Sehr geehrte Ratsuchende,
gerne beantworte ich Ihre Anfrage unter Berücksichtigung Ihrer Sachverhaltsschilderung und Ihres Einsatzes wie folgt:
Der besondere Schutz von Arbeitnehmerinnen während der Schwangerschaft und nach der Geburt ist im Mutterschutzgesetz (MuSchG) geregelt. Zum Schutz der Gesundheit von Mutter und Kind vor Gefahren am Arbeitsplatz sieht das MuSchG auch ein Beschäftigungsverbot vor. Dabei wird zwischen einem generellen und einem individuellen Beschäftigungsverbot unterschieden.
Generelle Beschäftigungsverbote sind arbeitsplatzbezogen und grundsätzlich von jedem Arbeitgeber beim Einsatz von werdenden und stillenden Müttern zu beachten. Beispiele für Tätigkeiten, für die generelle Beschäftigungsverbote gelten, sind in § 4 MuSchG
aufgezählt. In Ihrem Fall könnten insbesondere § 4 Abs.2 Nr.1-3 MuSchG
einschlägig sein. Danach dürfen werdende Mütter nicht mit Arbeiten beschäftigt werden,
- bei denen regelmäßig Lasten von mehr als fünf Kilogramm Gewicht oder gelegentlich Lasten von mehr als zehn Kilogramm Gewicht ohne mechanische Hilfsmittel von Hand gehoben, bewegt oder befördert werden
- nach Ablauf des fünften Monats der Schwangerschaft mit Arbeiten, bei denen sie ständig stehen müssen, soweit diese Beschäftigung täglich vier Stunden überschreitet
- mit Arbeiten, bei denen sie sich häufig erheblich strecken oder beugen oder bei denen sie dauernd hocken oder sich gebückt halten müssen
Der Arbeitgeber hat grundsätzlich eine Beurteilung der Arbeitsbedingungen durchzuführen. Er muss Sie über das Ergebnis der Beurteilung und die zu ergreifenden Schutzmaßnahmen in Kenntnis setzen. Ergibt sich aus der Beurteilung ein Beschäftigungsverbot für die gesamte bzw. für einzelne Tätigkeiten, darf der Arbeitgeber Sie mit diesen Arbeiten nicht beschäftigen. Finanzielle Nachteile dürfen Ihnen durch die Änderung der Arbeitsbedingungen nicht entstehen.
Da die generellen Beschäftigungsverbote nach § 4 MuSchG
individuelle Beschwerden einzelner Mütter nicht ausreichend berücksichtigen, können, ist in § 3 MuSchG
zudem ein individuelles Beschäftigungsverbot geregelt, das vom behandelnden Arzt festgelegt werden kann. Diese Regelung gibt dem Arzt die Möglichkeit zu bestimmen, welche Tätigkeit im Hinblick auf individuelle körperliche Gegebenheiten der werdenden Mutter bzw. des ungeborenen Kindes eine Gefahr darstellen können und deshalb nicht mehr ausgeübt werden dürfen. Der Entscheidungsspielraum des Arztes erstreckt sich von Beschränkungen hinsichtlich Art, Umfang und Dauer bestimmter Tätigkeiten bis hin zum Verbot jeglicher Beschäftigung.
Voraussetzung ist, dass die Gesundheitsgefährdung ursächlich mit der Schwangerschaft und deren Auswirkungen zusammenhängt. Die Arbeit, die nach ärztlichem Zeugnis nicht oder nur in beschränktem Umfang von der Schwangeren ausgeübt werden darf, kann zwar im allgemeinen als ungefährlich eingeschätzt werden, für die Schwangere subjektiv jedoch zu Beschwerden führen, die ihre Gesundheit oder die des Kindes gefährden können. Dies kann z.B. bei Tabakrauch der Fall sein. Auch psychische Belastungen, denen die schwangere Arbeitnehmerin am Arbeitsplatz ausgesetzt ist (z.B. sehr hoher Leistungsdruck, Auseinandersetzungen mit dem Arbeitgeber oder Kollegen) können den Ausspruch eines ärztlichen Beschäftigungsverbotes rechtfertigen. Gründe für ein individuelles Beschäftigungsverbot können natürlich auch eine Risikoschwangerschaft oder die Gefahr einer Frühgeburt sein.
Das ärztliche Beschäftigungsverbot wird durch Vorlage des schriftlichen Zeugnisses des Arztes
beim Arbeitgeber wirksam und ist für beide Seiten bindend. In dem Attest sollte möglichst genau und allgemein verständlich festgehalten sein, ob das Beschäftigungsverbot jegliche Tätigkeit verbietet oder ob Sie leichtere Arbeiten übernehmen beziehungsweise weniger Stunden am Tag arbeiten können. Die Kosten für die Ausstellung des Attestes haben grundsätzlich Sie zu tragen, oftmals werden diese auf Nachfrage aber auch von der Krankenkasse übernommen.
Neben dem Beschäftigungsverbot kann der Arzt auch eine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit bescheinigen. Voraussetzung hierfür ist, dass es sich bei Beschwerden, die auf der Schwangerschaft beruhen, nach Beurteilung des Arztes um einen krankhaften Zustand handelt.
Ich hoffe, Ihnen eine erste hilfreiche Orientierung ermöglicht zu haben. Bei Unklarheiten benutzen Sie bitte die kostenfreie Nachfragefunktion.
Bedenken Sie bitte, dass ich Ihnen hier im Rahmen einer Erstberatung ohne Kenntnis aller Umstände keinen abschließenden Rat geben kann. Sofern Sie eine abschließende Beurteilung des Sachverhaltes wünschen, empfehle ich, einen Rechtsanwalt zu kontaktieren und die Sachlage mit diesem bei Einsicht in sämtliche Unterlagen konkret zu erörtern.
Mit freundlichen Grüßen
28. März 2011
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11:36
Antwort
vonRechtsanwalt Jan Wilking
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