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Balkonüberdachung nachträglich durchsetzen

3. Januar 2012 14:53 |
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Baurecht, Architektenrecht


Beantwortet von


20:13

Fakten:
Wohnungseigentum mit 9 Einheiten abgenommen in 2007.
Gewährleistungsfist endet in 2012.
Teilungserklärung:
--- Enthalten ist folgender Satz: Alle Balkone überdacht.
--- Im Gegensatz dazu ist auf keinem der Bilder/Zeichungen ein oberer Balkon überdacht.
Die Abnahme durch den Verwalter erfolgte ohne einen Hinweis auf die "fehlenden" Balkonüberdachungen.

Jetzt bzw. seit 2008 möchte eine Miteingentümerin die Balkone überdacht haben und hat deswegen versucht alleine als Einzelperson gegen der Bauträger zu klagen. Das OLG hat final entschieden, dass dieser Anspruch nur von der Gemeinschaft aller Eigentümer geltend gemacht werden kann.

Eine gütliche Einigung mit dem Bauträger ist nicht möglich.

Hat die Gemeinschaft unter diesen Voraussetzungen (Widersprüchliche Aussagen in der Teilungserklärung und Abnahme des Verwalters ohen Anzeige es Mangels) eine Chance und wenn ja welche einen Prozess zu gewinnen.
Vielen Dank

3. Januar 2012 | 16:10

Antwort

von


(56)
Marienburger Str. 22
50968 Köln
Tel: 0221 280 659 37
Web: https://www.marko-baurecht.de
E-Mail:

Sehr geehrter Fragensteller,

Ihre Anfrage beantworte ich unter Berücksichtigung des von Ihnen mitgeteilten Sachverhalts und Ihres Einsatzes wie folgt:

Da Ihre WEG-Verwalter die Balkone "abgenommen" hat, bedeutet dies die Hinnahme des Werkes als im Wesentlichen vertragsgemäß.

In rechtlicher Hinsicht führt dies zu einer vollständigen Fertigstellung im Sinne des § 7 MaBV . Sofern - wovon vorliegend wohl auszugehen ist - ihr Verwalter seine Verwalterpflichten nicht verletzt hat, ist davon auszugehen, dass die Abnahme nicht verweigert werden konnte, weil -etwaige- noch bestehenden Mängel derart unbedeutend waren, dass ein Interesse der WEG an der Beseitigung vor Abnahme nicht schützenswert ist (BGH, Urt. v. 25.01.1996 - VII ZR 26/95 -, NJW 1996, 1280 ; OLG Hamm, Urt. v. 13.09.2001 - 17 U 164/00 -, NZBau 2002, 218 ).

Ausgehend von dieser Annahme bestünde auch seitens der WEG kein Anspruch gegen den Bauträger auf Anbringung von Balkonüberdachungen.

Im Übrigen könnte seitens des Gegners auch der Stadpunkt vertreten werden, dass der Boden des Balkons eines jeden Miteigentümers gleichzeitig das Dach des jeweils darunter liegenden Balkons darstellt. Derart betrachtet würde sich die Dach-Frage nur für die obersten Balkone stellen und auch nur dann, wenn dieses nicht von der Dach-Gesamtkonstruktion des Hauses erfasst werden. Für eine eingehendere Würdigung dieser Möglichkeit müsste gegebenenfalls noch eine Besichtigung der Örtlichkeit, zumindest aber Vorlage einer Fotodokumentation bzw. der Teilungserklärung erfolgen.

Nach Maßgabe dieser Dokumente wird - ohne nähere Angaben in der Baubeschreibung - zu beurteilen sein, ob die Balkone den anerkannten Regeln der Technik im Zeitpunkt der Errichtung Ihrer Wohnanlage, 2007, entsprachen.

Von hier aus eine genaue Prognose abzugeben ist ohne Kenntnis Ihrer konkreten Einzelfallumstände nur sehr schwierig. Zu empfehlen wäre aber - sofern noch nicht geschen - die Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens - um einerseits die Verjährung zu hemmen und andererseits die Sachlage - insbesondere das Vorliegen von Mängeln - in Ihrem Fall zu dokumentieren.

Zur Einleitung eines solchen Verfahrens wäre eine Beschlussfassung erforderlich die Ihren Verwalter mit der (gerichtlichen) Feststellung von Baumängeln in Bezug auf die Balkonüberdachung beauftragt und entsprechend bevollmächtigt.

