Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Frage 1:
Es gibt keine "privilegierten Personen", sondern nur privilegierte Vorhaben und Nutzungen.
Nur auf Letzteres kommt es an, die Person des Eigentümers (oder Erwerbers) spielt rechtlich keine Rolle.
Frage 2:
Der Verkauf ist keine Nutzungsänderung.
Der Käufer kann ja die bisherige Nutzung fortsetzen.
Frage 3:
Zu unterscheiden ist zwischen privilegierter Nutzung und Bestandsschutz.
Bestandsschutz besteht, wenn eine bauliche Anlage früher einmal rechtmäßig war, mittlerweile jedoch nicht mehr genehmigungsfähig ist. Dann greift der Bestandsschutz ein, d.h. die bauliche Anlage muss weder abgerissen werden, noch wird ihre bisher ausgeübte Nutzung unzulässig.
Ein privilegiertes Gebäude ist jedoch auch nach der gegenwärtigen Gesetzeslage rechtmäßig. Dann stellt sich die Frage des Bestandsschutzes erst gar nicht.
Nach der Auskunft des Bauamtes ist hier Letzteres der Fall, d.h. es handelt sich um ein privilegiertes Gebäude (§ 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB
).
Besteht Bestandsschutz, so fällt dieser weg, wenn die Nutzung endgültig aufgegeben worden ist. Dies ist bei einer Nutzungsaufgabe von mehr als zwei Jahren der Fall.
Hier ist es allerdings so, dass die Scheune die Voraussetzungen eines privilegierten Vorhabens erfüllt, und eine Nutzung im Rahmen eines landwirtschaftlichen Betriebs jederzeit zulässig ist.
Frage 4:
Lediglich die Zulässigkeit einer bestimmten Nutzung entfällt im Rahmen des Bestandsschutzes, wenn die Nutzung über längere Zeit nicht mehr ausgeübt wird.
Die Bausubstanz genießt jedoch weiterhin Bestandsschutz, so dass keine Pflicht zum Rückbau besteht.
Erhaltungsmaßnahmen sind im Rahmen des Substanz-Bestandsschutzes zulässig.
Frage 5:
Das Bauamt geht davon aus, dass es sich um reine Erhaltungsmaßnahmen handelt.
Ob die Maßnahmen ansehnlich oder unansehnlich sind, ist rechtlich irrelevant.
Die Grenze zwischen bloßen Erhaltungsmaßnahmen und Neubau können fließend sein; jedenfalls liegt dann ein Neubau vor, wenn von der ursprünglichen Substanz nichts mehr erhalten bleibt. Vorliegend müsste ein Baugutachten klären, ob bereits ein Neubau vorliegt. Allerdings ist es so, dass die Scheune (als untergeordneter Teil eines landwirtschaftlichen Betriebs) auch als Neubau ein privilegiertes Vorhaben und damit zulässig wäre (§ 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB
).
Als Neubau unzulässig wäre das Vorhaben erst und nur dann, wenn eine Nutzungsänderung eintritt, d.h. die Scheune nicht mehr als untergeordneter Teil eines landwirtschaftlichen Betriebs genutzt wird.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Sehr geehrter Herr Neumann,
die Scheune hat substanziellen Bestandsschutz im Rahmen des privilegierten Vorhabens und Erhaltungsmaßnahmen sind hier erlaubt.
Ich bin nach Ihren Antworten in einem Punkt unsicher.
Ist die letzte Satz der Antwort 3 in Zusammenhang mit dem ersten Satz der Antwort 4 zu sehen?
Folglich:
Eine landwirtschaftliche Nutzung im Rahmen des Bestandschutzes entfällt, denn mehr als 2 Jahre vor dem Erwerb des jetzigen Eigentümer war sie von einem Nicht-Landwirt gepachtet und nicht landwirtschaftlich genutzt.
Haben Sie zu den "2 Jahren" ein Literaturhinweis?
Dann darf die Scheune nach dem aktuellen Stand gar nicht mehr genutzt werden, sondern nur erhalten. Eine Nutzungsänderung liegt nicht vor, sodann entfällt auch eine privat- als auch gewerbliche Nutzung.
Ansonsten alles verständlich und sehr gut beantwortet.
Vielen Dank
Sehr geehrter Herr Neumann,
die Scheune hat substanziellen Bestandsschutz im Rahmen des privilegierten Vorhabens und Erhaltungsmaßnahmen sind hier erlaubt.
Ich bin nach Ihren Antworten in einem Punkt unsicher.
Ist die letzte Satz der Antwort 3 in Zusammenhang mit dem ersten Satz der Antwort 4 zu sehen?
Folglich:
Eine landwirtschaftliche Nutzung im Rahmen des Bestandschutzes entfällt, denn mehr als 2 Jahre vor dem Erwerb des jetzigen Eigentümer war sie von einem Nicht-Landwirt gepachtet und nicht landwirtschaftlich genutzt.
Haben Sie zu den "2 Jahren" ein Literaturhinweis?
Dann darf die Scheune nach dem aktuellen Stand gar nicht mehr genutzt werden, sondern nur erhalten. Eine Nutzungsänderung liegt nicht vor, sodann entfällt auch eine privat- als auch gewerbliche Nutzung.
Ansonsten alles verständlich und sehr gut beantwortet.
Vielen Dank
Sehr geehrter Fragesteller,
vorliegend wäre eine Wiederaufnahme der landwirtschaftlichen Nutzung jederzeit zulässig, da diese Nutzungsart privilegiert ist (§ 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB
). Hierfür bedarf es nicht des Rückgriffes auf den Bestandsschutz.
Das Bundes-Verwaltungsgericht hat in seinem Urteil vom 18.05.1995 - Az.: 4 C 20/94
ein zeitliches Stufenmodell zum Entfall des Bestandsschutzes entwickelt.
Entscheidend kommt es demnach darauf an, ob nach außen mit einer Wiederaufnehme der Nutzung zu rechnen ist. Im ersten Jahr nach der Nutzungsaufgabe ist stets damit zu rechnen. Im zweiten Jahr besteht eine Regelvermutung für eine Wiederaufnahme der Nutzung, die jedoch entkräftet werden kann. Im dritten Jahr kehrt sich diese Vermutung um, d.h. es wird vermutet, dass eine Nutzungswiederaufnahme nicht mehr zu erwarten und damit der Bestandsschutz entfallen ist. Derjenige, der sich auf Fortdauer des Bestandsschutzes beruft, muss dann diese Vermutung widerlegen. Je länger die Nutzung nach Ablauf von zwei Jahren nicht mehr ausgeübt worden ist, desto höher sind die Anforderungen, die an die Widerlegung der Vermutung gestellt werden.
Zu beachten ist, dass die Grundsätze zum Bestandsschutz Richterrecht sind. Im Gesetz ist keine bestimmte zeitliche Grenze für den Entfall des Bestandsschutzes im Fall längerer Nutzungsaufgabe enthalten. (Lediglich in den Landes-Bauordnungen der Länder findet sich überwiegend die Bestimmung, dass die Wirkung einer Baugenehmigung entfällt, wenn nicht innerhalb von drei Jahren von ihr Gebrauch gemacht worden ist.)
Mit freundlichen Grüßen,
Carsten Neumann
Rechtsanwalt