaments) abgestellt, die durch die Hinterlegung beim Nachlassgericht gegeben sein sollte.

Falls es zu dieser oder einer vergleichbaren Rechtsfrage schon Urteile oder eine herrschende Meinung in der Rechtsliteratur gibt, wäre ich für entsprechende Quellenangaben dankbar.


Mit bestem Dank im Voraus und freundlichen Grüßen

3. Mai 2021 | 20:52

Antwort

von


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Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen wie folgt beantworten:

Die Frage ist tatsächlich bereits Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen gewesen. Instruktiv ist hier OLG Düsseldorf, Beschluss v. 01.06.2021 - I-3 Wx 113/12.

Dort heißt es:

Gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1 GBO kann der Nachweis der Erbfolge nur durch Erbschein geführt werden. Beruht jedoch die Erbfolge auf einer Verfügung von Todes wegen, die in einer öffentlichen Urkunde enthalten ist, so genügt es, wenn an Stelle des Erbscheins die Verfügung und die Niederschrift über die Eröffnung der Verfügung vorgelegt werden (§ 35 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 GBO).

Die Verfügung von Todes wegen ist vom Grundbuchamt auf Formgültigkeit und ihren Inhalt hin zu prüfen (OLG München, Beschlüsse vom 25.01.2012 - 34 Wx 316/11, BeckRS 2012, 04409 und vom 12.01.2012 - 34 Wx 501/11 ZErb 2012,82 = BeckRS 2012, 04411).

Dabei steht es nicht im Belieben des Grundbuchamts, ob es einen Erbschein verlangen oder die in § 35 Abs. 1 Satz 2 GBO genannten Beweismittel genügen lassen will. Das Grundbuchamt hat vielmehr selbstständig zur Frage der Erb- wie der Nacherbfolge Stellung zu nehmen, gegebenenfalls auch den Willen des Erblassers auszulegen und Zweifel durch Anwendung des Gesetzes auf die Verfügung zu lösen (OLG München, a.a.O. ).

Es hat in diesem Rahmen auch gesetzliche Auslegungsregeln zu berücksichtigen, wenn das Nachlassgericht voraussichtlich darauf zurückgreifen müsste (OLG München, a.a.O.; OLG Schleswig FGPrax 2006, 248). Seine Pflicht zur Auslegung entfällt nur dann, wenn für die Auslegung tatsächliche Umstände wesentlich sind, die erst aufgeklärt werden müssten. Dazu ist nämlich im Grundbucheintragungsverfahren kein Raum (OLG München, a.a.O.; OLG Schleswig a.a.O. ).

Die inhaltliche Überprüfung der letztwilligen Verfügung muss zu einem eindeutigen Ergebnis führen (OLG München, BeckRS 2012, 04409). Kann das Grundbuchamt die letztwillige Verfügung nicht abschließend beurteilen, führt die Auslegung zu keinem eindeutigen Ergebnis oder weicht das Auslegungsergebnis ab von dem Antrag des Erben, so muss ein Erbschein verlangt werden (Wilsch in BeckOK/Hügel GBO Stand: 01.03.2012 § 35 Rdz. 114).

Nur wenn also das Berliner Testament zu keinem klaren Ergebnis führt, kann das Grundbuchamt hier einen Erbschein verlangen.

Dies scheint mir nicht der Fall zu sein, sodass sich eine Beschwerde auf jeden Fall lohnen wird, bei der ich Sie gerne weiterhin unterstütze.

Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen.

Mit freundlichen Grüßen


Rückfrage vom Fragesteller 10. Mai 2021 | 12:02

Sehr geehrter Herr Park,

ich habe inzwischen Beschwerde gegen die Zwischenverfügung des Grundbuchamtes eingelegt.

Bei telefonischer Rückfrage bei der zuständigen Sachbearbeiterin des Grundbuchamtes wurde mir jedoch mitgeteilt, dass die Beschwerde aufgrund der Legaldefinition des Begriffes der "öffentlichen Urkunde" nach § 415 Abs. 1 ZPO keine Aussicht auf Erfolg beim zuständigen OLG habe.

Nach dieser Legaldefinition sind öffentliche Urkunden von einer öffentlichen Behörde innerhalb der Grenzen ihrer Amtsbefugnisse oder von einer mit öffentlichem Glauben versehenen Person innerhalb des ihr zugewiesenen Geschäftskreises in der vorgeschriebenen Form aufzunehmen. Diese Legaldefinition gilt nach der Rechtsprechung des BGH (NJW 1957, 1673) auch in Grundbuchsachen und wurde nochmals mit einem Beschluss vom OLG München (Beschluss vom 25.07.2018 – 34 Wx 174/18) bestätigt.

Ein eigenhändig errichtetes Testament sei demnach keine öffentliche Urkunde. Zudem werde ein handgeschriebenes Testament weder durch eine amtliche Verwahrung noch durch eine nachlassgerichtliche Eröffnung zu einer öffentlichen Urkunde.

Die hohen Kosten für einen Erbschein aufbringen zu müssen aufgrund dieser Formalie ist sehr ärgerlich, aber die Rechtslage scheint mir recht eindeutig zu sein und wenig Platz für Anfechtungsmöglichkeiten zu bieten, oder wie sehen Sie es?


Mit freundlichen Grüßen

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 10. Mai 2021 | 19:20

Gerne beantworte ich auch Ihre Nachfrage.

Klar sieht der Sachbearbeiter die Sache so, ich würde ein Rechtsmittel unter Zitierung der von mir aufgeführten Rechtssprechung dennoch probieren.

Mit freundlichen Grüßen

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