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Bestandsschutz für Geräteschuppen 50 Jahre nach B-Plan Änderung nachweisen

15. Oktober 2020 18:04 |
Preis: 75,00 € |

Baurecht, Architektenrecht


Beantwortet von

Zusammenfassung

Die objektive Beweislast für das Vorliegen des baurechtlichen Bestandsschutzes liegt beim Grundstückseigentümer. Eine Beweislastumkehr kommt allenfalls in Betracht, wenn das Gebäude vor unvordenklicher Zeit errichtet wurde.

Wir wurden von der Bauaufsicht angeschrieben wegen der Errichtung einer unzulässigen Nebenanlage. Das EFH wurde 1962 gebaut. 1970 wurde der B-Plan geändert und Nebenanlagen außerhalb des Baufensters verboten. Die Vorbesitzer bis 1980 sind verstorben. Wir sollen jetzt nachweisen, dass der Schuppen vor 1970 gebaut wurde. Es gibt keine alten Fotos, keine Luftbilder für diesen Zeitraum. Die Nachbarn aus dieser Zeit sind ebenfalls verstorben. Wie verhalten wir uns jetzt weiter dem Bauamt gegenüber?

15. Oktober 2020 | 19:57

Antwort

von


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Sehr geehrte Fragestellerin,

Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:

Bestandsschutz kommt baulichen Anlagen zu, wenn sie in ihrem Bestand und ihrer Funktion in der Vergangenheit so genehmigt worden sind oder bei genehmigungsfreien Anlagen, wenn sie bei Errichtung oder irgendwann in Laufe ihres Bestehens Rechtmäßigkeit erlangt haben, insbesondere wenn eine Genehmigungspflicht bei ihrer Errichtung nicht bestanden hat oder später, z.B. durch bauliche Veränderungen entfallen ist, und der erlangte Bestandsschutz im Laufe der Zeit auch nicht wieder eingebüßt worden ist (VG Ansbach, Urteil vom 2. Juli 2020 – AN 17 K 19.01745  –, Rn. 37 mit Nachweis, juris). Hier geht es um die Frage, ob der Schuppen vor oder nach Inkrafttreten des Bebauungsplanes 1970 errichtet wurde.

Beruft sich ein Bürger gegenüber einer Beseitigungsanordnung auf Bestandsschutz, weil er behauptet, das Bauwerk sei genehmigt und deswegen formell baurechtmäßig, so macht er im Wege einer Einwendung ein Gegenrecht geltend. Erweist sich als unaufklärbar, ob eine solche Baugenehmigung erteilt worden ist, so geht das zu Lasten des Bürgers, der sich auf diese Einwendung beruft
(BVerwG, Beschluss vom 23. Dezember 1994 – 4 B 262/94  –, Rn. 10, juris). Das bedeutet, dass die Bauaufsichtsbehörde und nachfolgend das Gericht von Amts wegen aufklären müssen, ob der Schuppen vor oder nach 1970 errichtet wurde. Gelangt man hierbei trotz allen Bemühens nicht zu einer Erkenntnis, liegt die Beweislast leider bei Ihnen, denn aktuell entspricht der Schuppen nicht dem geltenden Bauplanungsrecht.

Eine Beweislastumkehr nimmt die Rechtsprechung ausnahmsweise an, wenn ein Gebäude seit „unvordenkbaren Zeiten" besteht (BayVGH, U.v. 3.5.1978 - 10 XV 74, zitiert bei Simon/Busse, Bayerische Bauordnung, Art. 76 Rn. 136), wofür ein mögliches, aber ungeklärtes Bestehen seit rund 60 Jahren nicht ausreicht (siehe nur (VG Ansbach, Urteil vom 2. Juli 2020 – AN 17 K 19.01745  –, Rn. 39, juris). Dieser Zeitraum ist auch noch nicht erreicht.

Vielleicht können Sie nach den eingebauten Materialien einen Rückschluss ziehen auf das Errichtungsdatum. Ergibt sich daraus nichts, so könnten Sie noch einen Befreiungsantrag stellen. Wenn das nicht weiterhilft, könnten Sie der Bauaufsichtsbehörde schließlich noch Ihre persönliche Situation vortragen und auf die damit verbundene Beweisproblematik. Möglicherweise lässt sich die Behörde auf eine Duldung aus ein, auch wenn ich insoweit skeptisch bin.

Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben, und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen


Rechtsanwalt Gero Geißlreiter
Fachanwalt für Verwaltungsrecht

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