Sehr geehrter Fragesteller,
gerne beantworte ich Ihre Frage unter Berücksichtigung des geschilderten Sachverhaltes wie folgt.
Nach ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes und inzwischen auch der deutschen Obergerichte sind Führerscheine, welche ordnungsgemäß in einem Mitgliedsstaat der EU erworben wurden, in Deutschland anzuerkennen und berechtigen zur unbeschränkten Teilnahme am Straßenverkehr (vgl. insoweit EuGH, Urt. v. 29.4.04 - Kapper- , DAR 2004, 333
; Beschl. v. 6.4.06 -Halbritter-, Az. C 227/05
; Beschl. v. 28.09.06 - Kremer-, DAR 2007, 77
ff.; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 26.8.04, DAR 2004, 714
f. = VRS 107, 382
ff. ; OLG München, Urt. v. 29.01.2007, Az. 4St RR 222/06
).
Demnach dürften Sie, so die Erteilung ordnungsgemäß nach Durchführung der theoretischen und praktischen Prüfung erfolgt, ein Fahrzeug im Bundesgebiet führen.
Hochstreitig und bislang nicht einheitlich entschieden ist allerdings die Frage, ob eine solche Fahrerlaubnis im Nachhinein durch deutsche Behörden aberkannt werden darf. Die Rechtsprechung hierzu ist vielschichtig und, wie gesagt, unterschiedlich. Aktuell wird von deutschen Behörden im Aberkennungsverfahren das Argument des rechtsmissbräuchlichen Erwerbes angeführt. Dies bedeutet, dass jemand lediglich aus dem Grunde eine Fahrerlaubnis im Ausland erwirbt, um hiesige Sanktionen, wie bspw. eine MPU, zu umgehen, ohne den tatsächlichen Lebensmittelpunkt dort zu haben.
Hierzu hat sich weitenteils eine gefestigte Rechtsprechung der Obergerichte gebildet, die diese Argumentation stützen (OVG Koblenz, Beschl. v. 21.06.2007, Az. 10 B 10291/07
; OVG Münster Beschl. v. 23.02.2007, Az. 16 B 178/07
; VGH Mannheim, NZV 2006, 557
ff. u.v.a.). Hierbei handelt es sich allesamt um Beschlüsse, welche im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes gefasst wurden. Ein abschließendes, diese Frage behandelndes Urteil liegt, nicht zuletzt aufgrund der Prozessdauer an den Verwaltungsgerichten, nicht vor.
Ob diese Begründung zulässig ist, wurde durch die Verwaltungsgerichte Chemnitz und Sigmaringen zur Klärung neuerlich dem EuGH zur klärung vorgelegt. Die entscheidung in diesen Verfahren steht noch aus. Ich vertrete selber zahlreiche Mandanten mit dieser Problematik, die sehnlichst auf die Entscheidung aus Luxemburg warten.
Bis zu einer entsprechenden Entscheidung müssten Sie also damit rechnen, dass man Ihnen im Falle eines begründeten Verdachtes die erworbene Fahrerlaubnis nachträglich im Verwaltungsverfahren aberkennt.
Die sicherere Methode in Ihrem Fall wäre wahrscheinlich, hier die Fahrerlaubnis neu zu beantragen und sodann, nach erneuter theoretischer und praktischer Prüfung, den deutschen Führerschein zurück zu erhalten. Angesichts der Tatsache, dass Sie keine Pflichtfahrstunden mehr absolvieren müssen, dürfte sich der Preisvorteil einer im Ausland erworbenen Fahrerlaubnis auch in Grenzen halten, wenn dieser überhaupt bestehen sollte. Die Preise variieren hier zwischen 2.000 und 3.000 EUR.
Ich hoffe ihnen einen ersten Überblick verschafft zu haben und stehe im Rahmen dr kostenlosen Nachfragefunktion gerne für Ergänzungen zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Marc N. Wandt
Rechtsanwalt
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