Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
1. **Zahlungsmodalitäten: Anzahlung vor Übertragung, Restzahlung nach Übertragung**
Die vom Käufer vorgeschlagene Regelung – 15% Anzahlung vor Übertragung, 85% Restzahlung 14 Tage nach Übertragung – ist für Sie als Verkäufer mit erheblichen Risiken verbunden. Sobald Sie den Auth-Code übermitteln und der Käufer die Domain auf sich (oder eine andere Person/Gesellschaft) umschreibt, ist die Domain faktisch und rechtlich aus Ihrem Einflussbereich. Sie haben dann nur noch einen Zahlungsanspruch auf die Restzahlung, aber keine Möglichkeit mehr, die Domain zurückzuholen, falls der Käufer nicht zahlt.
**Risiko der Restkaufpreisverweigerung:**
Es ist durchaus denkbar, dass ein Käufer nach erfolgter Übertragung versucht, die Restzahlung zu verweigern, indem er behauptet, es lägen Mängel vor (z.B. angebliche Rechte Dritter an der Domain, technische Probleme, fehlende Rechteübertragung etc.). Auch wenn solche Einwände unbegründet sein mögen, müssten Sie im Streitfall auf Zahlung klagen, was zeit- und kostenintensiv ist. Die Domain ist dann aber bereits beim Käufer, und Sie haben keine effektive Druckmöglichkeit mehr.
Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Verkäufer das Insolvenzrisiko trägt, sobald die Domain übertragen ist und der Kaufpreis noch nicht vollständig gezahlt wurde. Auch ohne Insolvenz besteht das Risiko, dass der Käufer die Restzahlung verzögert oder verweigert.
**Empfehlung:**
Sicherer ist es, die vollständige Zahlung des Kaufpreises als Voraussetzung für die Übertragung der Domain zu vereinbaren. Erst nach Zahlungseingang sollten Sie den Auth-Code übermitteln und die Übertragung veranlassen. Alternativ kann eine Treuhandlösung (z.B. Notaranderkonto) gewählt werden, ist aber mit Kosten verbunden.
2. **Übermittlung des Auth-Codes per E-Mail – rechtliche Sicherheit**
Die Übermittlung des Auth-Codes per E-Mail ist technisch üblich und rechtlich grundsätzlich zulässig. Mit dem Auth-Code kann der Käufer die Domain auf sich oder eine andere Person übertragen. Sobald Sie den Auth-Code herausgeben, haben Sie keine Kontrolle mehr über die Domain. Daher sollte die Herausgabe des Auth-Codes unbedingt erst nach vollständigem Zahlungseingang erfolgen. Andernfalls besteht das Risiko, dass Sie die Domain verlieren, ohne den vollen Kaufpreis zu erhalten.
3. **Übertragung der Domain an Dritte (z.B. andere GmbH des Käufers)**
Wenn der Käufer den Auth-Code erhält, kann er die Domain an jede beliebige Person oder Gesellschaft übertragen, unabhängig davon, was im Vertrag steht. Die Formulierung, dass der Vertrag auch für alle vom Käufer beauftragten Dritten gilt, ist zwar sinnvoll, schützt Sie aber nicht davor, dass die Domain an eine andere GmbH übertragen wird. Ihr Vertragspartner bleibt der ursprüngliche Käufer, und nur gegen diesen haben Sie Zahlungsansprüche. Sollte die Domain an eine andere GmbH übertragen werden, können Sie die Domain nicht zurückholen, sondern müssten weiterhin den ursprünglichen Käufer auf Zahlung verklagen.
4. **Formulierung: "Die Domain geht nach vollständiger Bezahlung in den Besitz des Käufers über" – ausreichend?**
Diese Formulierung ist sinnvoll, aber nicht ausreichend, wenn Sie den Auth-Code bereits vor vollständiger Bezahlung herausgeben. Entscheidend ist die tatsächliche Kontrolle über die Domain. Sie sollten im Vertrag ausdrücklich regeln, dass die Übertragung (Herausgabe des Auth-Codes) erst nach vollständigem Zahlungseingang erfolgt. Eine zusätzliche Rücktrittsklausel für den Fall der Nichtzahlung ist sinnvoll, aber praktisch wirkungslos, wenn die Domain bereits übertragen wurde, da Sie dann keine Möglichkeit mehr haben, die Domain zurückzuholen.
5. **Weitere Risiken**
- **Rechte Dritter:** Sie haften grundsätzlich dafür, dass die Domain frei von Rechten Dritter ist. Wenn der Käufer nach Übertragung behauptet, es bestünden Rechte Dritter (z.B. Markenrechte), könnte er versuchen, den Kaufpreis zu mindern oder Schadensersatz zu verlangen. Sie sollten im Vertrag klarstellen, inwieweit Sie für Rechtefreiheit einstehen.
- **Markenrechtliche Risiken:** Da der Käufer eine ähnliche Marke eingetragen hat, besteht die Gefahr, dass er nachträglich behauptet, die Domain verletze seine Markenrechte und deshalb der Kaufpreis nicht (vollständig) zu zahlen sei. Auch hier ist eine klare vertragliche Regelung zur Rechtefreiheit und ggf. ein Haftungsausschluss ratsam.