Sofern Ihr WEG Verwalter durch den Bauträger eingesetzt wurde weise ich noch auf folgendes hin: Zu den Pflichten des Verwalters nach § 27 Abs. 1 Nr. 2 WEG gehört auch die Überprüfung des Gebäudes auf Baumängel innerhalb des Laufs der Gewährleistungsfrist. Wird ein Mangel an einem Balkon gerügt und für berechtigt anerkannt, so besteht besondere Veranlassung, baugleiche weitere Balkone auf das Vorhandensein eines Mangels zu untersuchen.

Übernimmt ein Bauträger die erste Verwaltung der Wohnungseigentumsanlage, so hat er bei der Überprüfung des Bauwerks auf Mängel auch die Sorgfaltspflichten eines ordentlichen Bauträgers anzuwenden (OLG München, Beschluss vom 25.09.2008, Az. 32 Wx 79/08 ).

Handelt es sich beispielsweise um den früheren Bauleiter, der später vom Bauträger als Verwalter eingesetzt wird, so ist dieser gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft verpflichtet, die ihm durch diese Tätigkeit bekannt gewordenen Mängel offenzulegen (AG Augsburg, Urteil vom 23.02.2011 - 30 C 2739/08 ).

Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass nach dem von Ihnen mitgeteilten Sachverhalt keine weitergehendere Anspruchsprüfung erfolgen kann. Ich hoffe Ihnen mit dieser Information gedient zu haben und stehe für Anregungen und Rückfragen selbstverständlich zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen
Ra. Markus Koerentz, LL.M.


Rechtsanwalt Markus Koerentz, LL.M.
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht

Rückfrage vom Fragesteller 3. Januar 2012 | 19:02

Zunächst vielen Dank für Ihre Antwort, die jedoch meine Frage nur bedingt beantwortet. Die Balkone sind technisch einwandfrei, jedoch haben die oberen kein Dach.

Es geht nur um Balkone, die oben drüber keinen Balkon mehr haben. Die anderen haben logischerweise ein Dach durch die darüber liegenden Balkone.
Der Bauträger ist kein Verwalter und war es auch nie.
Deswegen möchte ich folgendes Nachfragen:
Wie sehen Sie konkret die Widersprüchlichkeit der Teilungserklärung (Text schreibt alle Balkone überdacht vor und alle Graphiken zeigen die oberen Balkone ohne Dach)? Ist es "üblich" dass obere Balkone kein Dach haben?

Wenn der Verwalter die Wohneinheit abgenommen hat, und den Mangel nicht angezeigt hat, obwohl dieser ja wenn offensichtlich ist, da eine fehlende Balkonüberdachung nicht zu übersehen ist, muss dann gegen den Verwalter und nicht gegen den Bauträger vorgegangen werden?

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 3. Januar 2012 | 20:13

Ach so, also,

regelmäßig ist es in Bauträgerverträgen die die Errichtung einer WEG betreffen so geregelt, dass der WEG-Verwalter nur das Gemeinschaftseigentum abnimmt, die jeweiligen Wohnungseigentümer hingegen das Eigentum an ihren Wohnungen (Sondereigentum).

Hinsichtlich der Balkone ist es so, dass diese regelmäßig in das Sondereigentum fallen, d.h. die jeweiligen Eigentümer sind selbst für die Unterhaltung verantwortlich. In Ihrem Fall besteht die Besonderheit dass die oberen Balkone kein Dach haben. Das Dach einer klassischen Wohnungseigentümergemeinschaft ist aber regelmäßig Gemeinschaftseigentum, da es alle Wohnungen schützt. Das heißt, hier ist die Gemeinschaft verantwortlich. Als solches ist das Gemeinschaftseigentum (Dach) aber mangelfrei erstellt, da die WEG als Gemeinschaft durch das im Gemeinschaftseigentum stehende Dach geschützt wird. Insofern hat der Verwalter bei der Abnahme keinen Fehler gemacht, also er die Ordnungsgemäßheit des Gemeinschaftseigentums bestätigte. Vielmehr hätten die Sondereigentümer der obersten Etage mangelhafte Ausführung rügen müssen, bzw. ihr Sondereigentum nicht abnehmen dürfen.

