Willkommen beim Original und Testsieger.
Online seit 2004, mit über 140.000 Fragen & Antworten. 
00.000
Bewertungen
0,0/5,0
Günstige Rechtsberatung für alle.
Anwalt? Mitmachen

Eigentümerbeschluss Rückbau angeblicher baulicher Veränderung

| 23. Juni 2025 14:57 |
Preis: 52,00 € |

Mietrecht, Wohnungseigentum


Beantwortet von


11:29

Zusammenfassung

Es geht um eine angebliche Beschlusslage nach dem WEG. Bauliche Veränderung oder nur Mobiliar auf dem Balkon.

Hallo,
ich bewohne seit 2011 eine Mietwohnung in Frankfurt/Hessen in einem mehrstöckigen Hochhaus und habe ein gutes Verhältnis mit meiner Vermieterin. Seit 2014 steht auf meinem Balkon eine Voliere für meine Papageien, damit diese auch ins Freie können. Dafür habe ich damals als ich sie aufgestellt habe, die mündliche Genehmigung des Vaters meiner Vermieterin bekommen, der damals mein Ansprechpartner für die Mietsache war. Nun wurde meine Vermieterin von der Hausverwaltung und per Beschluss der Eigentümergemeinschaft aufgefordert mich wiederum aufzufordern, die Voliere bis spätestens 30.06.25 zu entfernen, da es sich nach deren Einschätzung um eine nicht genehmigte bauliche Veränderung handelt. Nach 11 Jahren! Die Einschätzung fand ausschliesslich von aussen statt, niemand hat die tatsächliche "Bauweise" inspiziert. Ausserdem steht im Raum, dass man sich erhofft, eine ansteigende Taubenpopulation meiner Wohngegend mit dieser Maßnahme entgegenwirken zu können. Dieses Gerücht wurde gestreut im Zusammenhang mit einem Konflikt den ich mit einem neuen Mieter im letzten Jahr zu einem anderen Thema hatte.
1. ist die Voliere aber nicht fest verbaut, sondern ineinander verschraubt, d.h. die Volierenelemente könnten innerhalb 5 Minuten per Schraubmuttern gelöst und entfernt werden
2. ist fraglich auf Basis welcher Grundlage man vermuten kann, dass durch das Entfernen der Voliere weniger Tauben auf den Balkonen (auch meinem Balkon) sitzen werden. Im Gegenteil, wenn die Voliere entfernt würde, hätte ich auf dem gesamten Balkon die Tauben sitzen und wäre noch mehr vom Taubendreck geschädigt, als das jetzt schon der Fall ist.
3. Es werden hier am Haus halbherzig aufgehängte Katzennetze toleriert, und Balkone die vollständig in Plastik gehüllt werden, da diese zur Taubenabwehr gelten. Aber die Voliere, bestehend aus Holzrahmen und Gitterdraht, soll abgebaut werden.
Inwiefern kann ich der Forderung entgegen treten, unter Berücksichtigung dessen, dass die Voliere ja eigentlich keine bauliche Veränderung ist, dass sie bereits seit 2014 steht (Verjährung, Duldung) und dass ähnliche Maßnahmen (Katzennetze die im Wind flattern (also auch nicht schön anzuschauen) und Plastikverkleidung eines Balkons offensichtlich kein Problem für die Eigentümer darstellen. Meine Vermieterin ist mir eigentlich wohlgesonnen und wäre bereit mich zu unterstützen wenn sie wüsste wie. Sie sagt auch sie wüsste nichts von diesem Beschluss der Eigentümer und eine Nachbarin (auch Eigentümerin) sagte sie hätte von so einem Beschluss auch nichts mitbekommen.

Danke und VG,
G.

23. Juni 2025 | 16:19

Antwort

von


(1390)
Vorstadt 42
41812 Erkelenz
Tel: 02435 - 6114416
Tel: 0174 - 9994079
Web: https://www.rechtsanwalt-burgmer.com
E-Mail:
Diesen Anwalt zum Festpreis auswählen Zum Festpreis auswählen

Gerne zu Ihrem Fall, der mehrere rechtliche und tatsächliche Fragen aufwirft, die unter Berücksichtigung des (ggf. spez. hessischen) Mietrechts, des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) sowie der allgemeinen Grundsätze des Zivilrechts zu betrachten sind. In der nachfolgend skizzierten Ausgangslage habe ich die in Ihrem Fall relevanten Eckpunkte fett unterlegt.

I. Ausgangslage
Sie nutzen seit 2014 eine nicht fest verbaute Voliere auf Ihrem Balkon, der wahrscheinlich zum Sondereigentum Ihrer Vermieterin gehört. Die Voliere dient der tiergerechten Haltung Ihrer Papageien und wurde nach Ihrer Darstellung mit mündlicher Zustimmung des damaligen Ansprechpartners (Vater der heutigen Vermieterin) installiert. Nun fordern Hausverwaltung bzw. die Eigentümergemeinschaft über Ihre Vermieterin, dass Sie diese bis zum 30.06.2025 entfernen, mit der Begründung, es handele sich um eine unzulässige (!?) bauliche Veränderung.

