Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
1. Schenkungen durch die demenzkranke Mutter unter Vollmacht
Die Wirksamkeit von Schenkungen hängt maßgeblich davon ab, ob Ihre Mutter bei Erteilung der Vollmacht geschäftsfähig war und die Tragweite der Vollmacht erkennen konnte. Sollte dies der Fall gewesen sein und die Vollmacht ausdrücklich auch Schenkungen umfasst, können Sie als Bevollmächtigte im Namen Ihrer Mutter Schenkungen vornehmen, sofern dies dem Willen Ihrer Mutter entspricht.
Auch wenn Ihre Mutter an Demenz leidet, ist entscheidend, ob sie im Zeitpunkt der Schenkung noch in der Lage ist, die Bedeutung und Tragweite der Zuwendung zu erfassen. Bei lichten Momenten kann Geschäftsfähigkeit vorliegen. Im Zweifel müsste dies im Streitfall gutachterlich geklärt werden.
2. Gleichbehandlung der Enkel und Pflichtteilsansprüche
Das deutsche Erbrecht kennt das sogenannte "vorweggenommene Erbe" nicht als Rechtsbegriff. Schenkungen zu Lebzeiten sind grundsätzlich wirksam, solange sie nicht aus anderen Gründen (z.B. Geschäftsunfähigkeit) anfechtbar sind.
Pflichtteilsberechtigte (wie die Tochter Ihres verstorbenen Bruders) können nach dem Tod der Mutter einen Pflichtteilsergänzungsanspruch geltend machen, wenn durch Schenkungen der Nachlass vermindert wurde (§ 2325 BGB). Dabei werden Schenkungen, die innerhalb der letzten 10 Jahre vor dem Erbfall erfolgt sind, anteilig dem Nachlass hinzugerechnet.
Wenn alle Enkel die gleiche Zuwendung erhalten, ist dies zwar aus Gründen der Gerechtigkeit sinnvoll, verhindert aber nicht, dass die Nichte als Pflichtteilsberechtigte im Erbfall die Schenkungen an die anderen Enkel im Rahmen des Pflichtteilsergänzungsanspruchs geltend macht. Sie kann verlangen, dass diese Schenkungen bei der Berechnung ihres Pflichtteils berücksichtigt werden.
3. Zulässigkeit und Verhältnismäßigkeit der monatlichen Entnahmen für Pflegeleistungen
Als Bevollmächtigte sind Sie verpflichtet, im Interesse Ihrer Mutter zu handeln und deren Vermögen zu verwalten. Sie dürfen für tatsächlich erbrachte Pflege- und Betreuungsleistungen eine angemessene Aufwandsentschädigung entnehmen, insbesondere wenn dies mit dem Willen Ihrer Mutter geschieht.
Eine monatliche Entnahme von 200 Euro für die umfangreichen Betreuungsleistungen (Pflege, Fahrten, Einkäufe, Arztbesuche, Ausflüge etc.) erscheint grundsätzlich als verhältnismäßig, solange diese Leistungen tatsächlich erbracht werden und die Mutter damit einverstanden ist. Auch gelegentliche gemeinsame Restaurantbesuche sind als Teil der Lebensqualität und Betreuung gerechtfertigt.
Es empfiehlt sich, die Entnahmen und die dafür erbrachten Leistungen nachvollziehbar zu dokumentieren (z.B. durch eine einfache Aufstellung), um im Streitfall nachweisen zu können, dass die Mittel im Interesse der Mutter verwendet wurden.
Fazit
- Schenkungen an die Enkel sind möglich, wenn die Mutter geschäftsfähig ist oder Sie als Bevollmächtigte im Rahmen der Vollmacht handeln und dies dem Willen der Mutter entspricht.
- Die Nichte kann im Erbfall Pflichtteilsergänzungsansprüche geltend machen, auch wenn alle Enkel gleich behandelt wurden.
- Die monatliche Entnahme von 200 Euro für Pflege- und Betreuungsleistungen ist nach den Umständen und bei Einverständnis der Mutter verhältnismäßig, sollte aber dokumentiert werden.
Eine vollständige Unanfechtbarkeit der Schenkungen oder Entnahmen kann nicht garantiert werden, da im Erbfall Pflichtteilsberechtigte immer die Möglichkeit haben, die Rechtmäßigkeit von Schenkungen und Entnahmen überprüfen zu lassen. Bei sorgfältiger Dokumentation und maßvollem Vorgehen sind Sie jedoch rechtlich auf der sicheren Seite.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Antwort
vonRechtsanwalt Deniz Altundag
Teerhof 59
28199 Bremen
Tel: 0421 83066384
Web: https://www.frag-einen-anwalt.de/anwalt/Rechtsanwalt-Deniz-Altundag-__l108683.html
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Herzlichen Dank für die ausführliche und aufschlussreiche Antwort.
Nachfrage: Ist es richtig?
Im Testament stehe ich, Erbin 50% mit den allgemeinen Vollmachten und 2 Erben je 25%.
So haben alle Erben ein Recht, wenn Schenkungen vorgenommen wurden, auf den Pflichtteilergänzungsanspruch. Der wiederum die Hälfte des Erbes beträgt?
Vielen Dank für Ihre Nachfrage. Diese beantworte ich wie folgt:
Nach deutschem Erbrecht ist es korrekt, dass Schenkungen, die der Erblasser zu Lebzeiten vorgenommen hat, im Rahmen des sogenannten Pflichtteilsergänzungsanspruchs (§ 2325 BGB) berücksichtigt werden können. Das bedeutet: Pflichtteilsberechtigte können verlangen, dass bestimmte Schenkungen dem Nachlass fiktiv hinzugerechnet werden, um so ihren Pflichtteil zu berechnen.
Der Pflichtteil beträgt grundsätzlich die Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Das heißt: Wenn ein gesetzlicher Erbe durch Testament enterbt oder weniger als seinen gesetzlichen Anteil erhält, kann er den Pflichtteil verlangen, der die Hälfte des gesetzlichen Erbteils ausmacht.
Mit freundlichen Grüßen