Hinsichtlich der Baumängelhaftung des Bauträgers kommt es darauf an, ob die betroffenen Eigentümer der oberen Etagen aus ihrem jeweiligen Vertrag mit dem Bauträger Ansprüche auf Errichtung eines Balkondaches herleiten können. Wenn sich dies nicht aus der Prospektzeichnung ergibt, möglicherweise aus dem Architektenplan oder aus dem Kaufvertrag. Sofern darin Anhaltspunkte für eine Pflicht zur Errichtung von Balkondächen in der obersten Etage - oder etwa ein Verweis auf die Teilungserkärung - zu finden sind, rate ich Ihnen dem Bauträger eine Frist setzten und dann das selbständige Beweisverfahren einzuleiten, um die 5-jährige Verjährungsfrist zu hemmen. So wie Sie den Fall bisher schildern bestehen solche Ansprüche nicht, da ja keine Zeichnung vorhanden und Sie auch sonst keine entpsrechenden Anhaltspunkte erwähnen die Ansprüche gegen den Bauträger begründen.

Soweit Sie die Teilungserklärung bzw. einen dieser entsprechenden Zustand erwähnen wäre der Anspruch gemäß § 21 Abs. 4 WEG auf erstmalige Herstellung eines ordnungsmäßigen, der Teilungserklärung und dem Aufteilungsplan entsprechenden baulichen Zustands der Wohnanlage gerichtet und nicht gegen den Bauträger sondern gegen die Gemeinschaft geltend zu machen, der der Bauträger wohl nicht angehört, wie sich aus Ihrer Nachfrage schließen lässt.

Zu beachten ist, dass dieser Anspruch der dreijährigen Regelverjährung gemäß § 195 BGB unterliegt, jedoch nicht ab Abnahme. Die Verjährungsfrist des hier möglicherweise gegebenen Anspruchs gegen die WEG beginnt vielmehr grundsätzlich mit der Anspruchsentstehung. Dies ist beim Erwerb von Wohnungseigentum vom Bauträger das Entstehen einer (werdenden) Eigentümergemeinschaft, also die Besitzübergabe und Eintragung einer Auflassungsvormerkung zu Gunsten des ersten Erwerbers (BGH, Beschluss vom 05.06.2008, Az. V ZB 85/07 ).

Sind seit diesem Zeitpunkt 3 Jahre verstrichen kann die Gemeinschaft Verjährung einwenden, es sei denn die nach § 199 Abs. 1 BGB für den Verjährungsbeginn erforderliche Kenntnis von den anspruchsbegründenden Tatsachen lag seitens der Bewohner der oberen Etage, die die Überdachung beanspruchen, nicht vor. Unerheblich für eines solche Kenntnis ist, ob es den Anspruchstellern in diesem Zeitpunkt bewusst war, dass ihnen ein Anspruch auf erstmalige Herstellung eines plangemäßen Zustands zusteht, maßgeblich ist allein die Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen, also von dem Anspruch lt. Teilungserklärung und der fehlenden Überdachung. Haben die Bewohner des Obergeschosses also deutlich später erwoben und erst in diesem Zusammenhang die Teilungserklärung gelesen, knüpft der Beginn der Verjährungsfrist auch erst an diesen späteren Zeitpunkt der "Kenntnis" an.

Ohne Rücksicht auf die Kenntnis der anspruchsbegründenden Umstände verjährt der Anspruch auf erstmalige ordnungsmäßige Herstellung spätestens in 10 Jahren seit seiner Entstehung (BGB § 199 Abs. 4 ).

Nochmals ergänzend weise ich darauf hin, dass die Anbringungen der Dächer im Obergeschoss n die Dachkonstruktion der Gesamtanlage eingreift. Soll der aus der Teilungserklärung sich ergebende Anspruch verjährt, also nicht mehr durchsetzbar sein, so wäre eine neue Beschlussfassung notwendig. Uner Berücksichtigung der Wichtigkeit der Dachanlage und des von Ihnen erwähnten OLG Urteils genügt eine Beschlussfassung mit doppelt qualifizierter Mehrheit nach § 22 Abs. 2 Satz 1 WEG nicht. So wie Sie Ihren Fall bisher geschilder haben, bedüfte die Begründung eines neuen Anspruchs gegen die WEG einer einstimmigen Beschlussfassung gemäß § 22 Abs. 1 WEG . Zu einer solchen einstimmigen Beschlussfassung kann ich Ihnen im Anschluss an die von Ihnen erwähnte OLG Entscheidung auch für den Fall raten, dass sich aus dem Vertrag mit dem Bauträger noch Gewährleistungsansprüche auf Überdachung herleiten lassen. Vielleicht lassen Sie mir die Vertragsdokumente zweck umfassender und abschließender Prüfung der Sach- und Rechtslage noch zukommen. Bis dahin kann dieser Beratung kein Anspruch auf Vollständigkeit entgegengehalten werden.

In der Hoffnung Ihnen zumindest ein wenig geholfen zu haben verbleibe ich.

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