II. Bauliche Veränderung oder bloßes Mobiliar?
Ein zentrales Argument ist, ob die Voliere als bauliche Veränderung zu werten ist (§ 22 WEG a.F., § 20 WEG n.F.

Zitat:
§ 20 WEG Bauliche Veränderungen
(1) Maßnahmen, die über die ordnungsmäßige Erhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums hinausgehen (bauliche Veränderungen), können beschlossen oder einem Wohnungseigentümer durch Beschluss gestattet werden. (gekürzt)


in Verbindung mit §§ 14 ff. WEG). Dies wäre nur der Fall, wenn sie wesentlich in die Bausubstanz eingreift oder das äußere Erscheinungsbild der Wohnanlage nachhaltig verändert.

Argumente gegen die Einstufung als bauliche Veränderung:

Keine feste Verbindung mit dem Gebäude: Die Voliere ist verschraubt, nicht mit dem Gebäude fest verbunden, und in wenigen Minuten rückstandslos abbaubar. Dies spricht gegen eine bauliche Veränderung im juristischen Sinne.

Zubehör und nicht Bestandteil der Mietsache: Ein solches leicht entfernbares Element ist als sog. Scheinbestandteil oder gar nur als Mobiliar zu werten.

Optische Vergleichbarkeit mit anderen Vorrichtungen: Wenn Katzennetze und Plastikplanen – teils deutlich auffälliger – erlaubt sind oder zumindest geduldet werden, erscheint die Einschätzung der Voliere als „optisch störend" willkürlich.

Knackpunkt wäre mithin das Tatbestandsmerkmal "...oder das äußere Erscheinungsbild der Wohnanlage nachhaltig verändert."
Das kann ich - zumindest per Ferndiagnose - zu Ihrem Nachteil NICHT erkennen. Eine abschließende Beurteilung kann jedoch letztlich nur nach Ortsbesichtigung und Sichtung von Fotos erfolgen – ein rein äußerlicher Eindruck reicht für eine rechtssichere Bewertung nicht aus.

III. Genehmigung / Duldung / Verwirkung
Auch wenn man – rein hypothetisch – eine bauliche Veränderung annähme, greifen hier Verjährungs- und Duldungsgesichtspunkte:

Dauerhafte Nutzung seit 2014: Eine Nutzung über mehr als 10 Jahre wurde von niemandem beanstandet. Das spricht für eine konkludente Duldung durch die Eigentümergemeinschaft, i.d.R. vertreten durch die Verwaltung.

Rechtsinstitut der Verwirkung (§ 242 BGB): Wenn ein Recht über Jahre nicht geltend gemacht wird, obwohl der Rechtsinhaber davon weiß oder wissen müsste, kann dessen Durchsetzung später treuwidrig sein. Auch das Nachbarschaftsrecht des Landes Hessen, das auch im WEG Anwendung findet, sieht das nicht anders vor.

Zustimmung durch Vertreterin der Vermieterin: Auch wenn mündlich, liegt eine Form von Zustimmung zur Nutzung vor. Das mindert die Vorwerfbarkeit gegenüber Ihnen als Mieter. Allerdings wäre das im Innenverhältnis vorliegend zwar hilfreich - allerdings im Verhältnis zu der WE-Gemeinschaft leider nur sekundär.

IV. Verhältnismäßigkeit / Gleichbehandlung / Willkür
Ein weiteres starkes Argument ergibt sich aus dem Grundsatz der Gleichbehandlung:

Es ist nicht nachvollziehbar, weshalb andere „bauliche" Vorrichtungen – insbesondere mit dem erklärten Zweck der Taubenabwehr – akzeptiert werden, während Ihre Voliere nun beanstandet wird.

Wenn der angebliche Beschluss nicht allen Eigentümern bekannt ist und insbesondere keine ordnungsgemäße Einladung und Abstimmung in einer Eigentümerversammlung erfolgte, wäre der Beschluss nicht wirksam.

V. Handlungsmöglichkeiten für Sie bzw. Ihre Vermieterin

1. Schriftliche Stellungnahme an die Hausverwaltung durch Ihre Vermieterin:
Ihre Vermieterin sollte eine formale Stellungnahme abgeben, in der sie

- Auskunft über die angebliche Beschlusslage verlangt.
- die fehlende oder womöglich formwidrige Einbeziehung als Eigentümerin beanstandet,
- und auf die langjährige Duldung sowie fehlende bauliche Veränderung verweist. Letztlich ist nämlich Ihre Vermieterin aktiv legitimiert, um für Sie tätig zu werden.

2. Verlangen eines Nachweises des Beschlusses:
Fordern Sie über Ihre Vermieterin die Vorlage des vollständigen Protokolls der Eigentümerversammlung, in der der angebliche Beschluss gefasst wurde.

3. Gegendarstellung zur angeblichen Taubenförderung:
Erklären Sie sachlich, dass die Voliere Tauben fernhält und eine Entfernung zur Zunahme des Problems führen würde. Ggf. würde hier ein Sachverständigengutachten zielführend sein.