- **Insolvenzrisiko:** Auch wenn Sie die Bonität des Käufers aktuell als gut einschätzen, kann sich dies ändern. Nach Übertragung der Domain sind Sie im Insolvenzfall nur noch Gläubiger mit einer Insolvenzquote (vgl. Dokument 1).
**Fazit und Empfehlung:**
- Übergeben Sie den Auth-Code und damit die Kontrolle über die Domain erst nach vollständigem Zahlungseingang.
- Vereinbaren Sie im Vertrag ausdrücklich, dass die Übertragung der Domain (Herausgabe des Auth-Codes) erst nach vollständiger Bezahlung erfolgt.
- Schließen Sie die Gewährleistung für Rechtefreiheit der Domain aus, soweit möglich, und weisen Sie auf etwaige bekannte Risiken hin.
- Eine Rücktrittsklausel ist sinnvoll, aber nur wirksam, solange Sie noch Inhaber der Domain sind.
- Die Formulierung, dass der Vertrag auch für beauftragte Dritte gilt, ist sinnvoll, ändert aber nichts daran, dass Sie nur gegen Ihren Vertragspartner Ansprüche haben.
Mit dieser Vorgehensweise minimieren Sie Ihr Risiko erheblich. Die vom Käufer vorgeschlagene Zahlungsmodalität ist für Sie als Verkäufer nicht zu empfehlen
Mit freundlichen Grüßen
Antwort
vonRechtsanwalt Jan Wilking
Brandsweg 20
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Rechtsanwalt Jan Wilking
Guten Tag Herr Wilking!
Vielen Dank für ihre Ratschläge.
Ich hätte eine Nachfrage zu ihrem Punkt 2 bzw. 3
"Sicherheit der Übermittlung des Auth-Codes per email"
Wie schütze ich mich vor dem möglichen Risiko, daß der Käufer den Code nach Erhalten des Codes per email, z.b. an einen Dritten weitergibt, welcher die Domain auf eben diesen Dritten registriert, während der Käufer behaupten könnte, der Vertrag wäre nicht erfüllt (da er die Domain nicht auf sich registrieren könne?)
Ich könnte ja kaum beweisen, daß er den Code erhalten bzw. weitergegeben hat.
Wäre ein anderer Übertragungsweg rechtssicherer?
Vielen Dank und Grüße!
Das von Ihnen beschriebene Risiko ist tatsächlich in der Praxis relevant. Sobald Sie den Auth-Code per E-Mail an den Käufer übermitteln, haben Sie als Verkäufer keine Kontrolle mehr darüber, was mit dem Code geschieht. Der Käufer kann den Code an eine beliebige Person oder Gesellschaft weitergeben, die dann die Domain auf sich registriert. Sollte der Käufer anschließend behaupten, er habe die Domain nicht erhalten oder könne sie nicht auf sich registrieren, stehen Sie vor dem Problem, den Zugang und die Verwendung des Auth-Codes nachweisen zu müssen.
**Beweisproblematik:**
Wie Sie richtig anmerken, ist es schwierig, im Nachhinein zu beweisen, dass der Käufer den Auth-Code tatsächlich erhalten und/oder weitergegeben hat. Zwar können Sie den Versand der E-Mail dokumentieren (z.B. durch Versandprotokolle, Lesebestätigung, ggf. Zeugen), aber Sie können nicht beweisen, was der Käufer mit dem Code gemacht hat. Sollte die Domain auf einen Dritten übertragen werden, könnte der Käufer behaupten, dies sei ohne sein Wissen oder gegen seinen Willen geschehen.
**Vertragliche Gestaltung:**
Sie können im Vertrag ausdrücklich regeln, dass mit der Übersendung des Auth-Codes an die im Vertrag genannte E-Mail-Adresse Ihre Verpflichtung zur Übertragung der Domain erfüllt ist. Eine Formulierung könnte lauten:
"Mit der Übersendung des Auth-Codes an die vom Käufer benannte E-Mail-Adresse gilt die Domain als ordnungsgemäß übertragen. Der Verkäufer haftet nicht für eine Weitergabe des Auth-Codes durch den Käufer an Dritte oder für eine Übertragung der Domain auf einen Dritten."
Damit verschieben Sie das Risiko der Weitergabe des Auth-Codes auf den Käufer. Dennoch bleibt das Problem, dass Sie im Streitfall beweisen müssen, dass die E-Mail mit dem Auth-Code tatsächlich beim Käufer angekommen ist.
**Rechtssichere Alternativen:**
Ein rechtssicherer Übertragungsweg wäre die Nutzung eines Treuhandservices oder die Durchführung der Übertragung über einen Notar. Dabei wird der Auth-Code erst nach vollständiger Zahlung und unter Mitwirkung beider Parteien an den Käufer oder einen von ihm benannten Dritten weitergegeben. Der Treuhänder oder Notar kann den Vorgang dokumentieren und bestätigen, dass der Code übergeben wurde und die Domain auf die gewünschte Person übertragen wurde.
Eine weitere Möglichkeit ist die direkte Übertragung der Domain über das jeweilige Provider-Interface, bei der beide Parteien (z.B. per Videokonferenz oder gemeinsam vor Ort) den Transferprozess gemeinsam durchführen und dokumentieren. So kann der Verkäufer sicherstellen, dass die Domain tatsächlich auf den Käufer (oder einen von ihm benannten Dritten) übertragen wird und der Käufer nicht behaupten kann, die Übertragung sei nicht erfolgt.