4. Unterstützung durch Nachbarn/Eigentümer:
Die von Ihnen erwähnte Nachbarin, die keine Kenntnis vom Beschluss hatte, kann als Zeugin auftreten oder Ihre Position durch eigene Stellungnahme stärken.

5. Rechtsberatung erwägen:
Im Falle einer fortgesetzten Forderung durch die Hausverwaltung sollten Sie oder Ihre Vermieterin rechtlichen Beistand (versierter Anwalt m/w. für Mietrecht/WEG-Recht) in Anspruch nehmen.

VI. Fazit
Sie verfügen über mehrere tragfähige Argumente, um die Forderung der Hausverwaltung zurückzuweisen:

Es liegt mit hoher Wahrscheinlichkeit keine bauliche Veränderung vor.

Die Voliere ist seit über 10 Jahren geduldet, was eine nachträgliche Untersagung fragwürdig macht.

Der behauptete Beschluss der Eigentümergemeinschaft ist bisher nicht substantiiert nachgewiesen.

Gleichbehandlungsgrundsatz spricht gegen selektives Vorgehen.

Ihre Vermieterin steht Ihnen wohlwollend gegenüber und kann aktiv werden, ohne ihre Eigentümerrechte zu gefährden.

Ihnen gutes Gelingen wünscht,
Ihr
Willy Burgmer
- Rechtsanwalt




Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen


Rechtsanwalt Krim.-Dir. a.D. Willy Burgmer

Rückfrage vom Fragesteller 24. Juni 2025 | 10:27

Sehr geehrter Hr. RA Burgmer,
vielen Dank für die sehr hilfreiche Antwort. Ich werde die von Ihnen genannten Ausführungen als Vorlage für mein Schreiben an meine Vermieterin nutzen. Unklar ist mir allerdings noch, was schlimmstenfalls passieren kann, wenn ich die Voliere nicht zur genannten Frist abbaue? Ich bin tatsächlich während der genannten Frist im Ausland.

Mit freundlichen Grüssen
G.

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 24. Juni 2025 | 11:29

Gerne zu Ihrer Nachfrage:

Es ist ja offenbar nicht einmal sicher, ob es überhaupt einen Beschluss gibt und mit welchem Inhalt. Das sollte erst einmal die Vermieterin klären.

Ferner sind Beschluss und Fristsetzung zwei verschiedene Sache. Da käme es eben auf den genauen Inhalt an. Die Verwaltung müsste ggf. eine nicht angemessene Fristsetzung verlängern, z.B. wenn die artgerechte Unterbringung der Vögel so kurzfristig nicht umgesetzt werden könnte, Auch Ihr geplanter Urlaub wäre da zu berücksichtigen. Zumindest eine Fristverlängerung - "ohne Anerkenntnis des Beschlusses in der Sache" - sollte Ihre Vermieterin schriftlich mit der Verwaltung kurzfristig klären und ggf. aushandeln können.
Ihnen das Beste und einen schönen Urlaub,
Ihr
Willy Burgmer
- Rechtsanwalt

Bewertung des Fragestellers 24. Juni 2025 | 12:49

Hat Ihnen der Anwalt weitergeholfen?

Wie verständlich war der Anwalt?

Wie ausführlich war die Arbeit?

Wie freundlich war der Anwalt?

Empfehlen Sie diesen Anwalt weiter?

"

Hr. RA Burgmer hat mir sehr weitergeholfen und mir Informationen an die Hand gegeben mit denen ich die nächsten Schritte planen und umsetzen kann. Ich bin ihm sehr dankbar, denn ich hatte keine Ahnung wie ich das Problem anpacken sollte, bzw. ob meine selbst eingeholten Informationen in irgendeiner Weise nützlich waren. Durch seine Beratung fühle ich mich gestärkt und besser gewappnet mich gegen etwaige Entscheidungen seitens der Eigentümer zur Wehr zu setzen.

"
Mehr Bewertungen von Rechtsanwalt Krim.-Dir. a.D. Willy Burgmer »
BEWERTUNG VOM FRAGESTELLER 24. Juni 2025
5/5,0

Hr. RA Burgmer hat mir sehr weitergeholfen und mir Informationen an die Hand gegeben mit denen ich die nächsten Schritte planen und umsetzen kann. Ich bin ihm sehr dankbar, denn ich hatte keine Ahnung wie ich das Problem anpacken sollte, bzw. ob meine selbst eingeholten Informationen in irgendeiner Weise nützlich waren. Durch seine Beratung fühle ich mich gestärkt und besser gewappnet mich gegen etwaige Entscheidungen seitens der Eigentümer zur Wehr zu setzen.


ANTWORT VON

(1390)

Vorstadt 42
41812 Erkelenz
Tel: 02435 - 6114416
Tel: 0174 - 9994079
Web: https://www.rechtsanwalt-burgmer.com
E-Mail:
RECHTSGEBIETE
Strafrecht, Arbeitsrecht, Erbrecht, Familienrecht, Sozialrecht, Miet- und Pachtrecht, Baurecht, Verwaltungsrecht, Vertragsrecht, Steuerrecht